Kino-Tipp
Guillermo Del Toros Pinocchio

Etwas Großes hat Guillermo del Toro aus Carlo Collodis „Pinocchio“ gemacht. Die bekannte Geschichte über eine Holzpuppe, die ein richtiger Junge aus Fleisch und Blut werden will, gibt es hier nicht. Stattdessen hat der mexikanische Regisseur die Bausteine neu zusammengesetzt und klug umgewandelt. Sein „Pinocchio“ ist ein Film über Individualität geworden und nicht über Anpassung, über Freiheit und nicht über Bevormundung, ein Film über Väter und Söhne, über das Leben – und den Tod. Diese Themen werden zugespitzt, indem die Handlung ins faschistische Italien verlegt wird. Und ein Meilenstein der Animationskunst ist diese Adaption obendrein.

Am Grab eines Kindes nimmt die Geschichte ihren Lauf. Carlo ist tot, der Sohn des Schreiners Gepetto aus dem kleinen italienischen Dorf. Bei einem Bombenabwurf während des Ersten Weltkriegs ist er ums Leben gekommen. Den Verlust hat der Alte nie verkraftet. Er ist zum Trinker geworden und im Dorf in Ungnade gefallen. Im Rausch hackt er eines Tages die Kiefer um, die er am Grab von Carlo gepflanzt hat. Noch in der Nacht schnitzt er aus dem Holz die grobe Puppe eines Jungen. Wenn Gott ihm Carlo nicht zurückgibt, dann will er seinen Sohn selbst neu erschaffen. Nicht aus zärtlicher Liebe entsteht diese Puppe, sondern aus Wut und Verzweiflung.

Die Freude über den Holz-Sohn erhält schnell Brüche. Die Puppe ist nicht süß und artig, sie weiß noch nichts über Moral, Regeln und Gefühle. Doch Pinocchios Ungehorsam wird zur Charakterstärke. Nicht Anpassung ist das Ziel, sondern eigenes Denken, eine eigene Persönlichkeit, die akzeptiert werden will.

Stefan Stiletto, Filmdienst

Grandiose Stop-Motion-Neuverfilmung der Geschichte um die lebendige Holzpuppe des Schreiners Gepetto. Die modernisierte Deutung erzählt von Akzeptanz und Individualität.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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