Maria Lichtenegger
Lasse ich warten?

Die an der Kirchhofmauer von St. Marein am Pickelbach angebrachten Meditationstafeln laden ein, die „9 Lebensgrundsätze“ der Maria Lichtenegger mit dem eigenen Leben in Verbindung zu bringen. | Foto: Pfarre
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  • Die an der Kirchhofmauer von St. Marein am Pickelbach angebrachten Meditationstafeln laden ein, die „9 Lebensgrundsätze“ der Maria Lichtenegger mit dem eigenen Leben in Verbindung zu bringen.
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Mit 13 Jahren schrieb die junge Oststeirerin Maria Lichtenegger ihre "9 Lebensgrundsätze".
Anlässlich ihres 100. Todestages wurden sie nun aktualisiert. Sie können nun anhand einer permanent angebrachten "Ausstellung" an der Kirchhofmauer in St. Marein am Pickelbach nachvollzogen werden.

Nachstehend sind jene 9 „Lebensgrundsätze“ aufgezeichnet, welche sie sich im Alter von 13 Jahren selbst zurechtgelegt hat. In Form von meditativen Gedanken wird versucht, auf die jeweiligen Aussagen näher
einzugehen und sie aus der heutigen Sicht zu betrachten.

1. Schlaffheit abschütteln

„Ich will zur bestimmten Stunde und schnell aufstehen,
ich will sogleich alle Schlaffheit abschütteln
und mich durch einen innigen Liebesakt zur
Großmut im Dienste Gottes ermuntern.“

Maria Lichtenegger hat für diese Lebensleitlinie für sich an die erste Stelle gereiht.
Den Tag in Frische und ohne Müdigkeit zu beginnen – ist das auch unsere Erfahrung?
Oder pflegen wir manchmal die Schlaffheit und die Müdigkeit am Morgen, wenn die Zeit zwischen Aufwachen und Aufstehen hinausgezögert wird.
Maria Lichtenegger richtet schon am Morgen ihre Gedanken auf Gott hin aus,
verbunden mit dem festen Willen, den Tag in den Dienst Gottes zu stellen.
Das tägliche Aufstehen und das Heraustreten aus der Nacht ist wie Auferstehung –
mitten im Alltag. Von Gott geschenkt – der neue Tag!

Wie gehe ich hinein in das Geschenk eines neuen Tages?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist die Auferstehung und das Leben.
Stecke uns an mit Lebendigkeit und Frische, damit wir die Aufgaben des Tages
in rechter Weise und mit Freude erfüllen. Amen.

2. Fester Wille

„Ich will oft meinen festen Willen beteuern, eher
alles, als mein Anrecht auf die Himmelserbschaft zu verlieren.“

Maria Lichtenegger hat immer wieder versucht, nach Vollkommenheit
zu streben, um für den Himmel bereit zu sein.
Ihr inniges Verbundensein mit Christus war die Quelle der Kraft für
ihr Leben. Ihre Hingabe hat sie in jungen Jahren schon die
ewige Herrlichkeit ersehnen lassen.
Das „Anrecht auf die Himmelserbschaft“ – welch wilde Entschlossenheit gottgefällig zu leben! Welche Offenheit, für das Himmelsgeschenk bereit zu sein!

Lasse ich mir den Himmel schenken?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist der Weg. Sei auch die Kraft meines Lebens, dass ich mit Klarheit und gutem Willen dir nachfolgen kann – in der Liebe zu Gott und in der Liebe zu den Mitmenschen. Amen.

3. Den Lockungen entgegnen

„Ich will den Lockungen der Welt die Antwort entgegenhalten,
mit der einst der Heilige Stanislaus Kostka
die Lockungen seines Bruders Paul zurückwies:
Für Größeres bin ich geboren.“

Die „Lockungen der Welt“ sind zahlreich geworden und immer wieder
fordern sie heraus, Entscheidungen zu treffen und verantwortlich und bewusst zu leben.
Jung und Alt kennen gesellschaftliche und mediale Zwänge und Abhängigkeiten.
Maria Lichtenegger gibt den Impuls, groß von sich zu denken, nicht mit dem Vordergründigen zufrieden zu sein, sondern alles von Gott zu erwarten.
„Für Größeres bin ich geboren!“
Diese Größe leuchtet auf, wenn wir Frieden stiften, barmherzig sind, im Mitmenschen das Gesicht Jesu erkennen und die Schöpfung bewahren.

Wohin geht meine Sehnsucht?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist das lebendige Wasser. Sei in unserer Mitte
und stille unseren Durst nach Leben. Amen.

4. Die Zeit gut einteilen

„Ich will meine Zeit gut einteilen; soviel Zeit man
aus Mangel an regelmäßiger Ordnung verliert, ebenso viel
kann man durch eine gute Tagesordnung gewinnen.“

Gott schenkt uns die Zeit. Die Qualität, die sie sie durch unser Tun und Lassen bekommt, wird unterschiedlich sein. Wir können sie vergeuden, vertreiben oder verplanen.
Wir können sie einteilen, füllen oder verschenken. Manchmal scheint die Zeit still zu stehen und dann wieder zerrinnt sie uns zwischen den Fingern und fehlt an allen Enden und Ecken.
Die Zeit selber jedoch ist weder gut noch schlecht. Ich kann die Zeit hüten, ordnen, gestalten und füllen. Ich kann Zeit gewinnen oder verlieren. Und ich kann den Kairos der Zeit wahrnehmen und beim „Schopf packen“, sodass Zeit erfüllte Zeit wird.
Kurz war die Lebenszeit von Maria Lichtenegger. Doch 17 Jahre Lebenszeit kann so erfüllt sein, dass sie ein Abglanz der Ewigkeit ist.

Wofür möchte ich mir Zeit nehmen?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist die Tür zum Leben. Segne unsere Stunden und Tage und die Jahreszeiten unseres Lebens. Öffne unsere Zeit für die Ewigkeit. Amen.

5. Trost gewähren

„Ich will aufmerksam auf mich achten, um das
göttliche Herz nicht im Geringsten zu betrüben,
sondern ihm viel Trost zu gewähren.“

Achtsamkeit ist ein psychologisches Modewort geworden.
Maria Lichtenegger benennt jedoch den Sinn dieser Achtsamkeit sich selber gegenüber – um das göttliche Herz nicht zu betrüben.
Wir sind es gewohnt, aufmerksam auf unser Erscheinungsbild zu achten und auf Gedanken und Handlungen, die gesellschaftlich gefordert sind. Aber das göttliche Herz nicht betrüben?
Jesus selber gibt die Antwort, was damit gemeint sein könnte: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder (und Schwestern) getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)
Keine Vertröstung und kein billiger Trost, sondern Aufmerksamkeit für Menschen, die an den Rand gedrängt sind und für sich selber – dort zeigt sich das Gesicht Gottes. Manchmal scheint die Welt aus den Fugen zu geraten und Menschen finden sich nicht mehr zurecht. Achtsamkeit und Trost können Zeichen sein, die wieder Hoffnung geben und Wege zum Leben weisen.

Kann ich mehr auf mich selber achten?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist der gute Hirte, der dem Verlorenen nachgeht und die Trauernden tröstet. Schenke uns die Gabe der Achtsamkeit und des Trostes. Amen.

6. Pünktlichkeit

„Ich will in allem recht pünktlich sein.“

Der rechte Umgang mit der Zeit scheint für Maria Lichtenegger sehr wichtig gewesen zu sein. Auch wir kennen die ganze Bandbreite zwischen punktgenauem Funktionen-Müssen und einer Unverbindlichkeit, die verletzend und abwertend empfunden werden kann.
Pünktlichkeit – eine veraltete Tugend? Dieser Grundsatz von Maria Lichtenegger ist so einfach und schlicht, dass er schon wieder interessant ist.
Pünktlichkeit kann Ordnung in unser bewegtes Leben bringen. Und diese Ordnung
könnte mir Zeit schenken, die ich für ein Aufatmen, ein Zur-Ruhe-Kommen, oder für ein Gebet, das mein Leben wieder „auf den Punkt“ bringt und mit Gott verbindet, brauche.

Lasse ich Menschen oft warten? Lasse ich Gott warten?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist die Wahrheit und das Leben. Stehe uns bei in der Eile unserer Tage und stärke in uns das Bedürfnis nach Zeiten der Zeitlosigkeit, in denen wir uns ganz in deiner Liebe geborgen wissen. Amen.

7. Sammlung des Geistes

„Ich werde mich bestreben, die Sammlung des
Geistes und die innigste Vereinigung mit Gott zu
bewahren.“

Ja, wenn Lärm, Stress, Arbeit, Sorgen, Überlastung usw. nicht wären,
dann gäbe es wahrscheinlich andere Gründe, die einer „innigen Vereinigung“ mit Gott entgegenstehen.
Wir kennen aber auch die Erfahrung, wie gut es tut, ganz in einer Sache aufzugehen,
konzentriert, ja andächtig alle Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse auf eine Mitte hin auszurichten. Endlich „angekommen“ zu sein im Leben, bringt tiefe Zufriedenheit und Dankbarkeit und stille Freude.
Maria Lichtenegger kennt in jungen Jahren schon die Erfahrung ganz in der Liebe Gottes angekommen zu sein. Davon soll nichts mehr ablenken.

Wo fühle ich mich ganz zu Hause?

Gebet
Herr Jesus Christus, du bist der wahre Weinstock und in der Liebe eins mit dem Vater. Begeistere uns in der Erkenntnis, dass das innige Glück in der Tiefe des Herzens zu finden ist – dort, wo uns deine Liebe bewahrt und ein Leben in Fülle schenkt.

8. Den Glauben fördern

„Ich will alles, was in meiner Macht steht aufbieten,
um das Werk des Glaubens zu fördern.“

Wer glaubt, ist nie allein, heißt es in einem Lied. Vordergründig könnten wir meinen,
dass Glaube heute nicht mehr aktuell und manchmal dem Spott ausgeliefert ist.
Und doch brauchen Menschen Halt und einen tragenden Grund für ihr Leben.
Glaube kann wie ein Licht in orientierungsschweren Zeiten sein. Glaube nimmt Angst,
wenn die Brüchigkeit des Lebens neue Wege fordert.
Maria Lichtenegger hat in jungen Jahren schon diese Tragfähigkeit des Glaubens
erkannt und durch ihr Reden und Handeln gefördert.
Dort, wo Glaube zu mehr Leben führt, wo Glaube Licht bringt in dunkle Zeiten,
ist Glaube Gnade – von Gott geschenkt.

Kann ich vertrauen?

Gebet:
Herr Jesus Christus, du bist das Licht der Welt. Schenke den Geist des Mutes und der Liebe, dass wir nicht aufhören vom „Grund unserer Hoffnung“ zu erzählen und den Glauben zu tun.

9. Verehrung Mariens verbreiten

„Ich will alle Gelegenheiten benützen, um die Verehrung
Mariens zu verbreiten.“

Maria tritt uns in den Evangelien als eine einfache Frau entgegen -
nicht hörig, aber hörend, nicht mitleidig, sondern mitleidend und nicht ängstlich, sondern voll Vertrauen sagt sie JA zum Heilsplan Gottes.
Maria wird die Mutter Jesu, eine Mutter, die ihren Sohn ganz der Welt überlässt und ihm dennoch nachfolgt - über den Tod hinaus.
Von ihr will Maria Lichtenegger unermüdlich erzählen und sie verehren, weil sie als eine Schwester im Glauben zeigt, dass Gott Großes mit den Menschen vorhat.
Die Pfarre St. Marein am Pickelbach ist der Schmerzhaften Mutter geweiht. Hier wächst Maria Lichtenegger auf und verehrt die Mutter Gottes, als eine, die unsere Not kennt, Schutz und Trost spendet und uns den Weg zu Jesus weist.
Auch wenn wir nicht immer alles verstehen, was Gott mit uns vorhat, wir können es mit Maria „in unserem Herzen bewegen und darüber nachdenken“ (vgl. Lk 2, 19).

Was ist das Göttliche im Menschsein für dich?

Herr Jesus Christus, du bist ganz Mensch und ganz Gott. Im Leben und im Sterben zeigt uns Maria die Liebe Gottes durch deine Menschwerdung. Amen.

Zum 100. Todestag der vom Vatikan bereits im Jahr 1957 als „Dienerin Gottes“ ausgezeichneten Maria Lichtenegger wurden ihre „9 Lebensgrundsätze“ nun auf Meditationstafeln für die Betrachtenden aktualisiert. Der Grundsatz „Pünktlichkeit“ entwickelt dabei etwa folgende spannenden Gedanken:

„Ich will in allem recht pünktlich sein.“
Der rechte Umgang mit der Zeit scheint für Maria Lichtenegger sehr wichtig gewesen zu sein. Auch wir kennen die ganze Bandbreite zwischen punktgenauem Funktionieren-Müssen und einer Unverbindlichkeit, die verletzend und abwertend empfunden werden kann.

  • Pünktlichkeit – eine veraltete Tugend? Dieser Grundsatz von Maria Lichtenegger ist so einfach und schlicht, dass er schon wieder interessant ist.
  • Pünktlichkeit kann Ordnung in unser bewegtes Leben bringen. Und diese Ordnung könnte mir Zeit schenken, die ich für ein Aufatmen, ein Zur-Ruhe-Kommen oder für ein Gebet, das mein Leben wieder „auf den Punkt“ bringt und mit Gott verbindet, brauche.

Lasse ich Menschen oft warten?
Lasse ich Gott warten?
Gebet: Herr Jesus Christus, du bist die Wahrheit und das Leben. Stehe uns bei in der Eile unserer Tage, und stärke in uns das Bedürfnis nach Phasen der Zeitlosigkeit, in denen wir uns ganz in deiner Liebe geborgen wissen. Amen.

Helene Loidolt

Samstag, 22. Juli,
19 Uhr: Festgottesdienst anlässlich 100. Todestag Maria Lichtenegger, Pfarrkirche
St. Marein/Pickelbach.

Am 8. Juli 1923 starb die 17-jährige Maria Lichtenegger in St. Marein am Pickelbach. Ihr tugendhaftes Leben beeindruckt bis heute.
  • Am 8. Juli 1923 starb die 17-jährige Maria Lichtenegger in St. Marein am Pickelbach. Ihr tugendhaftes Leben beeindruckt bis heute.
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„Wolkenloses Glück“

Durch ihre Gaben war Maria Lichtenegger eine außergewöhnlich gute und beliebte Schülerin.

Maria Lichtenegger wurde am 4. August 1906 als einziges Kind ihrer Eltern in der Pfarre St. Marein am Pickelbach geboren. Der Vater übte das Tischlerhandwerk aus, später auch das Amt des Bürgermeisters. Die Mutter hatte einen ausgeprägten Sinn für alles Gute und Schöne.

Im Hause Lichtenegger wehte der Geist der Liebe und des Gebetes. Maria wurde schon als Kleinkind durch das Beispiel ihrer Eltern von diesem Geist ergriffen. Die Mutter nahm das Kind täglich zum Gottesdienst in die Pfarrkirche mit, wo in Maria die Liebe zu Jesus wuchs.
Der Tag ihrer Erstkommunion war für sie „ein Tag wolkenlosen Glücks“, wie sie es ausdrückte.
Nach Beendigung der Volksschule im Jahre 1920 trat sie bei einer Schneiderin in die Lehre.

Im Mai des Jahres 1923, einige Monate vor der Vollendung ihres 17. Lebensjahres, erkrankte Maria Lichtenegger plötzlich schwer. Grippe, Lungenentzündung, Hirnhautentzündung und schließlich Miliartuberkulose hatten ihr junges Leben mit qualvollen Leiden überschüttet.
„Ich sehne mich so nach meinem Heiland“, sagte sie oft. Am 8. Juli 1923 ging ihre Seele in den ewigen Frieden Gottes ein.
Maria Lichteneggers Leben war gesegnet mit guten Werken im Dienste Gottes und der Menschen. Ihre beispielhaften Tugenden haben sie zu einer außergewöhnlichen Erscheinung der damaligen Zeit gemacht.

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