Benedikt XVI.
Hin zur vollkommenen Freude

Papst Franziskus leitete das Begräbnis für seinen Vorgänger. Ein Novum auch für den Vatikan. Rund 130 Kardinäle und viele Bischöfe feierten den Abschied mit. Die Liturgie wurde in roter Farbe gehalten, wie sie auch beim Karfreitagsgottesdienst heute üblich ist. Zum letzten Mal war Benedikt XVI. bei einem Gottesdienst leiblich anwesend. Der Sarg mit dem Evangelienbuch war vor dem Altar aufgestellt. | Foto: KNA
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  • Papst Franziskus leitete das Begräbnis für seinen Vorgänger. Ein Novum auch für den Vatikan. Rund 130 Kardinäle und viele Bischöfe feierten den Abschied mit. Die Liturgie wurde in roter Farbe gehalten, wie sie auch beim Karfreitagsgottesdienst heute üblich ist. Zum letzten Mal war Benedikt XVI. bei einem Gottesdienst leiblich anwesend. Der Sarg mit dem Evangelienbuch war vor dem Altar aufgestellt.
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Abschied von Benedikt XVI.
Beim Requiem auf dem Petersplatz nahm Papst Franziskus auch mit einer persönlichen Geste Abschied von seinem Vorgänger.

Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst.“
Mit dem Schlusssatz seiner Predigt spricht Papst Franziskus seinen verstorbenen Vorgänger persönlich an. Am Ende der Messe auf dem Petersplatz geht er zum Sarg, segnet den darin bewahrten Leib mit einem Kreuzzeichen, berührt den Sarg und verweilt in stillem Gedenken. Eine Geste, die viele berührt.
Zuvor hat Papst Franziskus in der Predigt (Auszüge in der linken Spalte) Benedikt XVI. nochmals zu Wort kommen lassen, mit Zitaten aus Predigten und Enzykliken von ihm. Er würdigt sein Hirtenamt, das er auch mit allen damit verbundenen Lasten getragen hat. Die Gläubigen fordert er auf, mit Dankbarkeit das Leben und Wirken ihres Hirten in die Hände des himmlischen Vaters zu legen. Die Predigt ist getragen von Dankbarkeit und Respekt und vermeidet eine Wortwahl, in die man alles Mögliche hineininterpretieren könnte.

Feierliches Requiem. An die 200.000 Menschen haben sich in den Tagen davor vom im Petersdom aufgebahrten emeritierten Papst verabschiedet. Rund 50.000 nehmen am 5. Jänner am Requiem auf dem Petersplatz teil. Papst Franziskus leitet die Feier, lässt sich aus gesundheitlichen Gründen am Altar von Kardinal Giovanni Battista Re vertreten, dem Dekan des Kardinalskollegiums. Auf den Holzsarg hat Erzbischof Georg Gänswein, Benedikts langjähriger Privatsekretär, das Evangelienbuch gelegt. Das Evangelium der Messe bringt einige der letzten Worte Christi am Kreuz zu Gehör: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. An diesen Jesus war das letzte Wort des sterbenden Benedikt XVI. gerichtet gewesen: „Jesus, ich liebe dich.“

Internationale Gäste. Nur in der ersten Fürbitte kommt die deutsche Muttersprache des Papstes aus Bayern vor. Blauweiße bayrische Fahnen sind viele zu sehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und der bayrische Ministerpräsident Markus Söder führen eine Delegation aus Deutschland an. Österreich ist durch Altbundespräsident Heinz Fischer vertreten. Zu den mitfeiernden Bischöfen gehören auch Bischof Wilhelm Krautwaschl, Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof Franz Lackner, Alterzbischof Alois Kothgasser und Eisenstadts Bischof Ägidius Zsifkovics.

Applaus. Als Grabstätte in der Krypta des Petersdoms hat sich Benedikt XVI. die seines Vorgängers Johannes Pauls II. gewählt, bevor diese nach der Heiligsprechung verlegt wurde. Transparent und Zurufe wollen auch diesmal ein „Santo subito“, was geteilte Meinungen hervorruft.
Als der Sarg mit dem Theologen und Hirten zur Beisetzung im kleinen Kreis getragen wird, begleitet Benedikt XVI. mit vielen Gebeten ein dankbarer Applaus.

H. Meßner

IM ORIGINALTON

Auszüge aus der Predigt von Papst Franziskus
„Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ – so lautet die Einladung und das Lebensprogramm, das der Herr einhaucht und welches das Herz des Hirten wie ein Töpfer formen will, bis sich in ihm die Gesinnung Christi Jesu regt. Dankbare Hingabe im Dienst für den Herrn und sein Volk, die sich aus der Annahme einer gänzlich ungeschuldeten Gabe ergibt:
„Du gehörst mir … du gehörst zu ihnen“, flüstert der Herr; „du stehst unter dem Schutz meiner Hände. Du stehst unter dem Schutz meines Herzens. Du bist behütet in meinen schützenden Händen, und gerade so befindest du dich in der Weite meiner Liebe. Bleib in meinen Händen, und gib mir die deinen“ (so Benedikt XVI. in der Chrisam-Messe 2006) …

Betende Hingabe, die sich still zwischen den Kreuzungspunkten und Widersprüchen, denen sich der Hirte stellen muss, und der vertrauensvollen Aufforderung, die Herde zu hüten, herausbildet und verfeinert. Wie der Meister trägt er auf seinen Schultern die ermüdende Last des Eintretens für andere und die Zermürbung der Salbung für sein Volk, vor allem dort, wo das Gute zu kämpfen hat und die Brüder und Schwestern in ihrer Würde bedroht werden (vgl. Hebr 5,7-9). In dieser Begegnung der Fürsprache bringt der Herr die Sanftmut hervor, die fähig ist, zu verstehen, anzunehmen, zu hoffen und alles zu wagen – über das Unverständnis, das dies hervorrufen kann, hinaus …

Das gläubige Volk Gottes versammelt sich, es begleitet das Leben dessen, der sein Hirte war, und vertraut es dem Herrn an. Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht; wir wollen dies mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste. Wir wollen gemeinsam sagen: „Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist.“

Als Zeichen der Hoffnung erlebt

Reaktionen nach dem Begräbnis von Papa emeritus Benedikt XVI.

Deus Caritas est. Was Benedikt XVI. 2005 als Titel für sein erstes Rundschreiben gewählt hat, wurde 2015 auch zum Wahlspruch von Wilhelm Krautwaschl als Bischof: Gott ist die Liebe! Der steirische Bischof erlebte in Rom die Begräbnisfeier für den emeritierten Papst als „Zeichen der Hoffnung, mitten in einer Welt, die derzeit mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen hat“. Dass Glaube und Vernunft einander nicht ausschließen, werde als Botschaft dieses Papstes bleiben. Glaube sei eben auch im 21. Jahrhundert „nichts Abstruses“.

Eine „stille Freude in der Trauer“ verspürte der Salzburger Erzbischof Franz Lackner.
„Auf dem langen Lebensweg der Nachfolge Jesu Christi wollte Joseph Ratzinger nicht im Zentrum stehen, sondern mit seiner ganzen Geisteskraft, seinen natürlichen Gaben Hinweis auf den geben, der nach uns kommt
und immer schon mitten unter uns ist.“ Dafür bleibe Dankbarkeit zurück.

Als großen Theologen mit kräftigem Intellekt, aber auch als bescheidenen Menschen würdigte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Verstorbenen.
Er habe sich beim Thema Missbrauch der Aufarbeitung verpflichtet gesehen, „eine Aufarbeitung, die anhält und weitergehen muss“. Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder sprach von einer „ganz beeindruckenden Lebensleistung“ in einem nicht einfachen Pontifikat. Der erste Papst aus Bayern werde viel herzlicher in Erinnerung bleiben, als viele denken.

Das ökumenische Wirken Benedikts XVI. würdigte unter anderen der orthodoxe Theologe Grigorios Larentzakis, stellvertretender Vorsitzender der Sektion Graz von „Pro Oriente“. Er habe ökumenische Meilensteine gesetzt, konnte aber nicht alles verwirklichen. Mit reichhaltiger Kenntnis orthodoxer Theologie habe er die Ostkirchen in die im Westen oft einseitig katholisch-evangelisch gelebte Ökumene einbezogen. Für die Rolle des Papstamtes habe er auf die Praxis des ersten Jahrtausends verwiesen. In Begegnungen und gemeinsamen Erklärungen, etwa mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, seien das ökumenische Miteinander und das Ziel der vollen kirchlichen Gemeinschaft bekräftigt worden. Schmerzlich sei, dass die erhoffte Verwirklichung des Zieles nicht erreicht wurde. Sie bleibe aber um so mehr Vermächtnis und Aufgabe für die Gegenwart.
Für Diskussionen sorgten Veröffentlichungen aus einem Buch von Benedikts Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein („Nichts als die Wahrheit“), das als polemisch gegen Papst Franziskus gewertet wird.

Foto: KNA
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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