Palmsonntag: Propst Petrus Stockinger
Er glaubt an dich!

Jesus zieht auf einem Esel reitend in Jerusalem ein – ein Triumphzug, er wird bejubelt, die Leute breiten ihre Kleider vor ihm auf den Weg. Szene vom Kalvarienberg Guimiliau, Bretagne.   | Foto: JM Soedher - stock.adobe.com
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  • Jesus zieht auf einem Esel reitend in Jerusalem ein – ein Triumphzug, er wird bejubelt, die Leute breiten ihre Kleider vor ihm auf den Weg. Szene vom Kalvarienberg Guimiliau, Bretagne.
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Seit einigen Jahren wirbt eine große Bankengruppe mit der Aufforderung „Glaub an dich!“ – abgesehen davon, dass ich als Priester doch eher dazu rate, an Gott zu glauben, werden die Grenzen des Werbespruches spätestens dann sichtbar, wenn der Computer der großen Bank entscheidet, mir nach eingehender Faktenprüfung dann doch keinen Kredit zu gewähren, egal, wie sehr ich an mich und meine Projekte geglaubt habe. Was hat das mit dem Palmsonntag zu tun?, fragen Sie sich vielleicht.
Die Fallhöhe Jesu ist unfassbar hoch: Vom Jubel des Einzugs in Jerusalem zum „Kreuzige ihn!“ des Karfreitags sind es nur wenige Tage. Wenn ich angesichts dieses Faktums daran denke, wie ich nicht selten manche Personen, Gegebenheiten, Dinge hochjuble – und sie dann wieder mehr oder weniger rasch gedankenlos fallen lasse, dann sehe ich, dass ich oft gut beraten wäre, nicht blind „an mich zu glauben“ – sondern mich meinen wertenden Emotionen so wenig wie möglich auszuliefern. „Gefühle sind gute Botschafter, aber schlechte Politiker“ – so hat ein kluger Mensch einmal gesagt.

Wie lange hält meine Begeisterung?

Am Palmsonntag stehen wir Jesus gegenüber – dem, der von sich sagt, er sei „Weg, Wahrheit und Leben“ – und von ihm und seinem Blick muss sich unser Verhalten prüfen lassen, zum Beispiel im emotionalen Überschwang mancher Tage unserer religiösen Praxis und unseres „spirituellen Gefühlslebens“. Natürlich muss es die großen Feste und Feiern geben! Sie bilden die Herdfeuer unseres Glaubens. Aber entscheidend ist der Alltag! Und kommt es da nicht vor, dass aus der Begeisterung von gestern heute schon Gleichgültigkeit und morgen Geringschätzung wird? Stichwort: Wie ist das am Sonntag nach der Erstkommunion/Firmung? Ist der Glaube da bei den Kindern/Jugendlichen und deren Eltern wieder abgehakt bis zum nächsten Event?

Und weil ich mich eben kenne und weiß, dass so etwas auch mir passieren kann und ich ebenso zu dieser Fallhöhe fähig bin (Wie lange brennt das Osterfeuer in mir?) – deshalb zweifle ich daran, ob ich gut daran täte, das „Glaub an dich!“ zum Dogma meines Lebens auszurufen. Denn eigentlich ist es ganz anders: Zu Ostern wird Jesus alles erlösen – auch meine Wankelmütigkeit, auch meine Höhen und Tiefen, auch meine Zweifel. Ich juble über seinen Einzug in Jerusalem: „Singt dem König Freudenpsalmen!“ – und Jesus nimmt diesen Jubel in seine Leidenswoche mit. Er vergisst nicht, dass ich mich manchmal sehr begeistern (lassen) kann – und danach erkalte, unter Umständen sogar ins Gegenteil umschlage. So bitte ich Jesus am Palmsonntag: Geh du alle meine Wege mit – so, wie ich jetzt deinen Weg mitgehe. Bewahre mich vor dem unbedachten „Hosanna!“ und noch mehr vor dem achtlosen „Kreuzige ihn!“. Wenn du die Wege mit mir mitgehst, dann kann ich mir selbst mehr vertrauen, abseits von meiner menschlichen Unzuverlässigkeit.

Das ist für mich der Kern des Palmsonntags: Ich gehe seinen Weg mit, so wie er den Meinen.

Jesus spielt nicht den modernen Motivationstrainer, sondern er sagt mit ruhigen Worten, mit seinem liebenden Blick der Erlösung: „Glaub an dich, denn ich bin mit dir!“ Und mit dieser Zusage kann ich ihm nachfolgen: Beim Einzug in Jerusalem und unter das Kreuz. Aber auch: Sonntag für Sonntag in der Heiligen Messe, im persönlichen Gebet und überall dort, wo er sich mir zeigt. Ich bin fähig, ihm zu begegnen, er selbst hat mich dazu befähigt! Das ist für mich der Kern des Palmsonntags: Ich gehe seinen Weg mit, so wie er den Meinen. Weil er mit mir geht, kann ich an meinen Weg glauben: Er wird nicht unter dem Kreuz enden, sondern zum Ewigen Leben führen. Er bewahrt mich vor mir selbst. Hosianna! Singt dem König Freudenpsalmen! Er glaubt an dich. Glaubst du an ihn?

Jesus zieht auf einem Esel reitend in Jerusalem ein – ein Triumphzug, er wird bejubelt, die Leute breiten ihre Kleider vor ihm auf den Weg. Szene vom Kalvarienberg Guimiliau, Bretagne.   | Foto: JM Soedher - stock.adobe.com
Propst Mag. Petrus Stockinger can. reg. | Foto: Klaus Ranger
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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