Wort zum Sonntag von MMag. H. Petrus Stockinger Can. Reg.
Gott spricht: „An dir habe ich Wohlgefallen gefunden!“

Vielen fällt es nicht leicht, sich mit den Sprachveränderungen zu arrangieren, die uns der Feminismus in den letzten Jahren beschert hat. Das ist auch bei mir so, wobei ich zugeben muss, dass das meiste daran lediglich Gewöhnungssache ist. Das Argument für Binnen-I („MitarbeiterInnen“) oder ausführliche Schreibweisen („Teilnehmerinnen und Teilnehmer“) ist ebenso plakativ wie einsichtig: „Sprache schafft Wirklichkeit!“ – man mag darüber streiten, inwiefern es im Deutschen ein generisches Maskulinum gibt und sich dadurch bei der Rede von Ärzten nicht auch die Ärztinnen mitgemeint fühlen dürfen. Man kann sich auf die Ebene derer begeben, für die das „Brüder und Schwestern“ am Beginn einer Lesung bisweilen wichtiger zu sein scheint als der Inhalt – man muss das aber auch nicht tun.

„Sprache schafft Wirklichkeit“ hat eine viel größere Dimension, und diese rückt im Rahmen des Taufgeschehens am Jordan in den Mittelpunkt: Gott spricht, und es geschieht etwas. Das ist ja schon der eigentliche Clou des Schöpfungsberichtes: Gott spricht, und eine neue Realität kommt ins Dasein – „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.“ Gott spricht also mit absoluter Macht und dieses Wort hat unmittelbare Konsequenzen: Eine neue Wirklichkeit tritt ins Dasein, ohne dass er dazu noch extra etwas tun müsste. Hier merken wir auch den Unterschied zwischen absolutem Wort Gottes und den relativen Worten der Menschen. Wenn die Mutter ihr Kind auffordert, doch endlich wieder einmal das eigene Zimmer aufzuräumen, dann kann zwischen gesprochenem Wort und der neuen Wirklichkeit mitunter sehr viel Zeit vergehen – wenn das Wort nicht überhaupt ungehört verhallt und bis zu seiner Realisierung mehrerer Wiederholungen bedarf.

Das Wort Gottes schafft neue, göttliche Wirklichkeit

Wenn Gott spricht, ist das anders! Vielleicht wird uns hier die Tiefendimension des Prologs aus dem Johannesevangelium bewusst: „Das Wort ist Fleisch geworden“ – Gottes absolute Macht, sein gesprochenes Wort ist also in Jesus Christus Mensch geworden, und alle Zweifel an seiner Göttlichkeit und seiner Fähigkeit sind daher von vornherein unangebracht. In der Taufe Jesu spricht Gott das absolute Wort seiner Liebe, und nicht nur in der Taufe Jesu! Immer, wenn ein Sakrament gespendet wird, wird durch das gesprochene Wort eine neue Wirklichkeit erschaffen! „Ich taufe dich…“ „Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau / meinen Mann…“ „Ich spreche dich los von deinen Sünden…“ und „das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird…“ – das alles ist viel mehr als das rituelle Aussprechen ohnehin vorhandener Gegebenheiten! Die Sakramente schaffen neue Wirklichkeit Gottes – auf sein Wort hin, das er uns anvertraut hat.

Wir können und dürfen diese Worte, die für uns eigentlich viel zu groß sind, aber auch nur sprechen, weil und wenn wir mit Jesus Christus existenziell verbunden sind. Er ist das Ur-Wort Gottes, absolut und einmalig. Gott spricht, und eine neue Wirklichkeit wird geschaffen. Wer dieses Grundmuster göttlichen Handelns im Schöpfungsbericht erkennt, wird es im Leben Jesu in vielfältigen Schilderungen von Wundern wiederfinden: Von der Taufe am Jordan über die Hochzeit zu Kana bis hin zur Auferstehung.

Gottes Wort schafft immer wieder neue Heilswirklichkeit in der Welt: Wo jemand getauft wird, wo Menschen in der Ehe einander anvertrauen, wo jemand sich für den besonderen Dienst vor Gott weihen lässt, wo heilige Messe gefeiert wird, wo Sünden vergeben werden, wo jemand gefirmt wird oder die Krankensalbung empfängt – überall dort holt der Mensch Got­tes Wort in sein Leben, damit es ihn groß mache und stärke. Das Wort Gottes schafft neue, göttliche Wirklichkeit! Das Fest der Taufe des Herrn ruft uns das wieder ins Bewusstsein.

Der Autor

MMag. H. Pet rus Stockinger Can. Reg. ist Augustiner- Chorherr des Stiftes Herzogenburg. 2017 wurde er zum Stiftsdechant, also zum Stellvertreter des Propstes, gewählt. Als Priester wirkt er hauptsächlich in der Pfarre Herzogenburg.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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