Österreich 1933/1934
Zwischen Kirche und Arbeiterschaft

Podiumsdiskussion mit (v. r.) ehem. Landeshauptmann-Stellvertreter Peter Schachner-Blazizek, ehem. Generalvikar Leopold Städtler, Prof. für Kirchengeschichte Michaela Sohn-Kronthaler und KAB-Vorsitzendem Martin Hochegger als Moderator. | Foto: Labner
  • Podiumsdiskussion mit (v. r.) ehem. Landeshauptmann-Stellvertreter Peter Schachner-Blazizek, ehem. Generalvikar Leopold Städtler, Prof. für Kirchengeschichte Michaela Sohn-Kronthaler und KAB-Vorsitzendem Martin Hochegger als Moderator.
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Diskurs auf Augenhöhe ist wichtig in funktionierender Demokratie.

An die 80 Interessierte füllten am 9. Februar den Pfarrsaal in Graz-Kalvarienberg bei der Veranstaltung der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung (KAB) Steiermark zum Thema „Österreich 1933/1934 – Spannungsfeld zwischen Arbeiterschaft und Kirche“. Nach der Begrüßung durch Fritz Hager und einer Einführung von KAB-Vorstandsmitglied Anneliese Pieber folgten die Gäste mit großem Interesse den Ausführungen der drei ReferentInnen.

Besonders eindrucksvoll und berührend waren die Schilderungen von Alt-Generalvikar Leopold Städtler, der sehr hautnah diese Entfremdung zwischen Kirche und Arbeiterschaft in der Obersteiermark nach dem Krieg miterlebt hatte. Städtler berichtete auch von Kaplänen und Priestern, welche quasi als Parteisekretäre für die christlich-soziale Partei in den dreißiger Jahren tätig gewesen sind.
Dies bestätigte auch die Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler, die unter anderem aus der Pfarrchronik der Kalvarienbergkirche einige Textstellen zitierte. Aber auch, dass viele Priester hohe politische Ämter und Mandate innehatten.

Michaela Sohn-Kronthaler und Peter Schachner-Blazizek schilderten sehr eindringlich die damalige Sprach-und Dialogverweigerung der beiden Lager: der christlich-sozialen Partei und an ihrer Seite die katholische Kirche und auf der anderen Seite die Sozialdemokratie. Das Verhältnis war von starkem Misstrauen geprägt, welches schließlich auch in den eher unvorbereiteten und wenig organisierten Aufstand der Arbeiterschaft in den Industrieregionen Österreichs im Jahr 1934 mündete. Dieses fortlaufende Misstrauen hatte dazu geführt, dass sich beide Blöcke paramilitärische Organisationen hielten. So wies Schachner-Blazizek darauf hin, dass sich mindestens 145.000 mit Gewehren und Pistolen bewaffnende Männer in der Heimwehr und im Schutzbund organisiert hatten.

Außer Streit gestellt war die Tatsache, dass die christlich-soziale Partei, unterstützt von der Kirche, den Wirtschaftseliten und der Ministerialbürokratie, Exekutive und Militär, die verfassungsmäßige Ordnung außer Kraft setzte, die Opposition zerschlug und eine Diktatur errichtete. Auch wenn lange das einseitige Narrativ gepflegt wurde, dass damit der Versuch gemacht wurde, die Unabhängigkeit Österreichs gegenüber dem Nationalsozialismus zu bewahren.

Als Lehre aus den damaligen Ereignissen zogen alle drei ReferentInnen den Schluss, dass es in einer funktionierenden Demokratie notwendig ist, einen Diskurs auf gleicher Augenhöhe zu führen, ohne Beschimpfung und Herabwürdigung des politischen Gegners. Und dass es in unser aller Hand liegt, bei den kommenden Wahlen auch für die Beibehaltung der Demokratie zu stimmen.

Martin Hochegger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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