Welthaus Graz
Geraubte Menschenrechte

Im Nordosten Brasiliens herrscht semi-arides (halb-trockenes) Klima. Ziegen- und Schafhaltung ist mit den klimatischen Bedingungen gut vereinbar. Das Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft (IRPAA) arbeitet nach dem Motto „Im Einklang mit dem Klima leben“. | Foto: IRPAA
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  • Im Nordosten Brasiliens herrscht semi-arides (halb-trockenes) Klima. Ziegen- und Schafhaltung ist mit den klimatischen Bedingungen gut vereinbar. Das Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft (IRPAA) arbeitet nach dem Motto „Im Einklang mit dem Klima leben“.
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Brasilien. Projektpartner vom Welthaus Graz berichten von der aktuell angespannten politischen Situation und den klimatischen Herausforderungen in ihrer Heimat.

Gefühlt blickt die ganze Welt dieser Tage nach Brasilien. Im fünftgrößten Land der Welt geht am 2. Oktober die Präsidentschaftswahl über die Bühne. Den seit 2018 regierenden Präsidenten Jair Bolsonaro nennt der Brasilianer José Moacir dos Santos „sehr konservativ“ und klingt dabei zurückhaltend. „Wir waren perplex, wie es in wenigen Jahren möglich ist, dass eine Regierung alles zerstört, was in einem Land vorher gemacht wurde, damit es den Menschen gut geht“, hält Moacir von der Organisation IRPAA fest. IRPAA bedeutet Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft, erklärt Maria Oberhofer, die ursprünglich aus Bayern stammt, aber schon seit vielen Jahren für den Projektpartner von Welthaus, Dreikönigsaktion und der Aktion Sei So Frei der Katholischen Männerbewegung tätig ist.

Maria und Moacir waren im September zu Besuch in Österreich. Dabei standen neben Treffen mit Projektpartnern und Presseterminen auch der Austausch mit landwirtschaftlichen Betrieben auf dem Plan. Ein solcher Besuch führte die beiden nach Kainbach bei Graz auf den Jaklhof, den Bio-Betrieb der Familie Ambrosch. Noch unterscheide sich der Anbau im Nordosten Brasiliens von jenem in der Steiermark enorm, erklärt Thomas Klamminger von der Aktion Sei So Frei.

Doch die Klimaveränderungen werden fortschreiten, schätzt Moacir, und dann könne Europa von dem jahrzehntelangen Lernvorsprung der Landwirtschaft im semi-ariden (halb-trockenen) Gebiet Brasiliens profitieren, ist der Agrarexperte überzeugt. Viele Jahre lautete die Devise in der unwirtlichen Region Brasiliens: „Die Trockenheit bekämpfen“. IRPAA stellt ein anderes Motto in die Mitte ihrer Arbeit: „Im Einklang mit dem Klima leben“. Das schaffe einen neuen Blickwinkel.

Um in dieser Region gut leben zu können, muss man mit den Winden, den unregelmäßigen Niederschlägen und den langen Trockenzeiten leben lernen, erklärt Moacir. Gutes Leben sei möglich, ist er überzeugt. Auch wenn der Weg dorthin steiniger geworden ist. „Innerhalb von vier Jahren ist der Hunger zurück nach Brasilien gekommen“, berichtet er. Aktuell leiden 33 Millionen Menschen im Land an Hunger und mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter Nahrungsunsicherheit. „Das heißt, sie wissen nicht sicher, ob sie sich das ganze Monat ausreichend ernähren werden können“, beschreibt er die Lage in seiner Heimat.

Der Wahlkampf habe Hoffnung geweckt. Es sei unwahrscheinlich, dass Bolsonaro wieder gewinnt, doch „es ist noch nicht der Moment, sich zu entspannen“, so Moacir. Als heißester Anwärter auf das Amt gilt der ehemalige Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. Unter ihm würde es wieder sozialer zugehen, ist Moacir sich sicher. Doch „wieder aufzubauen, was im Bereich Umwelt, Kultur und in der Gesellschaft in den letzten Jahren zerstört worden ist, wird sehr lange dauern“, fügt er hinzu.
Eine drängende Bitte haben Moacir und Maria an die Menschen in Österreich: „Kauft regional und saisonal!“ Brasilien ist ein großes Exportland. Viele Menschen werden von ihrem Land vertrieben, um Platz für Exportproduktion zu schaffen – und all das im Namen der globalen Wirtschaft. „In Europa bekommt man Produkte zu kaufen, die geraubte Menschenrechte beinhalten“, warnt Moacir. Und Maria legt nach: „Wer Exportfrüchte aus Brasilien kauft, muss sich fragen, wer dafür einen hohen Preis bezahlt hat!“

Margret Moser/Katharina Grager

Im Einklang mit dem Klima
Das „regionale Institut für angepasste Kleinbauernlandwirtschaft und Tierhaltung“ (IRPAA) ist eine Organisation im Zentrum der semi-ariden Region Brasiliens, die fast so groß wie Deutschland und Frankreich zusammen ist.

Im Nordosten Brasiliens herrscht semi-arides (halb-trockenes) Klima. Ziegen- und Schafhaltung ist mit den klimatischen Bedingungen gut vereinbar. Das Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft (IRPAA) arbeitet nach dem Motto „Im Einklang mit dem Klima leben“. | Foto: IRPAA
Zu Besuch am Jaklhof waren Maria und Moacir (Mitte) mit Thomas Klamminger (l.) zum Austausch mit Bäuerin Anna Ambrosch. | Foto: Sei So Frei
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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