IN MEMORIAM
Die laute Stimme der Armen

Foto: VinziWerke
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Pfarrer Wolfgang Pucher vor dem VinziDorf und in einem VinziMarkt. Heimat, Brot und Würde gab er den Armen. Er wurde 1939 in Hausmannstätten geboren, legte 1958 die Ewige Profess bei den Lazaristen ab und wurde 1963 zum Priester geweiht. Er war dann Präfekt im St.-Vinzenz-Seminar in Graz-Eggenberg und Kaplan in Graz-Schmerzhafte Mutter. Von 1969 bis 1973 wirkte er als Internatsleiter und Seelsorger in Istanbul. Von 1973 bis zu seinem Tod leitete er die Pfarre Graz-St. Vinzenz. Aus der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg gingen sukzessive 40 VinziWerke hervor, in denen verschiedenen Nöten der Menschen wirksam begegnet wird und die Wolfgang Pucher zum Inbegriff des „Armenpfarrers“ werden ließen.

Foto: VinziWerke

Für Pfarrer Wolfgang Pucher war Armendienst immer Gottesdienst.

Aus einem Aufbruch in den Urlaub wurde am 19. Juli der große Aufbruch zu dem, der ihn wohl so empfangen wird: „Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn. Denn ich war hungrig, und du hast mir zu essen gegeben. Ich war fremd, und du hast mich beherbergt.“ Auf der kroatischen Insel Korcula ereilte Pfarrer Wolfgang Pucher nach einem medizinischen Notfall der Tod, obwohl die Rettungskette rasch in Gang gesetzt wurde.
Sein Lebenswerk ist wohl eine Rettungskette, die er mit den VinziWerken in Graz und weit darüber hinaus in Gang gebracht hatte. Pfarrer Pucher, der jahrzehntelang die Grazer Pfarre St. Vinzenz seelsorglich betreut und heuer dort sein Diamantenes Priesterjubiläum gefeiert hatte, gehörte der Gemeinschaft der Lazaristen an. Das Charisma ihres Gründers, des hl. Vinzenz von Paul, im Dienst an den Armen umzusetzen, verstand er immer mehr als seine Lebensaufgabe. Dabei wollte er sich auch schwierigen und „hässlichen“ Seiten der Armut zuwenden.

In der Umsetzung seiner Anliegen war der Priester ideenreich, entschlossen und kompromisslos. Obdachlosen, von Abschiebung Bedrohten, zum Betteln Gezwungenen kam er mit wirksamen Projekten und klaren öffentlichen Äußerungen zu Hilfe. Er wusste dabei viele Menschen, auch junge, dafür zu motivieren. Gleichzeitig hielt er Widerstände und Anfeindungen aus, die seinen Ideen entgegengesetzt worden waren.

Als „unermüdlich laufenden Motor in unserer Diözese, dessen Bestimmung es war, Not zu lindern“, würdigte ihn Bischof Wilhelm Krautwaschl. „Mit seiner Umtriebigkeit hat er viele gefordert“, aber dadurch ein Netzwerk der Nächstenliebe bewirkt. Als „kritischen Geist, der Mut besaß, auch in aktionistischer Weise auf die Situation armer Menschen hinzuweisen“, bedankten ihn Landeshauptmann Christopher Drexler und LH-Stellvertreter Anton Lang. Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr hofft, „dass sein Erbe der Menschenfreundlichkeit und der Hilfe für alle auch in Zukunft bestehen bleibt“. Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler dankt dem „Rebell der Nächstenliebe“, dem Brückenbauer und einem Mann, für den die Devise galt: „Geht nicht gibt’s nicht!“
Aus den verschiedenen Seiten des rührigen und streitbaren Priesters ragt heraus, dass er den Ärmsten eine Stimme in der Öffentlichkeit gegeben hat.

Am Samstag, dem 12. August, wird um 14 Uhr die Begräbnismesse für Pfarrer Wolfgang Pucher in seiner Pfarre Graz-St. Vinzenz gefeiert.

Foto: Neuhold

Orden on air: Pfarrer Pucher im Interview
Kurz vor seinem plötzlichen Tod hat Pfarrer Wolfgang Pucher den heimischen Ordensgemeinschaften für ihren Podcast „Orden on air“ noch ein ausführliches Interview gegeben, wohl eines der letzten. Dieses ist nun posthum in der neuesten Podcast-Folge zu hören. Es ist auf der Website www.ordensgemeinschaften.at und auf allen größeren Audioplattformen zu finden.

Pucher blickt nochmals auf die Anfänge seines Einsatzes für Obdachlose zurück, als er vor rund 50 Jahren Pfarrer in Graz wurde: „Im Winter sind mindestens zwei Personen pro Woche zu mir gekommen. Immer Obdachlose, leicht angetrunken, mit einer halbleeren Weinflasche im Plastiksackerl. Und sie haben mich gefragt, ob ich ein Bett für sie hätte“, erinnert sich Pucher: „Sie haben mir alle leidgetan, und ich habe sie im Keller übernachten lassen.“

Mit der von ihm gegründeten Jugend-Vinzenzgemeinschaft Eggenberg kam die Idee eines Containerdorfes für Obdachlose. Aber wo? Sobald sie einen passenden Ort gefunden hatten, gab es heftigste Anrainerproteste. Schließlich fand man den jetzigen Platz in Graz-St. Leonhard, ursprünglich „nur in der Nacht und auch nur für einen Winter“ geplant, aber letztendlich fanden sich die Anrainer mit dem Vinzidorf ab ...
Für seine Schützlinge habe er gerne eine Lanze gebrochen und sei auch ohne Bedenken mit staatlichen Institutionen angeeckt. Medienwirksam war u. a. sein Angebot, jedem 1000 Euro zu bezahlen, der beweisen kann, dass es organisierte Bettlerbanden gibt. „Aber bis heute hat sich niemand die 1000 Euro geholt.“

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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