20. Todestag von Kardinal König
Ein Pielachtaler erobert die Welt

Foto der Volkschulklasse von Franz König (3. Reihe, 5. von links) aus dem Jahr 1915. | Foto: Kardinal-König-Archiv
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  • Foto der Volkschulklasse von Franz König (3. Reihe, 5. von links) aus dem Jahr 1915.
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Vor 20 Jahren, am 13. März 2004, verstarb der emeritierte Wiener Erzbischof Franz König. Seine langjährige Wegbegleiterin Dr. Annemarie Fenzl erzählt, wie aus dem gebürtigen Rabensteiner Bauernsohn einer der bedeutendsten Kirchenmänner Europas wurde.

Die Pummerin des Wiener Stephansdomes erhebt ihre dunkle Stimme nur selten außerhalb der gewohnten Festzeiten des Jahreskreises – aber, wenn sie es tut, dann halten die Menschen inne und fragen: „Was ist geschehen?“ So war es in den frühen Morgenstunden des 13. März 2004 und bald wusste es das ganze Land: Ein Seelsorger war gestorben, ein respektvoller und wertschätzender Gesprächspartner über alle Grenzen hinweg, ein Religionswissenschaftler von Rang, ein Konzilsvater aus Leidenschaft. Franz König, „der Kardinal Mitteleuropas“, hatte sein Leben und seine Seele in die Hände dessen zurückgegeben, der ihn am 3. August 1905, also vor fast 120 Jahren, für eine Bauernfamilie in Rabenstein im Pielachtal bestimmt hatte.

Zwanzig Jahre sind seither vergangen und die Welt hat sich weitergedreht. An den kleinen Franz von damals, am Beginn des 20. Jahrhunderts, kann sich heute wohl niemand mehr persönlich erinnern. Aber immer, wenn in Erzählungen die Rede auf den „großen Sohn“ des Pielachtales kommt, so erinnern wir uns vor allem an den kleinen wachen Bauernbuben mit dem unglaublichen Interesse für einfach alles um ihn herum. An den Buben, der in der Rabensteiner Kirche getauft worden war und in Kirchberg in die Volksschule ging. Der dem verblüfften Lehrer erklärte, er habe keinen Lieblingsgegenstand, weil ihn alle Gegenstände so sehr interessierten. Dieses unbändige Interesse am Leben hat den jungen Studenten niemals mehr verlassen und hat den jungen Mann hinaus in die Welt geführt.

Aus dem kleinen Buben ist im wahrsten Sinn des Wortes ein großer Mann geworden, dessen Heimat im Verlauf seines Lebens die ganze Welt geworden ist, der aber seine wirkliche Heimat nie vergessen hat.

Einige werden sich vielleicht noch an gelegentliche Besuche des St. Pöltner Bischof-Koadjutors in seiner Heimatgemeinde erinnern, viele Rabensteiner und Kirchberger haben wohl noch die Besuche des alten Kardinals zu verschiedensten Anlässen – Jubiläen, Firmungen, Hochzeiten, die Einweihung der Kardinal König-Hausanlage oder eigene runde Geburtstage – in Erinnerung. Es waren immer schöne und herzliche Begegnungen von beiden Seiten.

Im Dienst an der Einheit der Menschen

Sein Amt als Erzbischof von Wien (1956-85) war nie einfach und doch gelang ihm in dieser ersten Zeit der Beginn einer Versöhnung der beiden großen historischen Lager in Österreich. Seine Betriebsbesuche, sein Vortrag vor dem ÖGB im Jahr 1973: „Ich bin kein Bischof der ÖVP, keiner der SPÖ, keiner der Bauern… ich bin der Bischof aller Katholiken!“ brachten ihm bald den nicht freundlich gemeinten Beinamen „roter Kardinal“ ein, den er meistes mit Gleichmut trug. Heute wissen wir, dass sein Weg der einzig richtige war. Er hat die Kirche immer als einen mitgestaltenden Faktor der Gesellschaft verstanden.

Sein schwerer Autounfall am 13. Februar 1960 vor Varazdin auf dem Weg zum Begräbnis seines Amtsbruders, des Zagreber Kardinals Stepinac, wies ihn auf die Verantwortung des Erzbischofs von Wien als nächstem Nachbar für seine Brüder im kommunistischen Osten hinter dem Eisernen Vorhang hin. Die Folge war eine konsequente Besuchspolitik in fast alle Oststaaten, immer mit Begegnungen mit Bischöfen, Priestern und Gläubigen, welchen er auf diese Weise zu verstehen geben wollte, dass sie im Westen nicht „abgeschrieben“ waren.

Von Anfang an bildeten ökumenische Kontakte einen weiteren Schwerpunkt im Wirken des Kardinals. Noch vor Konzilsbeginn, 1961, besuchte er, wohl bereits in päpstlichem Auftrag, das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, den Ökumenischen Patriarchen Athenagoras in Konstantinopel (Istanbul) und ebnete dadurch die ersten Wege zu vielen ökumenischen Kontakten. In der Zeit des Konzils ab 1962 wurde seine zweite Heimatstadt die ewige Stadt Rom. Hier trat er erstmals auf weltkirchlicher Ebene in Erscheinung.

„Ich bin kein Bischof der ÖVP, keiner der SPÖ, keiner der Bauern… ich bin der Bischof aller Katholiken!“

Das Konzil in seiner weltumspannenden Konzeption war, nach seinen eigenen Worten, die „hohe Zeit“ seines Lebens. Denn hier wurden die Weichen gestellt für den Weg der Kirche in das 3. Jahrtausend. Einige der wichtigsten Dokumente, vor allem „Nostra aetate“, das sich mit dem Verhältnis von Christen und Juden befasste, tragen auch seine Handschrift. 1965 vertraute ihm Papst Paul VI. die Leitung des im Gefolge des Konzils neu gegründeten Vatikanischen Sekretariates für die Nichtglaubenden an. In dieser Eigenschaft mehrte er die Kontakte sowohl zu Vertretern des areligiösen Humanismus im Westen wie auch des Staatsatheismus im Osten.

Interreligiöse Verständigung

Großes Interesse brachte Kardinal König – schon als Wissenschaftler – den nichtchristlichen Religionen entgegen. Wichtig waren ihm besonders die drei großen monotheistischen Religionen, Juden, Christen und Muslime, denn ohne den Frieden zwischen diesen Religionen, die einen großen Teil der Menschheit betreffen, wird es keinen Weltfrieden geben, war seine Überzeugung, die sich heute leider bestürzend zu bewahrheiten scheint.

Und so könnte man noch vieles erwähnen. In einem langen Leben geschieht eben viel. Das Wesentliche aber ist die Grundlage von alldem, was heute viele bewundern. Wir erinnern uns an die Bedeutung, die der Kardinal dem persönlichen Gebet zugemessen hat: als wichtigste Kraftquelle; als direkte, ununterbrochene Verbindung hin zu Gott. „Das Gebet macht still und vereinfacht komplizierte Dinge. Das Gebet ist die Nahrung der Seele.“ So sagte er.

Wir erinnern uns auch an seine drei Fragen, die nicht nur eine rhetorische Übung waren: „Woher komme ich, wohin geht mein Weg, welchen Sinn hat mein Leben?“ Sie wurden zum Markenzeichen für seine Lebenshaltung, die sich ihres ununterbrochenen Unterwegsseins bewusst war und sich keinen Augenblick der Gedankenlosigkeit gestattete. Darum war ihm auch der Gedanke an den Tod vertraut – er hat den Tod in sein Leben mit hineingenommen und er hat ihn nicht gefürchtet. Er hat täglich um eine gute Sterbestunde gebetet und der Herr hat sie ihm auch geschenkt.

Alle diese hier angesprochenen Dinge und noch mehr sind in einer kleinen, aber feinen Gedenkstätte im Erdgeschoß eines unmittelbar neben der Taufkirche von Kardinal König gelegenen Hauses zusammengefasst, die am 27. August 2022 vom St. Pöltner Bischof Alois Schwarz gesegnet und festlich eröffnet wurde. Sie soll in Zukunft allen interessierten Menschen Leben und Werk Franz Königs nahebringen, der am 3. August 1905 als Bauernbub aus dem Pielachtal hier seinen irdischen Weg begonnen und ihn am 13. März 2004 als Kardinal der katholischen Kirche beendet hat.

Die Autorin: Dr. Annemarie Fenzl, geboren 1945, war von 1976 bis 2013 Leiterin des Wiener Diözesanarchivs sowie von 1986 bis 2004 Büroleiterin von Kardinal Franz König. Sie ist Autorin zahlreicher kirchenhistorischer Publikationen.

Besichtigung und Gewinnspiel

Besuch und Besichtigung des Kardinal-König-Saals in Rabenstein/Pielach sind gegen Voranmeldung möglich. Kontaktdaten: Pfarre Rabenstein Tel. 02723/2270, E-Mail: rabenstein@dsp.at; Pfarre Kirchberg: Tel. 02722/72 18, E-Mail: kirchbergpielach@dsp.at.

Gewinnspiel: „Kirche bunt“ verlost für eine Gruppe mit bis zu 25 Personen einen Eintritt in den Kardinal König-Saal samt Führung mit Dr. Annemarie Fenzl. Einsendungen bis 29. April an: Kirche bunt, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten, oder E-Mail an gewinnspiel@kirchebunt.at. Kennwort: Kardinal König

Foto der Volkschulklasse von Franz König (3. Reihe, 5. von links) aus dem Jahr 1915. | Foto: Kardinal-König-Archiv
Die 2022 neu errichtete Gedenkstätte für Kardinal König in Rabenstein. 
 | Foto: Annemarie Fenzl
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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