Erzählung
Die Jagdsaison hat begonnen

Foto: Sharidan – stock.adobe.com

Dabei geht es nicht um die Großwild-, Rotwild-, Niederwild- oder Entenjagd, vielmehr werden jährlich viele Menschen von einem regelrechten Jagdfieber nach den braunen Hüten mit den dicken Stängeln befallen. Wer einmal mit diesem Virus infiziert wurde, dem ist der jährliche Ausbruch des Jagdfiebers sicher.
Es ist nicht leicht, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein und das möglichst allein. Wenn ich verdächtiges Knistern und Rascheln höre, verhalte ich mich mäuschenstill, um den Konkurrenten zu beobachten, was mir allerdings schon einmal zum Verhängnis wurde. Der Pilzesucher sah mich nicht, doch sein Hund stöberte mich auf, bellte mich an und sprang an mir hoch, dass mir Angst und Bang wurde. Als der Mann mich fragte, ob ich wüsste, wer der Besitzer dieses Waldes wäre, musste ich leider verneinen.
„Das ist mein Wald“, sagte er in einem nicht sehr freundlichen Ton und schaute dabei auf meine bis oben hin mit Herrenpilzen gefüllte Leinentasche. Ich riskierte einen Blick in seinen Korb, in dem zwei winzige Schwammerl lagen und verstand den Ton in seiner Stimme.
Wenn ich trotz größter Anstrengungen nichts finde, weil es zu trocken, zu kalt oder schon zu spät im Jahr ist, macht mir das auch nichts aus. Ich sage dann zu mir: „Das war wieder ein schöner Spaziergang!“ Dabei ist das Schwammerlsuchen eigentlich kein Spaziergang; das Schlüpfen durch die Jungwälder, das Untendurch und Obendrüber bei umgestürzten Bäumen, das Springen über Quellen und morastigen Boden ist ja eher ein Hindernislauf.
Jemanden zum Pilzesuchen mitzunehmen ist eine besondere Gunst: Es bedeutet, meine zwan­zigjährige Erfahrung zu teilen und meine besten Plätze zu „verraten“.
Margareta Thill

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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