Mutworte - Ruth Zenkert
Göttliche Aufgabe
- Foto: Elijah
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Sechzehn Kinder sitzen auf Mini-Stühlen im Kreis um Minodora und singen. Sie folgen genau ihren Bewegungen: klatschen, stampfen, Arme hochheben. Ganz konzentriert, merken sie gar nicht, dass ich hereingekommen bin. Wir sind im Kindergarten des Sozialzentrums Casa Martin in Nou. Die Wände sind geschmückt mit bunten Zeichnungen, Schneeflocken aus Krepppapier tanzen an der Decke, selbstgebastelte Tiere stehen im Zoo. Minodora bringt den Kindern Malen, Zahlen, Buchstaben, Singen, Händewaschen und Zähneputzen bei – immer ruhig, nie schreit sie.
Viele Kinder kommen aus dem Roma-Viertel, von dort schickten Mütter lange keine Kinder zur Schule. Minodora wuchs selbst im Viertel auf, lernte Saxophon, Hausaufgabenbetreuung und machte eine Erzieherinnenausbildung. Sie gibt Fortbildungskurse, ist im Dorf und in der Gemeinde geschätzt. Manche fragen, warum gerade sie so gefördert wurde – es wirkt wie biblische Auserwählung. Wie Isaak im Buch Genesis bekam sie Liebe und eine Aufgabe: auf andere zu schauen, ihre Zukunft zu sichern. Minodora trägt eine „göttliche Krone“ der Verantwortung und gibt ihr Leben für die Zukunft vieler Nachbarinnen und Nachbarn.
Ruth Zenkert ist Leiterin des Sozialprojektes ELIJAH in Rumänien. Aus: elijah.at/bimail
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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