Positionen - Elisabeth Wimmer
Dynamik der Sklaverei

Sklaverei? Das gibt’s schon lang nicht mehr. Erst recht nicht bei uns. Irrtum! Die „Ware Mensch“ wird weltweit rege gehandelt, die „Endabnehmer“ profitieren – auch bei uns in Mitteleuropa. Darauf macht jedes Jahr am 18. Oktober die EU-Kommission mit dem europäischen Tag gegen Menschenhandel aufmerksam.
Ein Großteil der Opfer sind Frauen und Kinder. Sie werden etwa als billige Arbeitskräfte missbraucht, manche mit falschen Versprechungen – tolle Arbeitsstelle, Ausbildung – nach Mitteleuropa gelockt, wo sie womöglich als Sexarbeiterinnen verpflichtet werden, um Anreise und Unterkunft „abzuarbeiten“.
Was mich besonders betroffen macht, ist das Domino von Ausweglosigkeit und Abhängigkeiten, in die Menschen von Geburt an geraten können und an deren Anfang und Ende Armut steht: Aufwachsen in einer armen Region, Arbeit statt Schule, um zum Familieneinkommen beizutragen, schlecht ausgebildet zu Billigstarbeit vorgesehen, anfällig für unlautere Anwerber … so wird Unfreiheit in einem Leben festgeschrieben.
Ohne eigenes Zutun werden wir in dieses oder jenes Schicksalsknäuel hineingeboren, und es ist weder unser Verdienst noch unsere Schuld. Klar, jeder Mensch hat mit den eigenen Rahmenbedingungen nach seinen Möglichkeiten umzugehen. Die sind aber äußerst ungleich verteilt. Pfarrer Helmut Schüller sagte vor kurzem in einer ORF-Religion-Sendung: „Zunächst einmal hat man den sogenannten erfolglosen, gescheiterten Menschen die eigene Demut anzubieten.“ Denn wer „einigermaßen lebensweise ist“, wisse, dass „einfach viel
Glück dabei ist“.

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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