Vielfach sind die Gruppen mit Pfarren verbunden
Die „Lebensschule“ der Pfadfinder

Georgsfest der Pfadfinder des Bezirks Amstetten. | Foto: zVg
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Die Pfadfinder sind bekannt dafür „jeden Tag eine gute Tat“ begehen zu wollen. Das Motto ist alt und ehrwürdig, aber ihre Pädagogik hat sich weiterentwickelt. „Und sie entwickelt sich stets weiter und es werden neue Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie berücksichtigt“, betont die Landesleiterin der niederösterreichischen Pfadfinder, Stefanie Jirgal aus Tulln. Die NÖ-Pfadfinder sind in mehr als 80 Gruppen organisiert. Über 1.500 ausgebildete Jugendleiterinnen und Jugendleiter leisten freiwillig anerkannte Kinder- und Jugendarbeit.
Bei den Pfadfindern ist man stolz darauf, den jungen Menschen ein ganzheitliches Programm anbieten zu können. Je nach Alter werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, um die Entwicklung der anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu unterstützen. Bei den meis­ten Gruppen können Interessierte unverbindlich „schnuppern“ kommen. Wer zu den Pfadfindern kommt, bleibt meist sein Leben lang mit ihnen verbunden. Jirgal verweist auf die Gemeinschaftserlebnisse, auf stimmungsvolle Lagerfeuerabende und auf viele Erlebnisse in der freien Natur. Für viele Kinder und Jugendliche sei es eine „Lebensschule“. Auch wenn die Corona-Pandemie die Jugendarbeit erschwert habe, könne man bei den Pfadfindern nicht über fehlenden Nachwuchs klagen.

Verbunden mit der Pfarre

Die Pfadfinder sind vielerorts eng mit der Pfarre verbunden, rund um Wien sind Pfadfinderheime oft auch baulich an Pfarrhöfen angeschlossen. Im Diözesangebiet sind die Pfadfinder von Markersdorf nach St. Martin und jene von Amstetten nach dem heiligen Don Bosco benannt, mancherorts wirken Priester als Kuraten. Die Gruppen des Bezirks Amstetten feiern immer groß den Patron der Organisation, nämlich den heiligen Georg. Wichtige weitere Bezugspunkte zur Kirche sind die Teilnahme an Fronleichnams­prozessionen oder das Entzünden des Osterfeuers in Pfarren, wie Landesleiterin Jirgal erzählt.

Die Pfadfinderbewegung basiert auf einer Ini­tiative von Robert Baden-Powell, der 1907 auch das erste Pfadfinderlager durchführte. Er formulierte die drei Grundprinzipien: „Duty to God“ (die Pflicht gegenüber Gott), „Duty to Others“ (die Pflicht gegenüber Dritten) und „Duty to Self“ (die Pflicht gegenüber sich selbst). Anstelle von „Pflicht gegenüber Gott“ wird heute häufig auch von einer Verpflichtung gegenüber einer höheren Macht oder spirituellen Dimension gesprochen, um niemanden auszuschließen. Für die Pfadfinderinnen und Pfadfinder Österreichs (PPÖ) ist die spirituelle Dimension ein Teil der ganzheitlichen Erziehung bzw. Entwicklung eines Individuums. Sie stellt einen fixen Bestandteil der pädagogischen Arbeit dar. Es gibt eine persönliche Verantwortung zur spirituellen Weiterentwicklung. Es heißt: „Als PPÖ sind wir auf Basis unserer Werte für alle Religionen und Weltanschauungen offen. Ihre Vielfalt ist eine Bereicherung und wird von den PPÖ anerkannt und wertgeschätzt.“

Wer ist wer in der Pfadfinderjugend?

Biber sind Mädchen und Buben im Alter von fünf bis sieben Jahren und die jüngste Altersstufe. Beim Spielen, Basteln und Singen lernen die jüngsten Pfadfinder das Leben in der Gemeinschaft und ihre eigenen Fähigkeiten kennen und erkunden ihre Umgebung. Gemeinsam in ihrer „Biberfamilie“ erleben sie Heimstunden und die Biberübernachtung. Mit Stolz tragen Biber ihr Halstuch mit ihren Buttons.

Die Wichtel (Mädchen) und Wölflinge (Buben) entfalten im Spiel ihre Persönlichkeit. Sie entdecken ihre Fähigkeiten und Talente. Ausgebildete Jugendleiter sind die Bezugspersonen. Die Kinder erleben sich als Teil einer Gemeinschaft und üben Demokratie im Kleinen. Sie erkunden ihren Lebensraum und entdecken die Natur. Bei Spielgeschichten lernen sie sich in andere Rollen hineinzuversetzen.
Die Pfadfinder zwischen 10 und 13 Jahren heißen Guides (Mädchen) und Späher (Buben). Sie gestalten ihr Programm schon selber mit, wie z. B. Abenteuer im Rahmen von Zeltlagern und Wanderungen. Die Aktivitäten reichen vom Umgang mit Werkzeugen, gemeinsamem Kochen, Spiel und Spaß bis zur Auseinandersetzung mit der Lebenswelt. Die Leiter unterstützen sie, ein Team zu werden. Das heißt, Verantwortung für sich und ihre Kleingruppe zu übernehmen. Dabei erkennen die Guides und Späher ihre eigenen Fähigkeiten und bringen sie in ihre Kleingruppe ein.
Pfadfinder zwischen 13 und 16 Jahren heißen Caravelles (Mädchen) und Explorer (Burschen). Sie handeln bei der Durchführung eigener Unternehmungen immer selbständiger. Für Caravelles und Explorer ist es wichtig, gemeinsam etwas zu bewegen und Zusammengehörigkeit nicht nur in der eigenen Pfadfindergruppe, sondern über Grenzen und Völker hinweg zu erfahren. Internationale Treffen geben den Jugendlichen die Chance, interkulturelles Zusammenleben hautnah zu erleben.
Pfadfinder zwischen 16 und 20 Jahren werden Ranger (Mädchen) und Rover (Burschen) genannt. Sie nehmen ihr Leben zunehmend in die eigene Hand. Die Rangers und Rovers nehmen an nationalen und internationalen Lagern und Veranstaltungen teil, sie befassen sich bei Projekten und Aktionen mit selbstgewählten Themen. Im Sinne der gesellschaftspolitischen Relevanz machen sie einen Schritt aus der Pfadfindergruppe hinaus in unsere Gesellschaft, ganz im Sinne des Wahlspruchs „sehen – verstehen – handeln“.
Wolfgang Zarl

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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