Welttag der Armen
Corona-Pandemie verstärkt die Armut

Alleinerziehende Mütter gehören neben Langzeitarbeitslosen, kinderreichen Familien oder Menschen mit Migrationshintergrund zu jenen Personengruppen in Österreich, die am stärksten von Armut und Ausgrenzung betroffen sind. | Foto: aletia2011  – stock.adobe.com
  • Alleinerziehende Mütter gehören neben Langzeitarbeitslosen, kinderreichen Familien oder Menschen mit Migrationshintergrund zu jenen Personengruppen in Österreich, die am stärksten von Armut und Ausgrenzung betroffen sind.
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Auch der Welttag der Armen am 15. November steht heuer ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Weltweit hat sich die Anzahl der Menschen, die in Armut leben, durch die Krise vervielfacht. Auch bei uns in Nieder­österreich hat sich die Situation verschärft: Betroffen sind jene, denen schon unter „normalen“ Bedingungen das Notwendigste fehlte, aber auch Menschen, die vorher noch nie Hilfe gebraucht haben, fragen nun bei der Caritas um Unterstützung an.

Lena Weber (Name von der Redaktion geändert) ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Vor Beginn der Corona-Pandemie war die Frau teilzeitbeschäftigt, mit dem ers­ten Lockdown verlor sie ihren Job. Lena Weber: „Schon vorher war bei uns das Geld immer knapp, aber es ist sich immer irgendwie ausgegangen. Jetzt aber reicht es vorne und hinten nicht“, so die Frau. Verzweifelt hat sie sich jetzt an die Caritas der Diözese St. Pölten gewandt, denn sie weiß nicht, wie sie die letzte Stromrechnung bezahlen soll. Bei der „Sozialberatung.Nothilfe“ wurde die junge Mutter beraten, zudem wurde ihr überbrückend geholfen und die ausstehende Stromrechnung übernommen.

Den Betroffenen beistehen

„Solche Fälle häufen sich“, berichtet Beate Schneider, Leiterin der „Sozialberatung.Nothilfe“. Vermehrt suchen Menschen, die ihre Energierechnungen nicht bezahlen können, bei der Caritas Hilfe. Die Corona-Pandemie habe die Lage weiter verschärft, sagt Schneider. „Viele waren im Lockdown zu Hause und haben mehr Energie verbraucht als üblich. Andere wieder haben ihren Job verloren und haben dadurch weniger Einnahmen.“ Die „Sozialberatung.Not­hilfe“ steht den Betroffenen mit Beratung, Orientierungshilfen oder kleinen Überbrückungshilfen wie im Fall von Lena Weber bei (siehe Infobox auf dieser Seite).

Beate Schneider rechnet aufgrund der aktuellen Corona-Situation auch in den nächsten Wochen und Monaten mit steigenden Zahlen von Hilfesuchenden. Sie appelliert gleichzeitig an die Betroffenen, sich ehzeitig zu melden. Armut, der ständige Stress mit den Finanzen wirke sich jedoch bei vielen „lähmend“ aus, weshalb so mancher oft erst um Hilfe anfragt, wenn sich hohe Schulden angesammelt haben, die Abschaltung der Energieversorgung angekündigt wurde oder eine Delogierung drohe. Die Fachbereichsleiterin: „Viele kommen erst, wenn die Lage schon sehr angespannt ist, aber es wäre wichtig, wenn die Betroffenen sich frühzeitig melden würden. Wenn die Au­ßen­stände noch kleiner sind, dann lässt sich eine Abwärtsspirale leichter stoppen.“

Rund 1,5 Millionen Menschen in Österreich gelten als arm bzw. von Armut bedroht, darunter 303.000 Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren (Stand Mai 2020). Der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Krankheit, ein Unfall – jede Verschlechterung der Einkommenssituation kann für Familien und Einzelpersonen mit einem geringen Einkommen in die Schuldenfalle und in Folge zu einem jahrelangen Leben an der Armutsgrenze führen.

Versteckte Armut

Viele der Betroffenen bemühen sich, diesen Umstand zu verheimlichen und kämpfen sich durch. Viele isolieren sich, bevor sie anderen ihre Notlage eingestehen. Sich ans Sozialamt oder an Beratungsstellen zu wenden, bedeutet für die Betroffenen oft eine große Hürde und kostet sie eine große Überwindung. Nicht nur für Erwachsene, besonders auch für Kinder bedeutet der permanente Verzicht eine schwere psychische Belastung, was oft zur Ausgrenzung führt.

Dass die Corona-Pandemie die Situation für viele noch verschärft hat, darauf weist auch Barbara Bühler, Obfrau des NÖ Armutsnetzwerks, hin: Wer vorher schon am Limit gelebt hat, droht nun ganz in die Armut abzurutschen. Kurzarbeit, Home-Schooling und Jobverlust haben aber auch Menschen in Notlagen gebracht, die zuvor noch nie von Armut betroffen waren. „Die gesundheitliche Bedrohung durch die Covid-Krise ist akut und unmittelbar spürbar – die sozialen Auswirkungen zeigen sich verzögert“, prognostiziert auch Bühler steigende Zahlen von Menschen, die von Armut betroffen sind.

Die Caritas der Diözese St. Pölten hilft armutsbetroffenen Menschen in ihren unterschiedlichen Einrichtungen (siehe Infobox auf Seite 12). So erhalten Menschen mit geringem Einkommen in den soma-Märkten die Möglichkeit, günstig einkaufen zu können. Der Bereich „Familienberatung und Psychotherapie“ steht Familien, Paaren und Einzelpersonen mit Rat und Hilfe zur Seite.

Mehr Ängste und Konflikte

„Wir haben jetzt auf alle Fälle mehr Anfragen als noch vor der Corona-Pandemie“, sagt Sabine Scharbert, Fachbereichsleiterin von „Familienberatung und Psychotherapie“. Durch den Lockdown und die gesamte Situation in der Pandemie seien die Menschen verunsichert gewesen, manche seien kaum aus dem Haus gekommen, in den Familien und Partnerschaften sei das Konfliktpotenzial gestiegen. Auch jetzt fragen sich viele, wie es weitergehen wird und was der teilweise Lockdown für die Welt im allgemeinen und sie im besonderen bedeutet“, sagt Sabine Scharbert und vermutet, dass die wahren Auswirkungen auf die Menschen wohl erst nach der Pandemie sichtbar werden. Allein gelassen werden die hilfesuchenden Menschen auf jeden Fall nicht. Die Caritas steht ihnen mit qualifiziertem Personal mit Rat und Tat zur Seite.

Finanziert werden diese Einrichtungen zum Gutteil durch Spenden. Am Welttag der Armen am Sonntag, 15. November, wird in den Pfarren in unserer Diözese im Rahmen der „Elisabethsammlung“ um Spenden gebeten. Geld, das armutsbetroffenen Menschen in unserer Heimat zu Gute kommt.

So hilft die Caritas

Sozialberatung.Nothilfe bietet Hilfe und Beratung für Menschen in akuten Notlagen und schwierigen Lebenssituationen in Niederösterreich. Die Beratung ist kostenlos und diskret. Die Beraterinnen und Berater stehen Menschen bei, die durch Krankheit, Behinderung, Arbeitslosigkeit, Flucht, Unglücksfälle oder schwierige Lebensumstände in eine Notlage geraten sind und in dieser Situation Beratung, Unterstützung und Orientierung brauchen. Das Angebot reicht von einem persönlichen Gespräch zur Abklärung der Situation sowie möglicher Ansprüche aus Versicherungs- und Sozialleistungen bis hin zur Hilfe beim Durchsetzen gesetzlicher Ansprüche. Gemeinsam werden Lösungsmöglichkeiten erarbeitet und finanzielle Überbrückungshilfen in existenziellen Notlagen gewährt.

Kontakt. Per E-Mail: sozialberatung@caritas-stpoelten.at. Telefonkontakt für den Zentralraum: Tel. 02742/841 390; Mostviertel: Tel. 0676/83 844 308; Krems/Unteres Waldviertel: Tel. 0676/83 844 314.

Im soma - Sozialmarkt der Caritas können Dinge des täglichen Bedarfs zu besonderen Konditionen eingekauft werden (üblicherweise ein Drittel des im Lebensmitteldiskont üblichen Preises). Einkaufen dürfen Menschen, die einen Einkaufspass haben. Diesen erhalten sie gegen Vorlage des Einkommensnachweises, der belegt, dass sie folgende monatlichen Einkommensgrenzen nicht überschreiten: Monatliches Einkommen für 1-Personen-Haushalte in Höhe von 1.200 Euro und für 2-Personen-Haushalte von 1.550 Euro (für jede weitere Person werden 195 Euro zum Einkommen dazugerechnet). Die Caritas der Diözese St. Pölten betreibt soma-Märkte in Krems, Schrems und Zwettl.

Die Familienberatung und Psychotherapie der Caritas hilft Familien, Paaren und Einzelpersonen bei der Bewältigung schwieriger Lebenssituationen. Die Beraterinnen und Berater unterstützen bei persönlichen Problemen, sozialen Konflikten, bei Problemen in der Partnerschaft, bei Erziehungsfragen oder bei Schwierigkeiten im Berufsleben. Zudem bietet die Fachstelle Psychotherapie Hilfe bei seelischen Störungen und psychosomatischen Leidenszuständen an. Beratungsstellen gibt es in: Amstetten, Gmünd, Horn, Krems, Lilienfeld, Mank, Melk, Scheibbs, St. Pölten, Tulln, Waid-
­­hofen/Thaya , Waidhofen/Ybbs und Zwettl.

Was Ihre Spende bewirkt:

  • 20 Euro schenken einer armutsbetroffenen Jungfamilie die Erstausstattung für ihr Baby.
  • 30 Euro helfen Menschen in Notsituationen mit Heizkostenzuschüssen, Energieberatung oder der Reparatur von defekten Heizungen.
  • 1.500 Euro ermöglichen einer Mutter mit Kind eine Wohnungskaution zu stellen, um wieder selbstständig mit ihrem Kind wohnen zu können.

Spenden sind möglich über die Homepage der Caritas St. Pölten (www.caritas-stpoelten.at) oder auf ihr Spendenkonto bei der Raiffeisenbank: IBAN AT28 3258 5000 0007 6000.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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