Helden in der Corona-Krise
Krankenhaus-Seelsorge extrem gefordert

Auch wenn die Situation in den Krankenhäusern derzeit noch eine überschaubar gute ist, gibt es vielerorts offensichtlich bereits erkennbare Folgen durch das Corona-Virus. | Foto: Krankenhausseelsorge/Peter Hartenberger
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  • Auch wenn die Situation in den Krankenhäusern derzeit noch eine überschaubar gute ist, gibt es vielerorts offensichtlich bereits erkennbare Folgen durch das Corona-Virus.
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Neben Ärzten und Pflegern gehören unsere Krankenhaus-Seelsorger zu den Helden der aktuellen Corona-Krise. Sie suchen neue Wege, um Patienten und Krankenhaus-Personal mehr denn je Hoffnung und Trost zu spenden.

Es ist ein sehr einsames Sterben: Menschen, die in diesen Tagen auf den Palliativ-Stationen der Krankenhäuser liegen, haben oft nicht die Möglichkeit, sich persönlich von ihren Angehörigen zu verabschieden. Die strikten Corona-Sicherheitsbestimmungen verhindern das vielerorts.

Die Beschränkungen gelten nicht nur für Sterbende, sondern auch für alle anderen Patienten. In vielen Krankenhäusern darf derzeit etwa der Partner nicht mitkommen, wenn die eigene Frau ein Kind gebärt.

Botschafter der Hoffnung

Die derzeitige Situation stellt unsere Krankenhaus-Seelsorger in der Erzdiözese Wien vor große Herausforderungen, ihr Einsatz ist mehr denn je gefragt: „Wir haben in der Erzdiözese Wien 140 ehrenamtliche Krankenhaus-SeelsorgerInnen – und 140 hauptamtliche. Die Ehrenamtlichen pausieren, doch unsere 140 Hauptamtlichen sind nach wie vor allesamt im Einsatz.

Rund die Hälfte ist jeweils abwechselnd direkt in den Krankenhäusern, und alle anderen für telefonische Seelsorge erreichbar. Dabei müssen wir jetzt noch flexibler und kreativer sein als sonst und wir müssen vermehrt auch neue Wege gehen“, erklärt Christoph Schmitz, der Leiter der Krankenhaus-Seelsorge in der Erzdiözese Wien. „Wir merken, dass wir derzeit stärker gefordert sind als je zuvor. Einerseits sind unsere Seelsorger für die Patienten wichtig, andererseits vermehrt auch für das Krankenhauspersonal.“

In den meisten Krankenhäusern arbeiten Krankenhaus-Seelsorger derzeit abwechselnd in Teams von maximal zwei Personen. Dadurch kommt es zu keinen personellen Überschneidungen. Falls ein Corona-Verdachtsfall auftreten würde, müsste nur das jeweilige Zweier-Team unter Quarantäne gestellt werden, sodass die Seelsorge am Standort auf jeden Fall weiter handlungsfähig bleibt. Christoph Schmitz betont aber, dass derzeit keine Corona-Erkrankung unter den Krankenhaus-Seelsorgern der Erzdiözese Wien zu verzeichnen ist.

Wunsch nach Segen

Auch wenn die Situation in den Krankenhäusern derzeit noch eine überschaubar gute ist, gibt es vielerorts offensichtlich bereits erkennbare Folgen durch das Corona-Virus, erklärt Schmitz: „Krankenhausmitarbeiter haben uns rückgemeldet, dass sie derzeit vermehrt mit Sterbesituationen konfrontiert sind.

Viele Patienten und deren Angehörige haben in solchen Situationen den seelsorglichen Wunsch, dass etwa ein Sterbesegen gefeiert wird. In den Krankenhäusern, in denen entsprechende Schutzkleidung zur Verfügung gestellt wird, übernehmen unsere SeelsorgerInnen diese Aufgabe. Das wird nach wie vor in vielen Standorten ermöglicht.“

Der Leiter der Krankenhaus-Seelsorge bestätigt aber auch, dass in einigen Krankenhäusern mittlerweile nicht einmal mehr Krankenhaus-Seelsorger vorgelassen werden: „Ich habe bereits von zwei Kollegen gehört, dass Pflegepersonen in derartigen Situationen bei unseren SeelsorgerInnen konkret angerufen haben, um sich briefen zu lassen. In beiden Fällen haben sich Sterbende einen Segen gewünscht, unsere SeelsorgerInnen durften aber nicht mehr auf die Station: Deshalb musste das medizinische Personal diesen Segen spenden.

Solche Fälle sind derzeit leider Realität geworden und sie werden auch noch zunehmen. Deswegen stellen wir in einer verkürzen Version den Sterbesegen auch dem Pflegepersonal zur Verfügung“, erklärt Schmitz und ergänzt: „Ich stelle mir das sehr schlimm vor, dass ein Sterbender derzeit allein ist. Deshalb suchen wir nach neuen Wegen, mit denen wir einen Kontakt zu den Angehörigen herstellen können.“

Audio- und Videobotschaften

Dort, wo Seelsorger in den Krankenhäusern nach wie vor zugelassen sind, rufen sie derzeit vermehrt die Angehörigen an und lassen sich am Handy Nachrichten oder Videos schicken, die sie den Patienten vorspielen können. Das spendet den Menschen in ihren letzten Lebensstunden zumindest ein wenig Trost.

Auch abseits von den Palliativ-Stationen versuchen die Seelsorger mehr denn je für Patienten und Personal präsent zu sein: „Eines unserer Seelsorgeteams hat zum Beispiel auf den Stationen Muffins mit einem Gebets-Zettel vorbeibringen lassen. Ein anderes Seelsorgeteam hat allen Mitarbeitern im Krankenhaus einen Brief geschickt, mit Gedanken, Meditationen, Gebeten – mit einer Ermutigung und Anerkennung ihrer Arbeit. Das medizinische Personal leistet derzeit Großartiges und da tut es sicher gut, wenn es mal ein ,Danke’ hört oder liest.“

Außerdem werden Krankenhaus-Seelsorger derzeit auch angefragt, damit sie den Menschen im Eingangsbereich seelsorglich zur Seite stehen: „An den Schleusen im Eingangsbereich spielen sich derzeit wirklich heftige Szenen ab. Man kann sich vorstellen, wie schlimm es ist, wenn eine Schwangere bei der Geburt nicht von ihrem Mann begleitet werden darf, oder wenn jemand eingeliefert wird, aber der Begleiter draußen bleiben muss. Deswegen wurden wir gefragt, ob wir in diesem Schleusenbereich präsent sein können – und das tun wir selbstverständlich“, betont Schmitz.

Die Krise als Chance

Die derzeitige Situation ist für die Seelsorger aber auch eine große Chance, findet Christoph Schmitz, der Leiter der Krankenhaus-Seelsorge in unserer Diözese: „Ich zitiere in diesem Zusammenhang gerne die Aussage: Krankenhäuser sind die Kathedralen des 21. Jahrhunderts. Denn es sind Orte, an denen sich Menschen spirituelle und grundlegende Fragen stellen und Gesprächspartner suchen, um sich diesen Fragen zu stellen.

Es geht um ganz zentrale Fragen:

  • Was trägt mich in meinem Leben?
  • Welche Werte zählen wirklich?
  • Was kommt nach dem Tod?
  • Was bedeutet das, was ich in der Krankheit erlebe, für mein eigenes Leben?

Eines steht fest: Wir brauchen in den Krankenhäusern neben dem Befund auch Zeit für das Empfinden. Genau darin liegt die Chance für uns als Kirche – und wir müssen diese Chance nützen.“

Auch wenn die Situation in den Krankenhäusern derzeit noch eine überschaubar gute ist, gibt es vielerorts offensichtlich bereits erkennbare Folgen durch das Corona-Virus. | Foto: Krankenhausseelsorge/Peter Hartenberger
Christoph Schmitz, Leiter der Krankenhaus-Seelsorge der Erzdiözese Wien | Foto: privat
Autor:

Michael Ausserer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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