Vorweihnachtszeit in der Pandemie - Teil 1
Wie werden wir heuer feiern?

Advent und Weihnachten mit Abstand-Halten und Hygienemaßnahmen zu feiern, wird uns Fantasie und Kreativität abverlangen.  | Foto: iStock/andresr
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  • Advent und Weihnachten mit Abstand-Halten und Hygienemaßnahmen zu feiern, wird uns Fantasie und Kreativität abverlangen.
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Nur noch rund 4 Wochen dann beginnt der Advent. Knapp 8 Wochen dann ist der Hl. Abend. Die Vorfreude darauf ist groß. Eigentlich.

Aber in diesem Jahr mischt sich auch ein seltsames Gefühl in die Vorfreude. Und das hat – ausnahmsweise – nichts damit zu tun, dass die Lebkuchen, Schokonikoläuse und Lichterketten viel zu früh in den Geschäften angeboten werden. Wie wird Weihnachten werden? Wie werden wir feiern? Zuhause? Und in den Pfarren?

Aus diesen Überlegung heraus, starten wir mit dieser Ausgabe des SONNTAG eine 4-teilige Serie, in der wir Stimmen und Gedanken im Hinblick auf den Advent und das Weihnachtsfest 2020 einfangen wollen. Als Anregung, zum Weiterdenken und Überlegen.

Den Anfang macht heute ein Gespräch mit Johannes Kittler – Theologe, Augustiner Chorherr und Autor des Buches „Freude am Leben – Feste feiern im Kirchenjahr“. Mit ihm sprechen wir darüber, was Feste für unser Leben bedeuten, warum sie besonders in Krisenzeiten wichtig sind und welchen „Weihnachtsmoment“ wir uns trotz allem nicht nehmen lassen sollten.

Den Sinn im Leben sichtbar machen
„Feste zu feiern gehört ganz wesentlich zum Mensch-Sein dazu. Und: Feste wie Advent und Weihnachten können den Sinn im Leben sichtbar machen.“ Davon ist Johannes Kittler – Theologe, Augustiner Chorherr, lange Jahre Pfarrer in Maria Hietzing und Autor des Buches „Freude am Leben – Feste feiern im Kirchenjahr“ (siehe Buchtipp) überzeugt.

Feste, so Johannes Kittler, können Menschen in ihrem Weg bestärken oder sie neugierig machen, auf die Suche nach dem zu gehen, was das Leben gut, reich und inhaltsvoll macht – unabhängig von Alltagsproblemen und Krisen.

„Mit dem Feiern von Festen unterbrechen wir den Alltag. Wir vergewissern uns, dass wir den Sinn in unserem Leben nicht verloren haben und können uns nach dem Fest in ganz anderer Art und Weise wieder dem Alltag zuwenden, ihn mit neuer Kraft bestehen. In jedem Fest feiern wir, dass unser Leben sinnvoll ist – und das trotz aller Probleme, die diesen Sinn immer wieder in Frage stellen. Und wir werden selbst Zeugen für diesen Sinn. Deshalb dürfen wir nicht darauf verzichten Feste zu feiern, wollen wir uns nicht selbst aufgeben.“

Fantasie und Flexibilität
Aber was bedeutet das in Zeiten wie diesen, in denen wir von einer restriktiven Maßnahme in die Nächste schlittern? „Dieses Jahr ist Weihnachten natürlich eine besondere Herausforderung“, sagt Johannes Kittler. Corona verändere die Kirche, verändere uns – vielleicht sogar mehr als wir denken.

Mehr denn je sei heuer Fantasie gefragt und verschiedene Pläne für verschiedene Szenarien. Außerdem ein maximales Maß an Flexibilität und wohl auch der Mut zur Veränderung ein Fest wie Weihnachten einmal ganz anders zu feiern – das gelte für den öffentlichen Bereich für Gottesdienste und Krippenfeiern genauso wie für die privaten Familienfeiern.

„Ein Fest ohne Sozialkontakte zu feiern, ist eigentlich kaum möglich“, sagt Johannes Kittler: „Aber es braucht heuer in besonderer Art und Weise vorsichtiges Verhalten bei persönlichen Begegnungen. Im Grunde heißt das: Sozialkontakte ermöglichen, Körperkontakte vermeiden.

Schließlich ist es auch ein Zeichen von Wertschätzung, wenn ich Maßnahmen ergreife, um mich selbst und andere nicht zu gefährden. Dass das nicht leicht sein wird und auch alles andere als das Ideale ist und uns alles abverlangt, ist keine Frage“, sagt Johannes Kittler. Aber das alles kann wohl auch mit Abstand-Halten, Hygieneregeln-Einhalten, vielleicht sogar mit Maske-Tragen funktionieren.

„Wir können Medien – von Zoom über Videotelefonie, Livestreams etc. – nutzen, uns vielleicht davor in eine Art freiwillige Quarantäne begeben, mehrere Feiern in Klein- und Kleinstgruppen machen oder sogar im Freien feiern. Ich bin davon überzeugt, dass eine Einschränkung der körperlichen Kontakte nicht gleichbedeutend damit sein muss, unsere Sozialkontakte komplett aufzugeben“, sagt Johannes Kittler: „Genau genommen würden wir Christen sonst auch das, was wir zu Weihnachten feiern, zerstören.“

Gott begegnen
Für uns Christen habe Weihnachten ja vor allem auch eine tiefe theologische Bedeutung, die uns vielleicht auch in Zeiten der Krise helfen kann und die wir uns auf keinen Fall, von nichts und niemandem nehmen lassen sollten. Und die wir uns besonders in diesem Jahr noch eindringlicher ins Gedächtnis rufen sollten, als sonst. Von der wir uns inspirieren und leiten lassen sollten.

„In der Feier christlicher Feste begegnen wir Gott. Und nicht nur das: Christliche Feste zeigen auch, dass Gott uns nahe ist, beziehungsweise nahe sein will“, sagt Johannes Kittler. Christliche Feste seien damit eben auch mehr als ein Familientreffen oder Freizeitgestaltung.

„Zu Weihnachten kommt dieser Aspekt im Grunde ganz besonders deutlich zum Tragen: Wir feiern die Zuwendung Gottes zu den Menschen. Gott ist nicht fern, weit weg, irgendwo außerhalb unserer Welt, von wo er bei Bedarf bisweilen eingreift. Er ist bei uns“, sagt Johannes Kittler: „Unser Leben ist sinnvoll – und das ganz unabhängig von noch so schweren Krisen und Alltagsproblemen. Diesen Sinn können wir finden, indem ich mich den Menschen zuwende, mich auf Beziehungen einlasse, auf das Leben, auf diese Welt so wie sie ist.

In der Sprache des Evangelisten Johannes ausgedrückt: Der Logos – also das Wort, der Sinnzusammenhang – ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut.“

Mit Tiefgang feiern
Einmal mehr gilt wohl deshalb heuer: Es kommt darauf an, was man daraus macht. „Die große Voraussetzung, um Feste mit Tiefgang zu feiern, Feste, bei denen Sinn erkennbar und erlebbar wird, ist immer eine Bereitschaft mitzutun – mitzufeiern – egal ob wir uns mitten in einer Pandemie befinden oder nicht“, sagt Johannes Kittler: „Ich kann den Feiercharakter eines Festes durch mein Mittun immer verstärken. Oder ich kann nicht mittun und dagegen arbeiten.“

Heuer wird Mittun wahrscheinlich heißen: Ich versuche mich an dem zu freuen, was möglich ist. Mache möglich, was geht. „Mutig sein mit Vernunft. Wir können dafür Wege finden. Davon bin ich überzeugt.“

Wie wird Weihnachten heuer zum Fest?
In den kommenden Ausgaben werden wir vom SONNTAG versuchen einen Beitrag zu diesem „Mutig sein, aber mit Vernunft“ zu leisten. Wir werden uns umhören und nachfragen, Gedankenexperimente starten und ganz konkrete Ideen zusammentragen, wie Advent und Weihnachten heuer zum Fest werden kann – zu Hause, im Freundeskreis, in den Pfarren.

Und wir hoffen, dass vieles davon helfen wird, den Advent und Weihnachten auch heuer zu dem zu machen, was sie für die meisten von uns sind: Feste bzw. Festzeiten im Jahreskreis, auf die wir uns unendlich freuen, die uns unendlich viel bedeuten und uns Halt und Orientierung im Leben geben.

Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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