Taizé: Einfach Leben | Teil 08
Lieben wir mit Hoffnung

Taizé-Fenster. | Foto: Foto: Sabine Leutenegger
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Den Christen ist ein Geheimnis der Hoffnung anvertraut, zu dem untrennbar das Versprechen eines Sinnes gehört. Die Welt hat einen Sinn, unser Leben hat einen Sinn, Lieben hat einen Sinn.

Lieben wir christusgemäß, lieben wir mit Hoffnung. Das heißt, unsere Liebe kann keine traurige Liebe sein. Ihre Quelle ist nicht die stoische Ruhe, sondern der Glaube an die Auferstehung, das heißt der Sieg der Liebe. Der Glaube entsteht oft aus einem aufblitzenden Sinn, der sich zur Hoffnung entfaltet. Ohne Christen zu heißen, lieben andere Menschen manchmal mit einer ungesagten, anscheinend weder benannten noch begründeten Hoffnung.

Wir wissen, dass etwas vom Geheimnis des Glaubens über die Kirche hinausgeht und teilweise die Welt bewohnt. Olivier Clément schreibt, dass die Welt etwas vom Sinn der Person bewahrt, den Sinn der Auferstehung aber verloren hat. Mir scheint, dass diese Bemerkung einen Teil des heutigen Unbehagens erklärt. Den Sinn der Person (der vom christlichen Glauben kommt) bewahrt zu haben heißt wissen, dass jeder Mensch einzigartig und unwiederholbar ist. Aber den Sinn der Auferstehung zu verlieren heißt noch mehr daran zu leiden, dass jeder Mensch unersetzlich ist.

Dostojewski sieht im Christen der Zukunft vor allem jemand, der in der Welt den Sinn der Auferstehung bewahrt. Er spielt nicht das Sichtbare gegen das Unsichtbare aus. Er ist das Salz der Erde. Er weiß, dass das Salz die Speise nicht ersetzt, sondern ihren Geschmack hervorhebt. Ebenso setzt ein Christ die gegenwärtige Welt nicht der kommenden entgegen. Am Ende seines großen Romans „Die Brüder Karamasow“ schildert Dostojewski ein Gespräch eines der Brüder Karamasow, des Zeugen der Auferstehung, mit Kindern, die vor dem Grab eines anderen Kindes stehen.
„Karamasow!“ rief plötzlich Kolja. „Ist es wahr, was die Religion sagt, dass wir von den Toten auferstehen und uns alle wieder sehen werden, alle, auch Iljuschetschka (das soeben begrabene Kind)?“
„Bestimmt werden wir auferstehen, bestimmt werden wir uns wieder sehen, und freudig werden wir uns gegenseitig alles erzählen, was wir erlebt haben“, antwortete halb lachend, halb begeistert Aljoscha.
„Ach, wie wird das schön sein!“ entfuhr es Kolja unwillkürlich.
Der Sinn der Auferstehung ist die Einsicht, dass durch Gottes Geschenk in Jesus Christus unsere Lieben ewig sind. Wir sind dazu berufen, dies ahnen zu lassen, damit alle Menschen wie Kolja ausrufen können: „Ach, wie wird das schön sein!“

Als Jugendlicher in einer ziemlich abgelegenen Gegend im Norden Kanadas fragte ich mich, ob es eine echte Grundlage für die Freude gibt? Oder ob die Christen einfach Optimisten seien, die ein wenig übertreiben? In der Neuentdeckung des Glaubens habe ich begriffen, welcher Raum an Freiheit und Freude sich mit der Auferstehung Christi auftut. Er ist von den Toten auferstanden. Der Tod ist besiegt. Ich habe verstanden, dass Freude und Gemeinschaft möglich sind. Ich glaube, dass es diese Entdeckung war, die mich auf den Weg und schließlich nach Taizé gebracht hat. „Hier atmet man einen Hauch von Auferstehung“, hat uns eines Tages ein rumänischer Priester gesagt, der mehrere Jahre unter dem totalitären Regime im Gefängnis war.

Taizé-Fenster. | Foto: Foto: Sabine Leutenegger
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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