Einfach Glauben | Teil 04
Danken und denken gehören zusammen

In der Haltung der Dankbarkeit werden kleine Dinge auch ganz groß. | Foto: Fotolia
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Die menschliche Grundhaltung der Dankbarkeit schützt davor, alles als selbstverständlich anzusehen. Die Dankbarkeit bewahrt vor Oberflächlichkeit und maßlosen Forderungen.

Die Grundhaltung der Dankbarkeit ist nicht gerade eine Tugend unserer Zeit und Gesellschaft, obwohl sie für einen religiösen Menschen fundamental ist. Wir haben seit dem Zweiten Weltkrieg die besten Zeiten hinter uns, die es jemals gegeben hat. Obwohl bis heute sozial Bedrängte unter uns leben, ist es noch nie so vielen Menschen so gut gegangen wie in dieser Epoche. Noch nie haben wir so lange Frieden erlebt, war das soziale Netz so dicht und die medizinische Versorgung so gut wie heute. Ich spreche von unserem Lebensraum, in dem das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen das der armen Landstriche der Erde um ein Zigfaches übersteigt.

Alles wird selbstverständlich
Aber der Wohlstand bringt eine Gefahr mit sich, weil er still und leise tausend gute Dinge in Selbstverständlichkeiten verwandelt. Menschen meines Jahrganges werden sich an Zeiten erinnern, da ein Laib Brot, ein Stück Butter, eine Nacht ohne Fliegeralarm oder ein gutes Bett Kostbarkeiten waren, von denen man geträumt hat. Diese Zeiten sind längst vorbei, der Hinweis darauf löst bei jüngeren Generationen kein Echo aus. Aber wenn ich an das Wasser denke, das etwa Familien in Albanien zur Verfügung steht, und ich damit die sieben Ausläufe mit reinstem Quellwasser in meiner Wohnung vergleiche, dann wird mir bewusst, dass die größten Kostbarkeiten in unserer Welt zu alltäglichen Selbstverständlichkeiten werden.

Oberflächlich geworden
In unserer „Zivilisation der Oberflächlichkeit“ denken wir nicht nach. Wir nehmen hin, greifen zu, genießen. Es ist kein Zufall, dass in der deutschen Sprache die Worte „denken“ und „danken“ dieselbe Wurzel haben. Man könnte auch so formulieren: Die Undankbarkeit ist das Laster der Gedankenlosen. Ich habe einmal in einer Volksschulklasse im Religionsunterricht ein paar Tafeln Schokolade aufs Pult gelegt und versprochen, dass ich sie in der Pause verteilen werde. Angefangen beim Kakao, der Milch und dem Zucker müssten wir aber zuerst nachdenken, welchen Menschen wir danken müssten, damit wir diese Schokolade essen können. Die Kinder begannen mit den Plantagenarbeitern in Südamerika, zählten die Verpacker, Lastwagenfahrer, Hafenarbeiter, Matrosen usw. bis ins Uferlose auf. Hinter den Schokoladetafeln sind ganze Welten von teilweise sehr schlecht bezahlter menschlicher Arbeit aufgestiegen. Und über die tausend Hände und Mühen ist der Gedanke an den aufgetaucht, der hinter allem Sein und Tun steht.

Wir fordern immer mehr
Unsere Demokratie ist zu bejahen. Aber ihre Mechanismen manipulieren uns dazu, dass wir ständig mehr fordern. Alles Bestehende gilt als defizitär und viel zu wenig. Wenn aber bei denen, die es nicht nötig hätten, die Grundtendenz „mehr“ und „noch mehr“ lautet, ist für Dankbarkeit wenig Raum.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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