Aus meiner Sicht - Katharina Grager
Herzfrage
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Aus seinen grünen Augen blickt er mich müde an. Er zittert. Sein semmelfarbenes Fell ist stumpf. Am Kopf verkrustetes Blut. Schweres Schädel-Hirn-Trauma lautet die Diagnose der Tierärztin. Bruno haben wir den unkastrierten Streunerkater genannt, der zwei Tage bei uns zur Pflege war. Sein Zustand verschlechterte sich rapide. Er war nicht mehr zu retten.
Davor hatte er sein Leben zwischen Einfamilienhäusern in einem südoststeirischen Örtchen verbracht. Ein paar sanfte Seelen hatten sich seiner erbarmt und ihn gefüttert. Einer Mindestpensionistin ist er besonders zugegangen. Sie hat ihn eingepackt und zur Tierärztin bringen lassen, als er blutüberströmt da stand.
Wie er sich die Verletzung zugezogen haben könnte? Durch Menschenhand? Nein, in der Nachbarschaft war er niemandem ein Dorn im Auge, so die Antwort auf meine Frage, ob jemand ihm Böses wollte. Wir werden es nie erfahren. Bruno musste nicht alleine sterben, weil jemand hingesehen und gehandelt hat. Obwohl das Geldbörserl die Kosten nicht hätte stemmen können.
In meinem Einsatz im Tierschutz bin ich zu einer Überzeugung gekommen, die sich schon öfter bewahrheitet hat: Man hat nicht ein Herz für Tiere und eines für Menschen – entweder man hat eines, oder man hat keines.
Katharina Grager, Redaktionsleiterin
katharina.grager@sonntagsblatt.at
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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