Wort zum Sonntag von P. Jeremia Eisenbauer OSB
Jesu Umgang mit dem Unrecht in der Welt

Wie leicht fällt das Urteil über andere, wenn sie nicht in die gute Gesellschaft passen, fremd sind oder obdachlos. Was berechtigt dazu? Für Jesus gilt ausnahmslos, den Nächsten zu lieben „wie dich selbst“. | Foto: Halfpoint - stock.adobe.com
  • Wie leicht fällt das Urteil über andere, wenn sie nicht in die gute Gesellschaft passen, fremd sind oder obdachlos. Was berechtigt dazu? Für Jesus gilt ausnahmslos, den Nächsten zu lieben „wie dich selbst“.
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Ich glaube, das gehört zu den stärksten Zumutungen für einen gläubigen Menschen, der nach bestem Wissen und Gewissen leben möchte, dass Gott „seine Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten, und es regnen lässt über Gerechte und Ungerechte“. Und unsere Medien berichten fast täglich über Milliarden, die sich skrupellose Diktatoren oder Spekulanten auf die Seite geschafft haben, und die nie vor einen Richter kommen, aber ein harmloser Obdachtsloser wird wegen eines Ladendiebstahls verurteilt.

Ohnmacht angesichts einer ungerechen Welt
Die Welt ist ungerecht und war immer ungerecht. Das war immer schwer zu ertragen, und weil wir heute ja von den Medien über alles infor­miert werden, ist es in unserer Zeit besonders aufregend und empörend. Das Gefühl der Ohnmacht ist besonders oft zu spüren.
Vor dem Hintergrund solch anwachsenden Grolls in uns ist es nicht leicht zu begreifen, was Jesus in seiner Bergpredigt von uns fordert: dem, der dir etwas wegnimmt, noch etwas dazuzugeben, oder dem Gewalttäter keinen Widerstand zu leisten. Das ist schon schwer anzuhören und noch schwerer umzusetzen.
Man geht allerdings am Sinn der Worte Jesu vorbei, wenn man seine Aufforderung zur Gewaltlosigkeit als Aufforderung zur Untätigkeit in Konflikten versteht oder als Verbot, sich zu verteidigen, oder als Anleitung zur Opferlamm-Mentalität in Notwehrsituationen. Jesus gibt keine Rezepte, die uns für alle Lebenssituationen genau sagen, was wir tun müssen. Aber eines ist aus vielen Beobachtungen von Konflikten und Kriegen im Kleinen wie auch im Großen schon sehr klar zu erkennen: Rache und Vergeltung lösen keine Probleme und machen keinen Menschen besser. Aus diesem Schema auszubrechen, wo jeder Schlag mit einem Gegenschlag beantwortet wird, und stattdessen über intelligente Konfliktlösungen nachzudenken, Böses durch kreative Gegenkonzepte zu überwinden, wenn das zu einem Leitfaden in christlichen Gemeinden, in christlich zivilisierten Ländern würde, könnte manches besser werden in unserer Welt.

Vertrauen, dass Gott das Leben vollendet
Jesus war kein naiver Mensch und er war vor allem kein Feigling und er hat kraftvoll Böses beim Namen genannt, ist dagegen aufgetreten. Ich denke da z. B. an seinen Auftritt, als er die Händler mit einer Geißel aus dem Tempel getrieben hat, das war keineswegs ein gewaltloses Vorgehen, das uns da im Evangelium berichtet wird (Joh 2,13-16). Jesus ist aber nie als Diktator aufgetreten, dem es um ein Durchsetzen von persönlichen Machtansprüchen ging, um als Sieger über anderen zu stehen. Und vor allem war Jesus von dem großen Vertrauen erfüllt, dass sein Leben trotz aller Bedrohung und Gefährdung, trotz vielfacher Vergeblichkeit seiner Bemühungen und trotz seiner Ohnmacht am Ende seines Lebens von Gott gehalten wird, und dass Gott vollenden kann, was er selber nicht mehr vollführen konnte. Und das hat ihn befähigt, seinen Weg mutig zu gehen, ohne etwas erzwingen zu wollen oder einen Gegner demütigen oder vernichten zu wollen.
Das sind die Leitlinien, nach denen es sich auch heute noch lohnt, wie Jesus ein Ziel vor Augen zu haben, das gut und sinnvoll ist, auch wenn wir es nicht mit eigenen Kräften erreichen und immer wieder scheitern.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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