5.Fastensonntag: Dechant Rupert Grill
Am Kreuz zeigt sich die Herrlichkeit des Namen Gottes

Das Foto stammt aus der Pfarrkirche Maria Anzbach: ein Fastentuch mit österlichem Lichtblick.  | Foto: Leopold Schlager
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Meine Stunde kommt noch!“ So hat ein Lehrer in der HTL zu unserer Klasse gesagt, wenn es undiszipliniert zugegangen ist. Er meinte damit die Stunde vom nächsten Test bzw. die Stunde der Notengebung am Ende des Schuljahres. Es ging also um die Stunde, in der ER das letzte Wort hat oder auch um die Stunde, in der sich zeigt, was wirklich Sache ist.

„Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, sagt Jesus am Anfang des Johannesevangeliums, als bei der Hochzeit zu Kana der Wein ausgegangen ist. Heute – unmittelbar nach dem Einzug in Jerusalem – betont er, dass die Stunde der Verherrlichung des Menschensohnes gekommen ist. Dabei ist mit „Verherrlichung“ nicht menschliche Lobhudelei oder medialer Starkult gemeint. Die Rede von Gottes Herrlichkeit beschreibt, dass Gottes Größe dem Menschen in erfahrbarer Weise begegnet, wobei der Mensch es nie ganz erfassen kann.
Die Stunde der Verherrlichung meint also ein Sichtbar- und Erfahrbarwerden Gottes und seines himmlischen Bereichs für die Menschen. In den anderen drei Evangelien wird uns von der Verklärung Jesu am Berg berichtet, als eine Begegnung, in der Petrus, Jakobus und Johannes schon die Herrlichkeit des auferstandenen Christus schauen.

Für Johannes ist bereits die Erhöhung am Kreuz die Stunde der Verherrlichung. Im Unterschied zu den anderen Evangelien erscheint Jesus bei ihm nicht so sehr als Leidender, Hilfloser und Gottverlassener am Kreuz, sondern vor allem als souveräner Offenbarer der Liebe Gottes, der alle an sich zieht, wenn er von der Erde erhöht ist.

Kreuz steht für Überwindung von Hass und Tod

Das Kreuz steht nicht so sehr für das Leiden, als vielmehr für die Überwindung von Hass und Tod. Es ist ein Sieges- und Jubelzeichen, weil es als Durchgang zum Ostersonntag verstanden wird.

Dem entsprechend wurden im Frühmittelalter die sogenannten Gemmenkreuze als Zeichen des Triumphs mit Edelsteinen und Perlen verziert. Hier wurzelt im Übrigen der Brauch, vom 5. Fastensonntag bis zum Karfreitag die Kreuze zu verhüllen. Es sollte nicht der Leidende und Gekreuzigte verhüllt werden, was in der Zeit des besonderen Bedenkens seines Leidens wenig Sinn ergibt, sondern der Triumph und die Verherrlichung ist durch den Blick auf den Leidenden zwischenzeitlich verhüllt.

Am Kreuz zeigt sich die Herrlichkeit des Namens Gottes, also alles, wofür der Name Gott steht und die Herrlichkeit Jesu, also alles, wofür Jesus gelebt hat. Dabei ist der Glaube an die Auferweckung Jesu durch den Vater vorausgesetzt. Indem Jesus den Tod eines Schwerverbrechers stirbt, zeigt sich für seine Zeitgenossen zunächst, dass sein Anspruch, im Namen Gottes geredet zu haben, nicht glaubwürdig ist. Dies ändert sich erst durch die Auferweckung, die zugleich die Bestätigung seiner Glaubwürdigkeit durch Gott ist.

Größe der Liebe Gottes

In Tod und Auferweckung zeigt sich damit, wie herrlich groß die Liebe Gottes ist. Jesus ist bereit, die Stunde auf sich zu nehmen, in der die verkündete Liebe zu den Menschen auch dann noch lebt, wenn sie ihm das Leben kostet. In der Auferweckung zeigt sich die Treue und Macht der Liebe Gottes, deren lebensschenkende Kraft auch durch den Tod nicht ausgelöscht werden kann.

Indem Johannes den Karfreitag mit der Brille von Ostern sieht, kann er schon in der Erhöhung am Kreuz die Stunde der Verherrlichung Gottes feiern.

Wenn wir in den kommenden Wochen in der Liturgie wieder Jesu Leiden, Tod und Auferstehung feiern, dann verbindet sich unser Beten mit eigenen und fremden Leid- und Todeserfahrungen. Dabei brauchen wir mitunter das Aushalten der Hoffnungslosigkeit von Karfreitag und Karsamstag genauso, wie die hoffnungsvolle Perspektive, dass jede Situation zur Stunde der liebende Herrlichkeit Gottes werden kann.

Die Sonntagspredigten von Pfarrer Rupert Grill finden Sie auch unter
www.youtube.com/@donruperto.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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