Kapelle in Gradnitz (Zwettl)
Penibel aufgelistet: Die Kosten einer Kapelle

Foto: Stadtgemeinde Zwettl

1725 fassten der „Richter und die ganze Gemainde des dem löblichen Stüfft und Closter Zwettl angehörigen Dorfes Grädniz“ den Beschluss, „zur grösseren Ehre Gottes eine Creuz Säullen oder [ein] kleines Kapellerl mit einem klainen Thürml und Glöckhl“ in ihrem Dorf zu erbauen. Dazu unterschrieben am 28. Juli 1725 der Gradnitzer Dorfrichter Gregor Kummerer und zwei Geschworene im Namen der Dorfbevölkerung einen Revers, mit dem sie gelobten und sich verbürgten, ihre Kapelle stets in gutem Zustand zu erhalten sowie ihre Verpflichtungen gegenüber der Pfarrkirche in Zwettl nicht zu vernachlässigen. Als besondere Beweggründe für den Bau der Kapelle gaben sie an, dass dadurch die an Sonn- und Feiertagen nachmittags und abends „müessig gehendte Jugent ohne Versäumung des ordinari Gottesdienst den hl. Roßencranz“ beten könne und dass man die Glocke zur Abwendung von Unwettern verwenden würde.

Die Bauleitung des an einem Wanderweg und im Pfarrgebiet von Zwettl-Stadt gelegenen Bauwerks hatte 1726 der Zwettler Baumeister Matthias Atzmüller, der zur selben Zeit mit der Errichtung des Turms der Zwettler Stiftskirche beschäftigt war. Er sollte für seine Tätigkeit in Gradnitz 60 Gulden bekommen.

Als der Bau abgeschlossen war, verfasste die Dorfgemeinschaft Gradnitz am 17. Mai 1727 eine Abrechnung „außgelegter Bau-Unkhosten“. Das gesamte Bauwerk kam auf 259 Gulden 15 Kreuzer. Die Zimmermannsarbeiten führte Johannes Mößner aus, er bekam dafür 25 Gulden und 48 Kreuzer. Für die Dachdeckung verbrauchte man 5.300 Schindeln, die acht Gulden kos­teten. Der Tischler verfertigte neben vier Fenstern das Postament für den Altar und 21 Kirchenstühle, von denen einer auf 30 Kreuzer kam. 1908, zum 60-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs, ersetzte man den Holzturm durch einen gemauerten. Die Arbeiter, die beim Kapellenbau beschäftigt waren, bekamen 18 Gulden und 21 Kreuzer. Damals verdiente ein Tagwerker in Zwettl pro Tag 12 Kreuzer; 1 Paar Schuhe kostete 1 Gulden 15 Kreuzer; 1 Pfund (= 0,56 kg) Rindfleisch kostete 3 bis 4 Kreuzer (1 Gulden = 60 Kreuzer). Sowohl der Dechant als auch der Zwettler Pfarrvikar besuchten noch während der Bauarbeiten die Kapelle. Der Dechant bekam dafür und auch für die Segnung des Gebäudes die stattliche Summe von 3 Gulden 36 Kreuzer, der Pfarrer nur 34 Kreuzer.

„Kapellen – Marterl – Kreuze“ ist eine Kirche bunt-Reihe, in der Geschichten von Kleindenkmälern vorgestellt werden.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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