Osterinterview mit Bischof Alois Schwarz
"Ostern bedeutet, das Leben zu feiern"

Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz | Foto: Diözese St. Pölten/Moritz Schnell
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Im großen Oster-Interview spricht Bischof Alois Schwarz u. a. von den persönlichen „Karfreitags-Geschichten” der Menschen und wie die Kirche hier helfen kann; er weist auf den Mehrwert einer bewusst erlebten Fastenzeit hin und des Aushaltens der Stille am Karsamstag. Die Osterzeit könne den Menschen Hoffnung und Zuversicht schenken.

Sehr geehrter Herr Bischof, wie erklären Sie einem Menschen ohne kirchliche Bindung, dass Jesus auferstanden ist?

Bischof Alois Schwarz: Das ist nicht eine Sache der Erklärung, sondern eine Sache des Glauben-Könnens. Ich kann niemandem erklären, dass Jesus auferstanden ist, aber ich kann ihm von meiner tiefen, inneren Überzeugung erzählen, dass Jesus der Sohn Gottes ist und von den Toten auferstanden ist. Für mich macht das Sinn, weil unser Leben ansonsten eine begrenzte Angelegenheit wäre. Der Glaube an ein Leben nach dem Tod, das mit Jesus uns Menschen geschenkt wurde, lässt mich das Leben aus der Perspektive der Hoffnung wahrnehmen. Diesen Glauben wünsche ich den Menschen.

„O wahrhaft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet!“, heißt es im Exultet, dem großen Osterlob der Kirche. Welche Bedeutung schenken Sie diesem Satz in unserer Zeit?

Bischof Schwarz: Dieser hoffnungsfrohe Satz wird am Beginn der Liturgie am Karsamstag verkündet. Da ist die Kirche noch ganz dunkel, noch ehe wir die Geschichten aus der altbundlichen Bibel hören. Es wird uns Menschen die Versöhnung verheißen, eine Versöhnung mit unserem Gott, der uns so sehr liebt und uns verzeiht, egal wie tief wir uns in das Böse verstrickt haben. Das Einzige, was wir dazu beitragen können, ist unser Wille zur Versöhnung mit den Menschen und dadurch mit Gott. Im kleinen Schein der Osterkerze und in den vielen Lichtern der Gläubigen im Kirchenraum wird diese Versöhnung anschaulich wahrgenommen. Gott durchbricht mit seiner Liebe die Finsternis und führt uns hin in sein Licht, wenn wir es wollen und zulassen.

Immer wieder hören wir, dass die Gläubigen der Kirche fernbleiben. Würden Sie sagen, dass die Religiosität in der heutigen Zeit verloren gegangen ist?

Bischof Schwarz: Nein, ich denke nicht, dass die Religiosität in der heutigen Zeit verloren gegangen ist. Allerdings denke ich, dass viele Menschen sich ihre eigene Religiosität angeeignet haben. Ich vergleiche das mit dem Kreislauf des Wassers. Ein Tropfen, der auf Reise geht, ist nicht verloren. Im Kreislauf des Wassers gehört er zu unserer Erde. Genauso ist es mit der Religiosität. Sie geht nicht verloren, sondern findet immer wieder neue Wege, ans Licht zu kommen. Den Leserinnen und Lesern möchte ich sagen, dass wir in unserer Religion viel Platz haben, die Religiosität zu erleben und zu leben. Unsere christlich-katholische Religion schenkt Liebe, Freiheit, Versöhnung und Frieden, die Nahrung, die unsere Seele braucht, um den Herausforderungen des Alltags gerecht werden zu können.

Auch heute sind die Menschen mit Krisen, hohen Kosten, Ängsten und Sorgen … konfrontiert. Wie passt das Feiern von Ostern dazu? Wodurch hilft die Kirche?

Bischof Schwarz: Das Gedenken an den Tod und die Auferstehung Jesu begehen die Christinnen und Christen in diese Alltagswirklichkeit hinein. Ja, es gibt viele Menschen, die derzeit große Sorgen haben, sei es finanziell, gesundheitlich oder persönlich. Es gibt die persönlichen Karfreitags-Geschichten der Menschen und deshalb ist es so wichtig, dass die Kirche das Gedenken an das Leiden Jesu auch thematisiert. Wir Menschen erleben im leidenden Christus einen, der uns in unseren persönlichen Leidensgeschichten nicht alleine lässt. Er ist es, der auch in den dunklen Tagen unseres Lebens bei uns ist, wenn wir daran glauben. Das schafft eine ungeheure Erleichterung und gibt Hoffnung und Kraft. Die Kirche bietet aber auch Unterstützung, wenn Menschen finanziell nicht mehr weiter wissen. Unzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hier in der Cartias eine großartige Arbeit. Dafür bin ich sehr dankbar.

Welche besonderen Tage erleben die Christinnen und Christen rund ums Osterfest?

Bischof Schwarz: Die Heilige Woche, oder auch Karwoche genannt, beginnt mit dem Palmsonntag. Diese Feier ist aufgeteilt in zwei große Themenschwerpunkte. Einerseits erinnern wir uns an die Jubelrufe für Jesus und zeigen dies mit unseren Palmzweigen, andererseits hören wir die Leidensgeschichte Jesu. Hier wird der Bogen gespannt zwischen der Fröhlichkeit und der Trauer. Heute würde man sagen, es ist eine emotionale Hochschaubahn. Am Gründonnerstag feiern wir die Erinnerung an das letzte gemeinsame Mahl, das Jesus mit seinen Freunden zu sich genommen hat. Hier geht es um das Thema der Gemeinschaft und wie Jesus auch mit uns diese Gemeinschaft in der Feier der Heiligen Eucharistie leben möchte. Der Karfreitag ist der Gedenktag an Jesu Leiden und Sterben. Das hilft uns zu verstehen, dass auch unser persönliches Leid einmal erlöst wird. Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe, die am Abend mit der Feier der Osternacht endet. Schließlich wird dann am Ostersonntag die Auferstehung Jesu, das Leben also, gefeiert. Es wird gefeiert, dass nicht der Tod, sondern das Leben unser Ziel ist.

Viele Menschen nennen die Karwoche bereits Osterwoche. Warum, denken Sie, wird hier nicht mehr unterschieden?

Bischof Schwarz: Wir leben heute in einer Zeit, in der wir die Zukunft vorwegnehmen wollen. Dadurch verpassen wir aber den Augenblick. Wir kennen das auch im Advent. Der Christbaum, ein Symbol der Weihnachtszeit, wird schon Mitte November aufgestellt. Der Strauch mit den Ostereiern, ein Symbol für das Leben, wird bereits nach dem Fasching hergerichtet. Wir überspringen also die Vorbereitungszeiten, wie den Advent und die Fastenzeit, um uns nicht mit dem beschäftigen zu müssen, was vielleicht unbequem ist und uns zur Veränderung anregen möchte. Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir uns dem Leiden und Sterben nicht verbunden fühlen und es deshalb lieber überspringen wollen, als uns diesem Thema zu stellen.
In vielen Familien wird das Osterfest bereits auf den Karsamstag vorverlagert.

Was aber ist die Botschaft des Karsamstags?

Bischof Schwarz: Der Karsamstag ist der Tag, an dem wir Menschen die Todesstille erleben, soferne wir uns darauf einlassen. Das Aushalten dieser Stille ist aber nicht leicht. Ich denke da an Familien mit kleinen Kindern. Viele Eltern werden mit Fragen durchlöchert: Wann kommt denn jetzt der Osterhase? Ich denke auch an Jugendliche, die sich gerne am Samstag treffen. Es gibt keine Schule, warum also die Todesstille aushalten, wo doch die Feier einer Party viel attraktiver ist. Es gibt viele Gründe, warum der Karsamstag bereits zum vorgezogenen Ostersonntag werden kann. Ich kenne aber auch jene Menschen, die sich einlassen auf die Stille dieses Tages, die diesen Tag beispielsweise mit einem Beichtgespräch erleben wollen und daraus die persönliche Stille und den Rückzug erleben können. Die Botschaft des Karsamstags lautet: Mensch halte aus, was ist, deinen Schmerz und dein Leid und vertraue darauf, dass Gott dich ins Leben führen will.

Warum brauchen wir gerade heute das bewusste Erleben der Osterzeit? Was ist Ihre persönliche Herangehensweise?

Bischof Schwarz: Wer die Fastenzeit bewusst erlebt hat, kann sich nun über 50 Tage Osterzeit freuen. Die Osterzeit dauert länger als die Fastenzeit und endet zu Pfingsten. Wir erleben die Osterzeit in der Verbindung mit dem Frühling. Die Natur als physische Erscheinungsform und die Osterzeit als seelisch-geistige Komponente wirken ineinander und schenken dem Menschen Hoffnung und Zuversicht. Ich denke, unsere Zeit braucht das bewusste Erleben solcher Zeiten – mehr denn je.

In der Diözese St. Pölten hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, wenn man da z. B. an die Umstrukturierungen denkt. Hat das auch etwas mit Ostern zu tun?

Bischof Schwarz: Ja. Denn Ostern ist immer auch das Fest der Veränderung. Neues Leben bricht an. In der Natur können wir das im Frühling beobachten. Jeder Baum, dessen Knospen wieder neu aufbrechen, lehrt uns, dass ein Wechsel der Jahreszeit bevorsteht. Umstrukturierungen sind wichtige Prozesse, mit denen wir auf die Veränderungen der Gesellschaft und unserer Zeit reagieren. Dazu braucht es natürlich die Bereitschaft aller Beteiligten.

Lieber Herr Bischof, was bedeutet Ihnen persönlich Ostern?

Bischof Schwarz: Für mich bedeutet es, das Leben zu feiern. Diese Freude und Hoffnung, die mir dabei geschenkt wird, versuche ich dann in den Alltag einzubringen, damit auch andere Menschen daran teilhaben können.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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