Caritasdirektor Ziselsberger
Unsere Hilfe ist sinnvoll

Caritasdirektor Hannes Ziselsberger | Foto: Caritas

Dieser Ausgabe von „Kirche bunt“ liegt ein Erlagschein zur Augustsammlung der Caritas bei. In seinem Kommentar bebegründet Caritasdirektor Hannes Ziselsberger, warum sich die Caritas nicht nur in der Inlands-, sondern auch in der Auslandshilfe engagiert: „Internationale Solidarität ist eine christliche Tugend und keine beliebige Angelegenheit.“ Er bittet: „Helfen Sie der Caritas, diese internationale Solidarität zu stärken.“

Vor wenigen Wochen hat mich ein E-Mail erreicht, in dem eine regelmäßige Spenderin der Caritas verzweifelt geklagt hat, dass trotz allem Engagement immer noch so viel menschengemachtes Leid in der Welt ist. Seit über 30 Jahren spendet sie und zweifelt nunmehr am Sinn dieser Spenden, denn gefühlt verbessert sich die Lage der Menschen in Afrika oder Teilen Asiens nicht. Es war ein reflektiertes E-Mail, aus dem auch Verzweiflung, schwindende Hoffnung und Kritik zu lesen war. Im August stellt die Caritas mit der Kampagne für eine Welt ohne Hunger die ärmsten Länder in den Mittelpunkt der Hilfe. Es sind Länder, die seit Jahren Unterstützung bekommen und wo vielleicht nur kleine Fortschritte wahrgenommen werden. Ich möchte in diesem Kommentar meine persönliche Überzeugung darlegen, warum ich glaube, dass diese Hilfe sinnvoll ist.

1. Internationale Solidarität ist keine Frage der Beliebigkeit. Johannes XXIII. hat 1963 formuliert: „Es bestehen zwischen den Nationen gegenseitige Rechte und Pflichten. Deshalb sollen auch ihre Beziehungen von der Norm der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der tatkräftigen Solidarität und der Freiheit bestimmt werden.“ Und in „Gaudium et Spes“ wird die wechselseitige Abhängigkeit und die Einheit der Welt betont. Es ist Eigenart der Kirche, internationale Solidarität zu leben. In „Laudato Si“ stellt Papst Franziskus das gemeinsame Haus in den Mittelpunkt. Dieses gemeinsame Haus ist sowohl ökologisch als auch sozial zu pflegen. Es ist nicht egal, was an einem anderen Ort in der Welt geschieht, auch das Leben hier hängt davon ab. Internationale Solidarität ist eine christliche Tugend und keine beliebige Angelegenheit. Helfen Sie der Caritas, diese internationale Solidarität zu stärken.

2. Ausdauer und Frustrationstoleranz sowie eine gewisse Hoffnung sind unabdingbar. Dr. Ruth Pfau, die berühmte Lepra-Ärztin in Pakis­tan, hat den Satz geprägt: „Weitermachen ist sinnlos. Aufhören ist noch viel sinnloser. Also machen wir weiter.“ Mit dieser Ausdauer ist es ihr gelungen, Lepra in Pakistan nachhaltig zu bekämpfen. Bei Kontakten zu Menschen, die sich in ihren Ländern für eine Verbesserung der Situation einsetzen, habe ich wunderbare, engagierte, vernünftige und hoffnungsfrohe Men­schen kennen gelernt. Menschen mit Ausdauer, mit Mut, mit Vision und mit einem tiefen Glauben an das Gute. Immer wieder werden die langfristigen Bemühungen erschüttert und durch politische oder terroristische „Wahnsinnshandlungen“ torpediert. Aber ein langer Atem der Hilfe und eine verlässliche Zusammenarbeit verändern regionale Strukturen und stärken das gemeinsame Haus. Wir nehmen das im Senegal wahr, wo durch Bildung und Ernährungssicherheit sich ein Wandel abzeichnet. So werden beispielsweise die Rechte der Frauen durch viele Projekte gestärkt. Es zeigt sich etwa, dass Bildung und Ernährungs­sicherheit Auswirkungen auf die Geburtenraten der Familien haben und damit bremsend auf das Bevölkerungswachstum wirken.

„95 Prozent aller Mittel werden in Österreich eingesetzt“

3. Weltweite Handelsbedingungen spielen eine große Rolle. Der Krieg in der Ukraine und die Covid-Pandemie zeigen auf, wie vernetzt Weltwirtschaft ist. Nach einigen erfolgreichen Jahren im Kampf gegen Hunger zeichnet sich eine Nahrungsmittelknappheit ab, die vor allem die Länder des Südens betrifft. Ungerechte Strukturen treffen die ärmsten Länder am meis­ten. Die Millenniumsziele haben im Vergleich der Daten von 1990 zu 2015 eine Verbesserung in vielen Bereichen gebracht. So ist die Rate der ext­remen Armut in Entwicklungsländern von 47 Prozent auf 14 Prozent gesunken und die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen von 1.962 Millionen auf 836 Millionen gesunken. Die Bildungsbeteiligungsquote ist gestiegen und viele andere Indikatoren sind ebenfalls positiv. Um diese positiven Effekte zu sichern, müssen wir gemeinsam gegen ungerechte Wirtschaftsstrukturen auftreten.

4. Es braucht einen systemischen Veränderungsprozess ungerechter Strukturen. Moderne Entwicklungszusammenarbeit setzt nicht mehr ausschließlich darauf, Not zu lindern, sondern auch auf eine Stärkung gerechter Strukturen. Weltweit engagieren sich Millionen Menschen dafür und auch die Projekte der Caritas haben diesen systemischen Wandel von Gesellschaften im Blick. Dank meiner Aufgabe darf ich immer wieder Menschen weltweit kennenlernen, die sowohl im Sinne der UN-Ziele als auch im Sinne von „Laudato Si“ oder „Fratelli Tutti“ agieren. Es macht Mut und gibt Zuversicht, diese Menschen zu treffen und mit ihnen zu kooperieren.

5. Hilfe darf nicht regional gegenseitig ausgespielt werden. Der Schwerpunkt der Arbeit der Caritas erfolgt in Österreich. Über 95 Prozent aller Mittel werden hier eingesetzt. Die Welt ist aber unser gemeinsames Haus und die strukturellen Abhängigkeiten werden mehr. Als Caritas leben wir mit beiden Lungenflügeln, der Inlandshilfe im eigenen Land und der Auslandshilfe in internationaler Solidarität. Beide Lungenflügel müssen zusammenwirken. Beide Lungenflügel brauchen solidarische Hilfe und Unterstützung.

Mit Ihrer Hilfe können wir nachhaltig und langfristig in den Partnerprojekten wirken. Wir können Rückschläge überstehen und weiter für gerechte Strukturen eintreten. Eintreten für ein gemeinsames Haus, in dem gemeinsame Ziele verfolgt werden. Die vielen Erfolge dieser Arbeit sind oft zu wenig in den Medien präsent. Aber es gibt sie in großer Zahl und diese Erfolge lassen Zuversicht und Hoffnung begründet erscheinen. Die Situation für viele Menschen hat sich zwischen 1990 und 2020 tatsächlich verbessert. Internationale Hilfe ist sinnvoll. Rückschläge dürfen uns nicht entmutigen. Treten wir gemeinsam gegen Hunger und für gerechtere Strukturen ein. Mit Ihrer Spende für die Augustsammlung der Caritas leisten Sie mit uns einen wesentlichen Beitrag. DANKE dafür.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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