Welttag der Kranken
Seelsorge im größten Klinikum des Landes

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Im Universitätsklinikum St. Pölten versorgen rund 3.500 Beschäftigte pro Jahr über 46.000 Patientinnen und Patienten. Zum Welttag der Kranken am 11. Februar erzählt Pfarrer Martin Hochedlinger, Leiter der Krankenhausseelsorge, auf welche Weise er und sein Team für Patienten, Angehörige und Personal da sind.

Das Krankenhaus St. Pölten ist ja fast eine Stadt in der Stadt. Welchen Platz nimmt das Team der Seelsorge in diesem riesigen „Kosmos“ ein?

Martin Hochedlinger: Wir sind ein unabhängiges Team, das im Auftrag der Kirche das geistige Wohl der Menschen im Auge hat, und wir erfahren dafür sehr viel Wertschätzung, sowohl von den Beschäftigten als auch von der Leitung des Krankenhauses. Die Leitung und die Holding sagen: ,Der Glaube ist eine ganz große Ressource für das Gesundwerden.‘

Wer gehört denn zum Team?

Hochedlinger: Das Team besteht aus sechs hauptamtlichen und zirka 25 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Wie sieht ein Tag im Leben eines Krankenhausseelsorgers aus?

HOchedlinger: Für mich ist spannend, dass kein Tag dem anderen gleicht. Jeder Patient ist eine eigene Welt: mit seiner Lebensgeschichte, mit seinen Schicksalsschlägen. Das Motto meines Teams lautet: Wir sind für Sie da! Wir sind bei den Menschen, das ist das Wichtigste. Oft genügt es, jemandem einfach die Hand zu halten. Morgens kommt das Team zusammen und bespricht, was in letzter Zeit passiert ist. Dann schwärmt jeder aus auf die ihm zugeteilten Stationen. Das Team ist in allen Häusern des Uni-Klinikums unterwegs, das ungefähr 1.000 Betten umfasst. Mir ist sehr wichtig, dass jedes Zimmer mindestens einmal pro Woche besucht wird. Zum Mittagessen kommen wir wieder zusammen, um uns auszutauschen, wo noch etwas gebraucht wird. Als Seelsorge schauen wir auf den ganzen Menschen. Indem wir Zeit für Gespräche mit Patienten haben, entlasten wir auch das Personal, diese Rückmeldung bekommen wir immer wieder.

Der Patient, die Patientin befindet sich ja in einer Ausnahmesituation. Was braucht er oder sie jetzt?

HOchedlinger: Der Mensch ist herausgerissen aus seinem Umfeld, aus seinem gewohnten Leben. Häufig geht es um die Auseinandersetzung mit einer Diagnose: Werde ich wieder gesund? Was erwartet mich? Wir können gemeinsam beten, dass es wieder gut wird. Zum Gut-Werden gehört auch, die Situation annehmen zu können, wie sie gerade ist. In akuten Notfällen wird um Krankensalbung, bei Therapierückzug auch um Sterbebegleitung gebeten. Ich selbst habe mir vor einigen Tagen das Schlüsselbein gebrochen und werde am Montag (5. Februar, Anm.) operiert, bin also jetzt selbst Patient.

Wie geht es Ihnen mit dem Wechsel der Perspektive: Vom Seelsorger zum Patienten?

HOchedlinger: Ich war selbst schon einmal langfristiger Patient. Insofern bin ich für jeden Tag dankbar. Bei jedem Tag steht ein Kreuz, ein Plus. Ohne Medizin wäre ich höchstwahrscheinlich nicht mehr hier.

Wie treten Sie in Kontakt mit einem Patienten, einer Patientin?

Hochedlinger: Zum einen werden wir entweder von der Station oder von einem Patienten verständigt, dass wir kommen sollen und dass es Gesprächsbedarf gibt. Zum anderen gehen wir von uns aus in die Zimmer. Wir stellen uns vor und fragen, wie es denn geht. Wir drängen uns aber nicht auf! Dann ergibt sich oft ein Gespräch: manchmal trivial, manchmal tiefgehend. Außerdem gehen wir durch die Zimmer und fragen, wer die Kommunion empfangen möchte. Nicht jeden können wir erreichen, auch weil die Spitalsaufenthalte immer kürzer werden.  Es kam auch schon vor, dass jemand eine Lebensbeichte ablegte. Das war für mich besonders eindrucksvoll. Wichtig ist, dass wir der Schweigepflicht unterliegen, es dringt nichts nach außen.

Gibt es einen Bereitschaftsdienst für außerdienstliche Zeiten, z. B. Sonntag?

Hochedlinger: Ja. Ich habe das große Glück, dass ich eine Priester-Rufbereitschaft rund um die Uhr anbieten kann. Das ganze Jahr, Tag und Nacht. Der Priester sollte innerhalb einer halben Stunde im Krankenhaus sein.

Welche Themen werden von den Beschäftigten angesprochen?

Hochedlinger: Es ist mir wichtig, dass wir auch für Angehörige von Patienten sowie für das Personal da sind. Angesprochen werden manchmal persönliche Schicksalsschläge, Konflikte oder dramatische Todesfälle während der Arbeit. Ihre Arbeit ist zeitlich viel stärker durchgetaktet als früher. Wir sind keine Psychologen oder Supervisoren; wir sind mit Liebe und Wertschätzung für die Menschen da und bieten Hilfe aus dem christlichen Glauben an.

„Unser Motto lautet: Wir sind für Sie da.“

In St. Pölten wurden vor drei Jahren Einwohner aus mehr als 40 Nationen gezählt. Wie gehen Sie als katholischer Seelsorger mit der multikulturellen Gesellschaft um?

Hochedlinger: Wir sind für alle Menschen da, unabhängig von der Religion. Wir sind nicht aufdringlich, sondern reichen einfach die Hand. Wenn sie genommen wird, dann ist das eine Freude. Die meisten Menschen möchten ja einfach jemanden zum Reden haben.

Im Zentrum steht also das Gespräch. Welche Rolle spielen die Sakramente?

Hochedlinger:
Ich habe eingeführt, dass wieder täglich die Messe gefeiert wird, nämlich um 19 Uhr. Diese Gottesdienste werden auf alle Stationen übertragen, sodass auch bettlägrige Menschen sie mitverfolgen können. Dazu bieten wir Andachten an wie z. B. Kreuzweg-Andachten und Rituale wie Segnungen. Und natürlich das gemeinsame Gebet! Oft gilt: Not lehrt beten. Das Gebet wird für viele Menschen in einer Krise wieder wichtig.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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