Roma-Gedenktag am 2. August
Gedenken an ermordete Sinti und Roma

Roma-Kinder während des Holocaust. Der Völker­mord an den Roma und Sinti in der NS-Zeit bildete den Höhepunkt einer langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung. Ab Februar 1943 wurde eine Mehrheit der im Deutschen Reich lebenden Roma in das eigens errichtete Zigeunerlager Au­schwitz deportiert. | Foto: Romedia - Foundation
  • Roma-Kinder während des Holocaust. Der Völker­mord an den Roma und Sinti in der NS-Zeit bildete den Höhepunkt einer langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung. Ab Februar 1943 wurde eine Mehrheit der im Deutschen Reich lebenden Roma in das eigens errichtete Zigeunerlager Au­schwitz deportiert.
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Bei Gedenkveranstaltungen am Roma-Gedenktag wurde europaweit vor Menschenverachtung und neuem Nationalismus gewarnt. Der Wiener Weihbischof Franz Scharl kündigte eigene Seelsorge für die betroffenen Volksgruppen an.

In vielen europäischen Staaten ist am Sonntag, 2. August, an die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma während der NS-Zeit erinnert worden. Der Roma-Gedenktag findet alljährlich am Jahrestag der Ermordung der letzten 3.000 Roma und Sinti in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau statt. Insgesamt wurden in den Jahren des Nationalsozialismus rund 500.000 Roma und Sinti in Europa als „Zigeuner“ ermordet. Erst 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Genozid vom Europäischen Parlament im April 2015 anerkannt und zu einem jährlichen Gedenktag am 2. August – dem internationalen „Roma Genocide Memorial Day“ – aufgerufen.

Gibt es immer noch: Antiziganismus und Romafeindlichkeit
Bei Gedenkveranstaltungen in ganz Europa und vor allem auch in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz wurde vor Menschenverachtung und neuem Nationalismus gewarnt. In Wien fand ein vom Verein „Lowara-Roma Österreich“ organisiertes Gedenken am Ceija-Stojka-Platz statt. Dabei wies die Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt, Manuela Horvath, auf weiter bestehenden Antiziganismus und Romafeindlichkeit hin. Auch heute sei noch mehr Bewusstsein in der Zivilgesellschaft über die Situation der Volksgruppe notwendig, und jeder Einzelne wie auch im Besonderen Politiker sollten bei rassistischen Vorfällen die Stimme erheben und „hinter uns stehen“, forderte die Theologin, die selbst aus der Roma-Volksgruppe stammt. Sie verwies auf ein derzeit in staatsanwaltlicher Prüfung befindliches Video mit Hassaussagen gegen Roma und Sinti, die ein steirischer FP-Mandatar im Internet geteilt hatte. Aber auch unabhängig davon komme es vielerorts immer wieder zu Beschmierungen wie etwa „Roma raus“, so Horvath.
Auch der Referatsbischof für Roma, Sinti und Jenische in der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Scharl, mahnte zu mehr Wachsamkeit. Dem „neuen Rassismus“ gelte es Einhalt zu bieten, so der Wiener Weihbischof. Wichtig wäre es laut Scharl zudem, ebenso wie die Roma und Sinti auch die Jenischen offiziell als Volksgruppe anzuerkennen. Von Kirchenseite wolle man bereits in naher Zukunft eine eigene Seel­sorge für diese Bevölkerung aufnehmen. Als „Brüder und Schwestern“ sollten Roma, Sinti und auch Jenische in allen Bereichen „ihren Platz erhalten“.

Das Jenische – eine aus dem 17. Jahrhundert stammende alte Sprachkultur der auf Wanderschaft befindlichen verarmten Menschen – ist in der Diözese St. Pölten in der Pfarre Loosdorf als Sprachkultur erhalten und wird dort vor allem auch von vielen Jugendlichen gesprochen.

Von den knapp 11.000 österreichischen Roma und Sinti überlebten nur rund zehn Prozent den Holocaust, der auf Romani „Porajmos“ bezeichnet wird. Zwei der wenigen Überlebenden von damals waren die Großeltern von Roma-Seelsorgerin Horvath, die beide 17-jährig zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager deportiert wurden – zunächst nach Dachau, dann nach Buchenwald, später nach Mauthausen. Es sei ihnen gelungen, sechs Jahre bis Kriegsende zu überleben, allerdings unter „grausamen“ Umständen, berichtete die Enkelin.

Der Leidensweg setzte sich fort

Besonders bedrückend waren auch die Erlebnisse im KZ Mauthausen, verlas Horvath einen Bericht des mittlerweile verstorbenen Großvaters. Dort hieß es wörtlich: „In Mauthausen musste ich im Steinbruch arbeiten. Auch wenn Schnee lag, haben wir die Steine ohne Handschuhe ausgegraben. Eines Tages sah mich einer von der SS, der war 1938 Bauaufseher, wo ich gearbeitet habe. Er rief mich zu sich, damit ich den Kübel, aus dem der Hund fraß, sauber machte. Das, was der Hund übrig ließ, habe ich gegessen. Als die Göring-Werke bombardiert wurden, marschierten wir mit der SS dorthin, wir mussten die Leichen wegbringen.“

Der Leidensweg ihres Großvaters sei nach der Befreiung von Mauthausen noch weitergegangen, berichtete Horvath. Nach seiner Rückkehr nach Oberwart habe er mit Entsetzen feststellen müssen, dass die dortige einstige Roma-Siedlung nicht mehr existierte. „Es rechnete niemand damit, dass Roma aus den Lagern wieder heimkehren würden, daher wurde die Siedlung geplündert und zerstört“, berichtete die Roma-Seelsorgerin. Nur 19 der 360 verschleppten Oberwarter Roma hätten den Völkermord überlebt. Zeitlebens habe ihr Großvater Angst gehabt, neuerlicher Verfolgung ausgesetzt zu sein, wenn er über seine KZ-Erlebnisse erzähle – und habe dies dennoch getan.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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