Die ersten mechanischen Zeitmesser
Wenn die Kirchturmuhr schlägt …

Am rechten Turm der Stiftskirche Göttweig sind Turmuhr und Turmfesnter nur aufgemalt. | Foto: Merlin Mayer - stock.adobe.com
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In der Nacht auf den 27. März wird wieder von der Winter- auf die Sommerzeit umgestellt. Wer darüber stöhnt, mag sich damit trösten, dass es früher mitnichten einfacher war. Das lehrt auch die Geschichte der Kirchturmuhren.

Das Bestreben, Stunden, Tage und Monate zu ordnen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit. Der nach Papst Gregor XIII. benannte und noch heute gültige Gregorianische Kalender löste Ende des 16. Jahrhunderts die von Julius Caesar eingeführte Zählung ab.

Als den Menschen die Stunde schlug

Ab dem Mittelalter schlug den Menschen in Europa auch die Stunde: Begonnen hat all dies in mittelalterlichen Klöstern: Die Ordensleute brauchten eine Richtschnur, mit der sie ihre Gebets- und Arbeitszeiten festlegen konnten, da die benediktinische Ordensregel jeder Hore ein bestimmtes Gebet vorschrieb. Das war so prägend, dass sich der Name der Tageszeit auf das jeweilige Stundengebet übertrug, so etwa die Terz zur dritten Stunde oder die Non zur neun­ten. Es ist also nicht verwunderlich, dass die frühesten Uhrmacher in Europa Mönche waren.
Mechanische Uhren mit Ziffernblatt verbreiteten sich seit dem 13. Jahrhundert überall in Europa. Diese neue Technik war aufwändig in der Herstellung und damit teuer. Zunächst wurden Kirchen mit ihnen ausgestattet, ab dem 14. Jahrhundert sind sie auch im säkularen Bereich zu finden, etwa an Rathaustürmen. Davor gab es Sonnenuhren und Schlaguhren, die zu jeder Stunde eine Glocke anschlugen, sodass zur Messe oder zum Angelusgebet geläutet werden konnte. Sonnenuhren finden sich heute noch häufig bei den Pfarrkirchen, wie etwa in Sindelburg, Altenmarkt im Yspertal oder in Weissenkirchen in der Wachau.

Verschiedene Zeiten in den Ortschaften

Die mechanischen Uhren in den alten Zeiten lieferten aber alles andere als eine exakte Zeitangabe, wie wir sie heute kennen. Eine Kirchturmuhr nach heutigen Maßstäben gab nur ungefähr an, wie spät es war. Wenn es im einen Ort 12 Uhr schlug, konnte es im Nachbarort noch dauern bis es mittags wurde. Erst im Zuge der Indus­trialisierung wurde eine einheitliche Zeit im ganzen Land notwendig. Die Menschen reisten jetzt mit der Eisenbahn von einer Stadt in die andere.

Früher hat die Kirchturmuhr die Zeit der Menschen geregelt, aber auch heute hat sie einen Auftrag, ist Franz Reithner, Orgel- und Glockenreferent der Diözese St. Pölten, überzeugt: „Die Kirchturmuhr – vor allem in Verbindung mit den Kirchenglocken – erinnert uns daran, dass Gott unsere Zeit misst.“
Heutzutage sind nahezu alle Uhren sowie Glockengeläute in den Kirchen in der modernen Zeit angekommen. Fast alle funktionieren wie ein Computer – und sind mit der Funkzentrale Mainflingen bei Frankfurt verbunden, von wo aus die exakte Zeit per Funksignal eingetaktet wird.

Auch wenn heute fast alle Kirchturmuhren und -glocken per Funk gesteuert werden, sind die alten Uhrwerke in den Pfarren oft noch vorhanden und in wenigen auch noch aktiv. Wie in der Kirche von Gobelsburg und in jener von Furth bei Göttweig. Dort geben noch mechanische Uhrwerke die Zeit an. Angetrieben werden diese allerdings elektronisch.

„Seltsame“ Uhr in Zwettl

Erwähnenswert ist auch die Turmuhr der Stiftskirche von Zwettl. Diese hat schon so manchem Besucher Kopfzerbrechen bereitet: Zeigt das Werk pünktlich die volle Stunde an, sind fünf Minuten später die Zeiger schon auf die nächste Stunde vorgerückt. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Die Turmuhr von Zwettl gehört – mit dem berühmten Grazer Uhrturm – zu jenen wenigen Uhrwerken, die sich bei der Zeitanzeige an den frühesten Zeigeruhren orientieren – der kleine Zeiger zeigt hier die „flüchtigen Minuten“ an, wie Stiftsarchivar Andreas Gamerith erklärt. „Der große, wichtigere, deutet im Gegensatz dazu die Stunden weithin sichtbar an. Hier lebt noch jene Tradition weiter, aus der die modernen Zeigeruhren entstanden sind: Anfänglich besaßen nämlich alle Uhren nur einen Zeiger, den Stundenzeiger. Erst mit der größeren Verbreitung von Uhrwerken seit der Zeit um 1600 setzte sich die noch heute gebräuchliche Zuweisung des Minuten- und Stundenzeigers durch.“

Es gibt aber noch weitere Besonderheiten im Hinblick auf Uhren in unseren Pfarren und Stiften: So befinden sich in manchen Kirchen, wie im Dom zu St. Pölten, auch Uhren im Kirchenraum. Und manchmal trügt der Schein. Wie im Stift Göttweig. Das ursprünglich in frühgotischem Stil erbaute Klos-ter, wurde durch Brände zerstört und im 18. Jahrhundert als Barockbau wieder aufgebaut. Eine sehr teure Angelegenheit, wohl deshalb blieben einige Teile unvollendet: Bei der Stiftskirche fehlen z. B. die Turmabschlüsse, und beim rechten Turm sind Turmuhr und Turmfenster nur aufgemalt.

Ja, und auch das gibt es: Pfarrkirchen ganz ohne Turmuhr. Dabei handelt es sich meist um Kirchen neuerer Zeit, wie z. B. die Millenniumskirche in Stattersdorf bei St. Pölten oder die Pfarrkirche von St. Johannes Kapis­tran im Süden von St. Pölten.

Winter- und Sommerzeit

In der Nacht zum 27. März ist es wieder so weit: Um zwei Uhr wird die Zeit auf drei Uhr vorgestellt. Laut Umfragen ist die Mehrheit der Österreicher für eine Abschaffung der Zeitumstellung – dafür hat im März 2019 auch das Europaparlament mit großer Mehrheit gestimmt. Nun liegt der Ball beim EU-Ministerrat. Doch es ist völlig unklar, wann und wie es in der Sache weitergeht.

Eine neue „Erfindung“ ist die Umstellung auf Sommerzeit freilich nicht. Aus energiesparenden Gründen wurde sie erstmals am 30. April 1916 auch in Österreich-Ungarn eingeführt und galt bis 1920. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Österreich bis einschließlich 1948 eine Sommerzeit. 1980 wurde die Sommerzeit für die Zeit von März bis September wieder eingeführt. 1996 wurde die Sommerzeit wie in der gesamten EU bis Ende Oktober ausgedehnt.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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