Die Geschichte des Mönchtums
Wie die Orden in Europa aufblühten

Arbeit und Freizeit: Ordensfrauen gehen oft bis ins hohe Alter ihren Berufen nach. | Foto: Medienbüro der Ordensgemeinschaften
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Ordensgemeinschaften sind sichere Stützen in von Unsicherheit geprägten Zeiten. Unsere neue Serie schaut bis zum „Tag des geweihten Lebens“ am 2. Februar hinter Klostermauern und beleuchtet verschiedene Aspekte des Ordenslebens.
von Magdalena Schauer-Burkart

Diesmal steht die Geschichte der Orden in Europa im Mittelpunkt: Vom Einfluss der Kirchenlehrer Hieronymus und Augustinus, der Regula Benedicti und der Armutsbewegung im Mittelalter bis zum breiten Aufblühen von Ordensgründungen. Dazu stellen wir ein Modell vom Lebenszyklus eines Ordens vor.

Eine Herkunftsgeschichte des Mönchtums findet man auch beim hl. Hieronymus (+420): „Was uns betrifft, so betrachten wir Paulus, Antonios, Hilarion und Makarios als die Häupter unseres Bekenntnisses. Um zur Schrift zurückzukehren: Unser Haupt ist Elias, unser Fürst ist Elischa, unsere Leiter sind die Schüler der Propheten, die auf dem Land und in der Wüste lebten und ihre Zelte in der Nähe des Jordans aufschlugen. Darunter sind auch die Söhne Rechabs, die weder Wein noch andere Getränke, die sie hätten betrunken machen können, zu sich nahmen, in Zelten wohnten und im Buch Jeremia von Gott gelobt werden.“

Einfluss des Augustinus
Zentralster Einfluss des hl. Augustinus (+430) ist seine „Regel für die Diener Gottes“, die er um das Jahr 400 für die Mönche Hippos verfasste. Seinem Wort gemäß leben die Mönche „im Fleisch, aber nicht dem Fleisch gemäß“. Innerlichkeit und Versenkung sind für ihn zentral und führen zur Gotteserkenntnis, durch Gebet und Kontemplation kann für Augustinus eine Vereinigung mit Gott erreicht werden. Daneben ist auch die Bruderliebe ein wichtiger Punkt für ihn. Die augustinische Gemeinschaft versammelt sich, um in Menschlichkeit und brüderlicher Eintracht zu leben. Dabei nimmt jede zwischenmenschliche Beziehung religiösen Wert an.

Der bedeutendste Regelgeber
Der hl. Benedikt von Nursia (+547) gilt als der bedeutendste Regelgeber des lateinischen Westens. Auch wenn er nichts Schriftliches hinterlassen hat außer seiner „Regula Benedicti“, wurde diese zur Standardregel für mönchisches Lebens bis ins 11. Jahrhundert hinein. „Ora et labora“ geriet zum Wahlspruch des sich ausbreitenden Benediktinerordens, das Leben in Gemeinschaft und körperliche Arbeit wurden zentrale Säulen für das gesamte abendländische Klosterleben.

In der sich auflösenden spätantiken Gesellschaft rief Benedikt zu Beständigkeit und einem Innehalten zur Zeit der Völkerwanderungen auf. Dazu kam, dass in seinen Klöstern alle Menschen aufgenommen wurden. Zwischen Römern und Germanen, die als Barbaren galten, wurde nicht unterschieden. Damit widersprach er dem Zeitgeist und schuf ein Modell für künftige, in der alle Menschen brüderlich miteinander leben sollten.

Das soziale Leben war durch Christentum und Kirche geprägt und es entstand eine Hochzeit der Kultur und Literatur, der Grundstein zur Renaissance und dem darauf folgenden Humanismus wurde gelegt. Doch Einflüsse von außen, weltliche Gier, das Einsetzen von Laienoberen oder von diesen ernannten Äbte, die alle keine geistliche Berufung oder Verständnis für monastisches Leben hatten, hatten verheerende Folgen. Viele Klöster standen vor dem Verfall, Ohnmacht herrschte. Der Drang nach einer Reform des Klosterlebens, eine Rückkehr zu den Ursprüngen machte sich breit. Die am weitesten verbreitete Reformbewegung ging von Cluny aus und hielt sich bis ins 12. Jahrhundert.

Im 13. Jahrhundert entstanden als Protest gegen die Verweltlichung und einer zu mächtigen und reichen Kirche verschiedene sogenannte Bettelorden. Besitztum war untersagt, man lebte von Almosen oder Einkünften aus Lehrtätigkeit oder der sozialen Fürsorge. Diese bewusste Entscheidung zur radikalen Armut sollte die Ordensleute frei machen für ihre Aufgaben: Man lebte nach dem Modell der Vita Mixta: Gebet, Stille und Kontemplation wurden weiterhin hochgehalten, hinzu kam nun der Dienst am Mitmenschen.

Eine Blüte der Ordensgründungen in deren Zentrum der hl. Franz v. Assisi und seine Gefährtinnen stehen. Aber auch Namen wie Dominikus, Robert de Molesme und Bernhard de Clairvaux sind zu erwähnen. Die Neuzeit und ihre eigenen Herausforderungen in der Ausbildung einer pluralen Gesellschaft schufen neue Blüten der Ordensgründungen: Ignatius von Loyola, Theresia von Avila, Mary Ward, Johannes von Gott oder Vinzenz von Paul und nicht zuletzt in der anbrechenden Moderne, Johannes Bosco seien hier aufgezählt. Sie waren zu einer radikalen Nachfolge entschlossen.

Modell zur Zeitgeschichte von Orden
Raymond Hostie, belgischer Jesuit, Sozialpsychologe und Professor für Pastoralpsychologie entwickelte ein Modell, um den Lebenszyklus von Orden in Perioden und Etappen aufzuschlüsseln. Hier geht er von einer Entstehungsphase von etwa 25-30 Jahren aus, in der es zu einem Zusammenschluss und zur ersten Formung der Kerngruppe kommt, oft angetrieben durch prägende Persönlichkeiten. Dann folgen die äußere Strukturierung, offizielle Weihe, Anwachsen der Mitgliederzahl, Institutionalisierung und Bestätigung durch die Kirche.

Die zweite Phase ist jene der Ausbreitung. Durch die Kraft und den ursprünglichen Elan der Gemeinschaft wird die Hunderter- oder Tausendergrenze der Mitgliederzahl überschritten und der Orden erreicht seine unverwechselbare Gestalt. Eine Festigung nach innen und außen tritt ein. Hostie setzt für diese Phase etwa hundert Jahre an. Danach verlangsamen sich das Anwachsen und die Ausbreitung, die Kräfte verlagern sich in Richtung Bewahrung des Erreichten, das Erbe verfestigt sich und wird belastender, Unbeweglichkeit und Altern zeigen sich.

Die dritte und letzte Phase ist der Niedergang, den Hostie nach rund 200 Jahren ansetzt. Er führt zum Erlöschen der Gemeinschaft, herbeigeführt ist er aber nicht immer durch das Erlahmen der Mitglieder, sondern es können auch Angriffe von außen, von kirchlicher oder staatlicher Seite sein, oder, wie momentan aktuell, durch Epidemien.

Hostie anerkennt neben dieser Entwicklung aber auch die Möglichkeit der Krisenbewältigung. Es gab und gibt immer wieder Gemeinschaften, die einer angenommenen Unentrinnbarkeit entkamen und sich regenerierten.

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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