Kräuterpfarrer Benedikt
Wie Pflanzen jetzt unserer Seele guttun

Kräuterpfarrer Benedikt schätzt die jetzt blühenden Blüten des Schwarzen Holunders nicht nur als Sirup, sondern auch als Tee zur Vorbeugung von Grippe.  | Foto: Margarete Jarmer
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Gott schlägt jedes Frühjahr neu das Buch der Schöpfung auf, sagt Kräuterpfarrer Benedikt und spricht darüber, wie uns nach den Beschränkungen durch die Corona-Krise die Natur stärken kann. Und er erzählt über sein neues Buch „Heilkräuter aus dem Klostergarten“.

Ob im Pfarr-, Kloster- oder Hausgarten: Pfingstrosen wachsen und blühen jetzt in ihrer vollen Pracht und erfreuen jeden, der an ihnen vorbeikommt. Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger, Prämonstratenser-Chorherr im Stift Geras, schätzt die Blumen des Pfingstfestes ganz besonders: „Bei den jetzt blühenden Pfingstrosen kommt eine Dimension zum Tragen, die gerade ganz wichtig ist: die Schönheit dieser Blumen. Die herrlichen Blüten tun der Seele gut und wirken so auch heilsam auf den Körper“, sagt der Kräuterpfarrer im Gespräch mit dem SONNTAG.

Pfingstrose

Das Grünen und Blühen des Frühlings baue uns jetzt nach den schweren Beschränkungen durch die Corona-Krise besonders auf: „Das Corona-Virus haben wir als Bedrohung und etwas Dunkles empfunden. Es hat uns gezeigt, dass wir angreifbar und nicht perfekt sind. Der Mensch wurde auch in seiner Würde entstellt, wenn wir nur an die Begräbnisse denken oder daran, dass Menschen unbegleitet gestorben sind. Von daher brauchen wir wieder etwas, das uns Schönheit zeigt und das uns Mut macht, selber wieder schön zu werden bzw. darauf zu achten“, führt der Pflanzenexperte und Seelsorger aus. „Die Pfingstrose ist eine Mutmacherin über die Schönheit und durch ihren bezaubernden Duft.“

Einatmen und Aufatmen

„Bei allen Pflanzen, die gut duften, atmen wir gerne ein, wenn wir daran riechen. Ich sage dazu immer: Dieses Einatmen ist auch ein Aufatmen, das z.B. die Pfingstrose bewirken kann und das auch unserem Leib guttut.“ Neben der Pfingstrose schätzt Kräuterpfarrer Benedikt „die Gänseblümchen, weil sie klein sind, aber immer wieder Kraft haben zum Blühen und die Ringelblume.“

Die Wegwarte als Sinnbild

Die Lieblingspflanze des stets weiß gekleideten Ordensmannes ist die bald blühende Wegwarte: „Sie hat eine ganz tiefe Wurzel und bildet immer wieder neue Blüten aus, die Ausschau nach der Sonne halten. Die Blüten werden alle paar Tage neu gebildet und sind ein Zeichen der Sehnsucht. Für mich ist die Wegwarte vom Sinnbild her eine Ermutigung, nach dem Guten Ausschau zu halten oder auch zu bedenken, dass mein Leben immer voll Sehnsucht ist und erst abgeschlossen sein wird, wenn ich meinen Geist aushauchen werde und Gott übergebe. Bis dahin bleibe ich ein Mensch, der auf seine Vollendung wartet.“ Als Heilpflanze sei die Wegwarte eine gute Bitterstoffträgerin und sehr gut für Galle, Leber, Magen und die Haut.

Soeben ist Benedikt Felsingers neues Buch „Kräuter aus dem Klostergarten“ erschienen. „Der Herrgott schlägt im Frühling jedes Jahr neu das Buch der Natur auf und auch dieses Buch ist eine Offenbarung des Schöpfers. In den einzelnen Wesen, die ich jetzt wahrnehmen und auch benutzen darf, komme ich meinen Schöpfer näher bzw. wird mein Leben ergänzt durch die Heilkraft der Pflanzen“, sagt der Kräuterexperte.
Benedikt Felsinger präsentiert in seinem Buch 40 Heilkräuter, die man praktisch anwenden kann, und lädt ein, sich mit Pflanzen anzufreunden: „Ich verbinde jede Pflanzenbeschreibung mit einer Geschichte, weil als erstes eine gute Beziehung zu den Heilpflanzen da sein soll, bevor man die Pflanze benutzt. Wenn man die Pflanze nur als Gebrauchsgegenstand sieht, dann kommt man leicht in Gefahr, einfach nur auszunützen“, betont der Pflanzenfreund.

Jetzt im späten Frühling sind die weißen Holunderblüten aktuell: „Wir kennen alle den wohlschmeckenden Saft, den man mit diesen ansetzen kann. Aber auch die getrockneten Holunderblüten sind ganz wichtig für die Gesundheitsvorsorge: Um zu schwitzen bei einer Grippe oder vorbeugend gegen einen grippalen Effekt, damit die eigene Immunkraft gestärkt wird“, empfiehlt der Kräuterpfarrer.

Auch der Löwenzahn liegt Benedikt Felsinger sehr am Herzen: „Er ist ein wichtiger Bitterstoffträger. Ich empfehle, die Blätter zu sammeln, wenn sie noch jung sind und einen Salat damit aufbessern, um die Bitterstoffe aufzunehmen und so über die Verdauung den ganzen Organismus zu stärken.“

Problem der Trockenheit

Der April war sehr trocken und brachte 50 Prozent weniger Niederschläge als im Durchschnitt. Was sagt Kräuterpfarrer Benedikt zur immer stärker werdenden Trockenheit in Österreich? „Ich wohne im nordöstlichen Waldviertel, einem Gebiet, das äußerst stark davon betroffen ist. Uns im Stift Geras trifft die Trockenheit mit voller Wucht, weil wir immens hohe Verluste im Wald haben durch den Borkenkäfer“, berichtet der Prämonstratenser. Er habe beobachtet, dass „die Pflanzen jetzt schon mehrere Jahre unter Stress gestanden sind aufgrund der Trockenheit. Besser haben es da diejenigen Pflanzen, die ihre Wurzeln tief hinuntertreiben, dazu gehört u.a. die Wegwarte und bei den Bäumen natürlich die Tiefwurzler wie die Eiche oder Obstbäume. Aber ein bisschen Wasser muss trotzdem da sein, damit sie überleben. Wir sind keine Insel der Seligen hier im Waldviertel und leiden mit, was auch die anderen Regionen trifft.“

Die Pflanzen hätten erstaunliche Möglichkeiten, Überlebensstrategien zu entwickeln, aber bei manchen Pflanzen sei der Bogen überspannt, weil der Mensch Bedingungen geschaffen habe, die ein Überleben unmöglich machen. „Wenn der Wald einmal geschlägert ist, braucht es Jahrzehnte, bis man diesen Schaden wieder gut machen kann. Ein Mischwald hat immer die bessere Zukunft, aber wir wissen jetzt noch nicht, wie es weitergeht mit der Klimaentwicklung. Wenn es noch heißer wird, werden uns wiederum die Möglichkeiten genommen.“

Tipps für das Gießen

Der Sommer steht vor der Tür. Wenn es um das Gießen in der heißen Jahreszeit geht, empfiehlt Kräuterpfarrer Benedikt, vom Wald zu lernen. „Bei Pflanzen und auch beim Gemüse ist es wichtig, direkt neben der Pflanze immer eine Schicht zu schaffen, die aus einem Grasschnitt z. B. vom Rasenmähen oder aus einem alten Laub besteht. Diese Schicht kann zu Humus werden und verhindert die Sonneneinstrahlung und somit die Austrocknung rund um den Boden der Pflanze.“ Es brauche nur eine dünne Schicht zu sein, „aber die gewährt, dass der Boden länger feucht bleibt und die Regenwürmer wieder mehr kommen, die den Boden auflockern.“

Gerade aufgrund der Klimaveränderung, ist es Benedikt Felsinger wichtig, „dass jeder sich wieder der Natur zuwendet, mit der Natur denkt und darauf achtet, dass das Leben in der Natur möglich ist.“

Menschen, die sich mit Heilkräutern befassen, empfiehlt der Kräuterexperte aus persönlicher Erfahrung: „Nicht nur darauf achten, woraus ich einen Tee kochen kann, sondern die Kräuter zu Freunden machen, mit denen ich das Leben teilen kann.“

Autor:

Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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