Zum 200. Geburtstag von Sebastian Kneipp
Kneipp – auch für daheim

Hände, Arme, Füße, Beine, Gesicht – Wasser tut dem ganzen Körper gut. | Foto: Pixabay
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Einen Dusche, eine Badewanne oder einen großen Kübel. Viel braucht es nicht, um sich die eine oder andere von Sebastian Kneipps Wasseranwendungen nach Hause zu holen. Wir haben uns umgesehen und umgehört, wie das Kneippen für daheim funktionieren kann. Ein kleiner Selbstversuch mit dem Wasserdoktor.

Montagfrüh bei mir daheim: Mein Tag beginnt unter der Woche relativ früh. Um 6 Uhr läutet mein Wecker. Der erste Weg führt mich meistens zur Kaffeemaschine, der zweite ins Bad zur Dusche. Beides brauche ich dringend, um wach zu werden und mich bereit für den Tag zu fühlen.

Heute allerdings stehe ich ein wenig skeptisch vor meiner Dusche. Heute nämlich soll alles anders sein, denn eine der bekanntesten Kneippanwendung soll mich heute in die Gänge bringen: Das Wechselduschen. Aber will ich das wirklich? Kaltes Wasser in der Früh?

Wasser für jede Lebenslage
Die letzten Tage waren geprägt von Recherchen rund um Sebastian Kneipps Philosophie. Vor allem zum Thema Wasser habe ich eine Menge gelesen, gesehen und gehört. Über 100 Anwendungen hat der „Wasserdoktor und Kräuterpfarrer“ entwickelt, um damit Gesundheit und Wohlbefinden zu steigern. Wasseranwendungen richtig gemacht und zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt können helfen einzuschlafen oder aufzuwachen, bringen den Kreislauf in Schwung, regulieren den Blutdruck oder straffen die Haut.

Einen Überblick über alle Wasseranwendungen und ihre genaue Wirkung zu bekommen, ist für einen Laien eine echte Herausforderung. Auf der Website der deutschen Firma Kneipp aber werde ich fündig, wenn es um Anleitungen zu der einen oder anderen Anwendung geht. Sebastian Kneipp selbst war vor genau 130 Jahren an der Gründung dieser Firma beteiligt.

Kneipps Ziel war zu diesem Zeitpunkt das Lebenswerk seiner naturheilkundlichen Forschung in verantwortungsvolle Hände zu legen und so den Fortbestand seiner Erkenntnisse zu sichern. Und diese „verantwortungsvollen Hände“ waren die des Würzburger Apothekers Leonhard Oberhäußer. Seither entwickelt und vertreibt das Unternehmen Kneipp aber nicht nur Produkte, die in der Philosophie Kneipps entstanden sind, sondern hat sich auch ganz der Aufgabe verschrieben, Kneipps Ideen zu bewahren und darüber zu informieren.

Gesunder Spaß?
Aber zurück zu mir und meiner Dusche. Die Anleitung zum Wechselduschen auf sagt klar, wie ich vorgehen soll. Grundprinzip der Wechseldusche ist – wie auch bei den anderen traditionellen Kneipp-Anwendungen – dass das abwechselnd kalte und warme Wasser die Blutgefäße verengt und weitet, was unterschiedliche positive Auswirkungen etwa auf das Immunsystem, den Stoffwechsel oder den Kreislauf hat. Im konkreten Fall soll es mir heute das „Wach-Werden erleichtern.

Also los geht’s – und zwar mit einer angenehm warmen bis heißen Dusche. Das ist noch absolut nach meinem Geschmack und entspricht auch dem, was mein Körper im Rahmen der Morgenroutine gewohnt ist. Dann allerdings kommt der Teil, der mich eine Menge Überwindung kostet. Jetzt nämlich muss ich das Wasser auf kühl bis kalt stellen, wenn möglich und mein Duschkopf das zulässt auch auf einen einzelnen Strahl.

Beginnen soll ich am rechten Fuß außen – denn das ist die am weitesten entfernte Stelle zum Herzen – und dann den Strahl am Bein rechts außen entlangführen und bis zur Hüfte abduschen. Danach wechsle ich auf die Innenseite des Oberschenkels und wieder zurück zum Fuß. Anschließend ist das linke Bein dran. Ich mache es und merke schnell: Noch geht das gut. Das Wasser ist zwar richtig kalt, aber die warme Dusche von vorhin wirkt noch gut nach.

Kalt warm, kalt warm
Doch jetzt kommt’s: Jetzt sind nämlich meine Arme dran. Und das ist wirklich etwas ganz Anderes. Ich beginne am rechten Handrücken und strahle bis zur Schulter und an der Achsel innen am Arm entlang wieder bis zur Handfläche. Dann gehe ich zum linken Arm. Dass mir gerade jetzt folgender Satz der Anleitung in den Sinn kommt, in dem es ungefähr heißt „Ächzen und lauthalses Singen unterstützt die Anwendung“, ist wohl kein Zufall. Das Wasser ist eiskalt und der Strahl geradezu erbarmungslos.

Aber noch bin ich nicht fertig: Eine zweite Runde steht noch an. Wechselduschen, so habe ich gelernt, werden immer zweimal gemacht und enden mit kaltem Wasser. Wichtig danach ist, sich moderat und leicht zu bewegen, damit man sich möglichst rasch wieder rundherum aufwärmt. Ich gehe also in meiner Wohnung herum, ziehe ab und zu die Knie nach oben, schwinge meine Arme.

Vor Beginn: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt!
Am Frühstückstisch sitzend, kann ich dann ganz klar feststellen, dass Kneipp heute genau das für mich getan hat, was er versprochen hat: Ich fühle mich sehr gut – wach und aufmerksam, voller Energie. Ich werde das also wieder machen. Und freue mich sogar darauf. Vielleicht werde ich in den nächsten Tagen auch etwas Anderes noch ausprobieren.

Denn die Wechselduschen sind bei Weitem nicht die einzige Wasseranwendung, die man für zu Hause entdecken kann. Auch etwa der Gesichtsguss bietet sich an. Er soll nicht nur die Durchblutung fördern und die Haut straffen und erfrischen, sondern etwa auch eine wohltuende Wirkung bei Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit haben. Das ansteigende Fußbad kann bei Beschwerden rund um den Hals-Nasen-Rachen-Raum helfen. Der Knieguss etwa wirkt positiv auf die Venen und hilft bei überlasteten, schmerzenden Füßen. – Einen Tipp für die „Kneippsche Kaffeetasse finden Sie hier

Aber Achtung: Halten Sie vor Beginn einer jeden Kneipp-Anwendungen mit Ihrem Hausarzt Rücksprache. Er kennt Sie und kann beurteilen, welche Anwendung Ihnen gut tun und ob es auch welche gibt, von der Sie lieber Abstand nehmen sollten.

Kneipp – öffentlich

Und sollten Sie Lust bekommen haben, die eine oder andere Wasseranwendung für sich zu entdecken, aber das Ganze lieber in freier Natur ausprobieren wollen, haben wir noch einen Tipp für Sie: In Mönichkirchen im südlichen Niederösterreich befindet sich seit einigen Jahren einen Wasserpark, der sich ganz dem Thema Wasser und Gesundheit widmet – er befindet sich ganz in der Nähe der Talstation Sonnenbahn. Und auch in Wolkersdorf im Weinviertel gibt es am Alten Platz eine frei zugängliche Kneipp-Anlage.

▶ Tipps zum Selbstversuch und Kneipp-Plätze:
kneipp.com
kneippbund.at
moenichkirchen.at
thermewien.at (geöffnet ab 19.5.)

Serie: Sebastian Kneipp

Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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