29. Sonntag im Jahreskreis | 17. Oktober 2021
Meditation

Foto: Neuhold

Psst! Ruhebereich

Viele Menschen meinen, dass sie ständig aktiv sein müssen. Immer sind sie am Tun und Werkeln. Sie vermeiden den Stillstand. Dabei täte es ihnen gut, den inneren Freiraum zu betreten, der sich ihnen in der Stille bietet …
Die Welt ist laut und geschwätzig. Wir leben mit einem Grundrauschen, das nie aufhört: Der Lärm der Autos und Züge verursacht einen permanenten Geräuschpegel. Dazu gesellt sich die Dauerberieselung durch Fernseher und Smartphone. Bisweilen wird uns die unaufhörliche Beschallung zu viel …
Doch selbst wenn ich mich dem Lärm entziehe, ist es mit dem Stillhalten gar nicht so einfach. Vielleicht kennen Sie das: Erschöpft vom Zuviel, schließe ich die Zimmertür hinter mir und lasse mich in einen Sessel fallen. Kaum aber ist es um mich herum etwas ruhiger geworden, da werden innere Stimmen laut. Gedanken umschwirren mich, Sorgen und Probleme fallen mir ein, unerledigte Aufgaben klopfen an. Ärger, den ich hinuntergeschluckt habe, stößt mir sauer wieder auf. Ob viele Menschen in den äußeren Lärm flüchten, weil sie sich vor der inneren Unruhe ängstigen?
Wer sich auf die Stille einlässt, begegnet tatsächlich zuerst sich selbst, seinen Gedanken, Sorgen und Problemen. Aber er kann diese bewusst ablegen, wenn er sich Zeit für die Stille nimmt. Und sagen: „Ja, ihr seid da. Dennoch will ich mich jetzt nicht mit euch beschäftigen. Ich lasse euch weiterziehen wie die Wolken am Himmel.“ So klingt der innere Lärm langsam ab, und ich finde zur Ruhe.
Solche Augenblicke sind wertvolle Geschenke. Mit einem Mal ist es ganz still in mir. Und dann atme ich auf: Niemand will etwas von mir. Und auch ich selbst will jetzt nichts mehr von mir. Nicht einmal Gott will etwas von mir. Er will vielmehr mich, mein Dasein, mein Glück.
Wer die Stille sucht, erhält sich den Sinn für Zwischentöne, für alles Zarte und Leise. Beziehungen wachsen in der Stille. Nur wer schweigen kann, vermag auch gut zuzuhören. Und schließlich hat die Stille etwas Reinigendes. Denn unser Inneres ist wie ein Resonanzraum. Mein Inneres muss leer werden, damit in mir zum Klingen kommt, was mich berührt …
Stille ist kein Mangel an Geräuschen, sondern ein Zustand von Fülle. Ist sie vielleicht der Nachklang eines großen Akkordes, mit dem Gott seine Schöpfung ins Dasein gerufen hat?

Aus: Andreas Knapp, Wer alles gibt, hat die Hände frei, Verlag Bene!

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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