Weltanschaungsarbeit heute | 21
Botschaft aus dem Jenseits
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Ein Erfahrungsbericht.
Es ist ein spätsommerlicher Tag wie aus dem Bilderbuch. Bei strahlendem Sonnenschein haben sich an diesem Nachmittag im Veranstaltungssaal einer kleinen Landgemeinde knapp 130 Menschen versammelt, altersmäßig bunt durchmischt. Sie alle warten gespannt auf die Referentin aus dem benachbarten Ausland. Großes konnte man über sie bereits in der Vorankündigung lesen. Sie hätte „ganz sicher einen Draht nach drüben!“, erzählt eine Besucherin ihrem Nachbarn.
Der Tisch, an dem die Vortragende Platz nimmt, ist mit Blumen und einer brennenden Kerze geschmückt. Als „Medium“, das mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen könne, wird sie auf der Tafel neben dem Tisch vorgestellt. Im ersten Teil des Vortrages skizziert sie, was einem im Moment des je eigenen Todes erwarten würde. Sie verwendet Bilder aus Berichten von PatientInnen mit sogenannten Nahtoderfahrungen, die den meisten im Saal wohl bekannt sind: das Gefühl des Verlassens des eigenen Körpers; der Weg durch einen dunklen Tunnel; das Hineingehen in ein Licht, das als umfassende Liebe wahrgenommen wird. Dabei betont sie, dass es irgendwann im Laufe des Sterbeprozesses einen Punkt gäbe, an dem die Seele nicht mehr in den Körper zurückkehren könne.
Es folgt eine kurze Pause, in der alle den Raum verlassen müssen. Nach der Pause ist der Raum abgedunkelt. Weihrauchduft liegt in der Luft und aus dem Lautsprecher tönt Andreas Gabaliers Lied „Amoi seg’ ma uns wieder“. Für eine mystische und hochemotionale Atmosphäre ist also gesorgt. Die Referentin tritt nun als „Medium“ auf, das mit Verstorbenen kommunizieren kann. Mit einem milden Lächeln und einem starren Blick über die Köpfe der BesucherInnen hinweg gibt sie vor, die Figur einer älteren Dame, die – so ihre vage Beschreibung – am rechten Bein verletzt sei, schemenhaft zu sehen. Eine Besucherin zeigt auf und meint, dies sei eindeutig ihre kürzlich verstorbene Mutter. Daraufhin teilt die Referentin der mittlerweile weinenden Tochter Botschaften der verstorbenen Mutter mit. Auf diese Art und Weise „erfahren“ in der kommenden Stunde weitere acht Anwesende etwas von ihren verstorbenen Angehörigen. Fragen sind keine erlaubt. Im Anschluss können noch Einzelsitzungen à 140 Euro pro Stunde gebucht werden.
Solche Veranstaltungen sind keine Einzelfälle, denn die Sehnsucht vieler Menschen ist groß, mit ihren verstorbenen Angehörigen Kontakt aufzunehmen. Immer wieder werden wir als WeltanschauungsreferentInnen gefragt, was wir davon halten. Aus christlicher Perspektive ist der Fall klar: Diese Art von „Medium“ und „Kontaktaufnahme mit Verstorbenen“ gibt es nicht. Dennoch ist es wichtig, in solchen Fällen tiefer zu blicken und die dahinter liegenden Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen ernst zu nehmen. Dies versuchen wir mit der Initiative „Bist du vergänglich?“.
Herbert Mühringer
Referat bzw. Fachstelle für Weltanschauungsfragen
Initiative „Bist du vergänglich?“
Hier bieten wir Hilfestellungen und Einschätzungen zum Thema:
www.weltanschauungsfragen.at/der-perfekte-mensch/bist-du-vergaenglich
Herbert Mühringer ist Theologe, Religionspädagoge und Referent für Weltanschauungsfragen in der Diözese Linz.
Was ist von Angeboten wie dem nebenan Beschriebenen zu halten?
Aus christlicher Perspektive ist der Tod als die unüberschreitbare Grenze unseres irdischen Lebens anzuerkennen. Auch wenn das Interesse der BesucherInnen nachvollziehbar ist, so bleibt doch die Frage, inwiefern diese unüberprüfbaren „Botschaften“ den Hinterbliebenen in ihrem Trauerprozess eine Hilfe sein sollen. Für ChristInnen zählen das Bestatten der Verstorbenen, sowie das Trösten und Begleiten der Trauernden zu den Werken der Barmherzigkeit – ganz ohne finanzielle Interessen.
Welche Bedeutung hat für Sie der Glaube an ein Leben danach?
Eine große Bedeutung! Die christliche Hoffnung, dass der Tod nicht das Ende meiner Existenz ist, schenkt mir die Gelassenheit, in diesem Leben nicht alles erreichen zu müssen und manche Grenzen – des Machbaren – akzeptieren zu können.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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