Vor den Vorhang - Gedenkkultur
Suchen, finden und gedenken
- Ob Frohnleiten oder Frauenberg an der Enns: Die steirischen Friedhöfe sind von unterschiedlicher Größe und Erreichbarkeit. Für Ortsunkundige kann die Suche nach der letzten Ruhestätte eines geliebten Verstorbenen mühsam werden. Stiller Begleiter kann helfen. Neuhold (2)
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Stiller Begleiter. Hilfe bei Trauer und Gedenken.
Wenn ein geliebter Mensch verstirbt, braucht es für alles einen Ort – für Trauer, für Dankbarkeit und für das Gedenken. Doch was, wenn man nicht weiß, wo ein geliebter Mensch begraben ist? Wenn man das Grab nicht pflegen kann, weil man zu weit weg wohnt? Oder, wenn man Hilfe in seiner Trauer sucht?
Fragen wie diese beantwortet die Katholische Kirche Steiermark seit kurzem mit Hilfe von Stiller Begleiter, einem Anwendungsprogramm (engl: Application, kurz: App), das am Laptop oder am Smartphone läuft. Die App trägt dazu bei, Gräber schneller zu finden und das Totengedenken im Alltag praktisch umzusetzen.
„Am Schlimmsten ist in einer Situation des Abschiednehmens, wenn man von anderen überfordert wird“, sagt Sarah Knolly. Die in der Diözese Graz-Seckau tätige Referentin für Diakonie und Gemeinschaft ist seit 2024 auch im Projektteam Stiller Begleiter. Was Menschen, die offen trauern können, hilft, kann oft für jene, die nur im Stillen Abschied nehmen wollen, zu viel sein. Was beiden Menschentypen gemeinsam ist: Sie wollen ihrer Verstorbenen gedenken.
Der Trauer Raum geben
„Stiller Begleiter ist einfach da“, sagt Sarah Knolly. Installiert am Handy, ist der elektronische Behelf für die Seelsorgerin in mehrerlei Hinsicht wertvoll: Neben der Gräber-Suche oder dem Buchen von Dienstleistungen in der Grabpflege verweist die App auch auf Trauerbegleiterinnen und -begleiter in unterschiedlichen Seelsorgeräumen und Pfarren in der Steiermark. Wenige Klicks führen zu SeelsorgerInnen in der Pfarre oder dem Seelsorgeraum – mit Verweis auf den pastoralen Schwerpunkt der Betreffenden. Ob Trauer um ein Sternenkind, das gemeinsame Trauern mit Kindern oder spirituelle Krisenintervention: Neben TrauerbegleiterInnen kann man auch Veranstaltungen finden, Trauerspaziergänge, Gruppentreffen, Hinweise zur Begräbnisplanung oder Online-Beratungsangebote. „Auf diese Weise kommt man auch niederschwellig zu seelsorglichen Leistungen“, sagt Marika Kaufmann, die das 2024 gestartete Projekt Stiller Begleiter in der Diözese Graz-Seckau leitet.
Den Wert einer digitalen Unterstützung im Trauerfall haben auch andere Organisationen erkannt. Vereine wie Rainbows, wo Kinder und Jugendliche nach der Trennung ihrer Eltern psychologisch aufgefangen werden, oder der Sterntalerhof, ein Hospiz im Burgenland für Kinder und deren Familien, hätten Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet, berichtet Sarah Knolly, die selbst Trauernde begleitet. Bald sollen auch noch weitere Vorschläge für Lieder und Texte über die App verfügbar sein, um die NutzerInnen bei der persönlichen Gestaltung von Verabschiedungen intensiver zu unterstützen, kündigt Knolly an.
- Kerzen entzünden, Blumen pflanzen. Ein Grab betreuen kann die App natürlich nicht, doch Dienstleistungen im Bereich der Grabpflege kann man am Handy buchen.
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Dienstleistungen bestellen
Was bereits gut funktioniere, sei die Suche nach Verstorbenen, weiß Marika Kaufmann. Dabei sei man angewiesen auf Daten, die von den Pfarren übermittelt würden. Auch wenn eine lückenlose Erfassung aller Verstorbenen in der Steiermark wohl nie ganz möglich sein werde, so lohne sich die Gräbersuche längst. Bereits jetzt können Gräber auf 320 Friedhöfen in der ganzen Steiermark gefunden werden.
Neben dem elektronischen Totengedenken wie dem Entfachen einer Kerze online oder ein Blumengruß per Mausklick, wird bald auch echte Grabbetreuung möglich sein. „Viele Dienstleister haben bereits Kontakt mit uns aufgenommen und ihre Zusammenarbeit zugesagt“, sagt Marika Kaufmann, die auch den diözesanen Fachbereich Friedhofsverwaltung seit 2023 leitet. Bald schon könne man Dienstleistungen wie Blumenlieferungen an Gräber oder das Kerzenanzünden buchen.
Das große Ganze sehen
Ob Erdgrab, Baumbestattung oder Urne: Damit Gedenken möglich wird, braucht es das Zusammenspiel vieler. Was die Bereitstellung des „Stillen Begleiters“ anbelangt, so wünschen sich Sarah Knolly und Marika Kaufmann auch weiterhin ein gutes Miteinander. „In der Trauerpastoral geht es nicht um einen einzelnen Friedhof, um eine Pfarre oder um einen einzelnen Seelsorgeraum“, sagt Sarah Knolly. Es gehe vielmehr darum, Trauernde bestmöglich zu unterstützen.
Damit Verstorbener gedacht, Grabstätten gepflegt und Hinterbliebene getröstet und begleitet werden können, brauche es weiterhin Menschen vor Ort. Jetzt unterstützt dabei auch eine App, die – am Handy installiert – Angehörigen jederzeit zugänglich ist. „Der Wunsch wohl eines jeden Menschen ist, von seinen Lieben nicht vergessen zu werden“, ist Marika Kaufmann überzeugt. Stiller Begleiter kann helfen, diesem Wunsch nachzukommen. An Allerseelen und an jedem anderen Tag.
Anna Maria Steiner
Stiller Begleiter
Die App ist kostenlos, ebenso die seelsorglichen Angebote wie Trauerbegleitung und Behelfe im Bereich der Trauerbewältigung (zu finden unter dem Punkt „Für Trauernde“). Für eine digitalen Erinnerungsseite fällt ein einmaliges Nutzungsentgelt an (36 € für drei Jahre). Die Kosten für Dienstleistungen wie das Anbringen von Blumenschmuck am Grab richten sich nach dem jeweiligen Dienstleister.
stiller-begleiter.at. Bei Fragen: office@stiller-begleiter.at
Handy-App
Suchen, finden und gedenken. Am Smartphone installiert, können Trauernde die Funktionen von Stiller Begleiter via Handy-App mobil nutzen.
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Im Originalton
Marika Kaufmann leitet den Fachbereich Friedhofsverwaltung in der Diözese Graz-Seckau.
Wichtige Brücke
Was ist Stiller Begleiter?
Als Katholische Kirche wollen wir zeitgemäß und effektiv helfen – gemäß den Fragen: Was brauchen Trauernde?, und: Was braucht es in der Grabpflege? Stiller Begleiter ist eine Plattform, die Leistungen in diesem Zusammenhang bündelt.
Was kann die App?
App und Webversion haben vier zentrale Funktionen: Trost und Hilfe für Trauernde, etwa durch Ansprechpersonen oder Texte; leichtes Auffinden von Grabstellen; die Möglichkeit, Grab-Dienstleistungen zu buchen wie Kerzenanzünden, Blumen ans Grab liefern lassen, sowie das Gestalten von Erinnerungen. Dadurch können Lebenswege, Stammbäume, Anekdoten, Bilder und mehr über Generationen weitergegeben werden.
Findet man jedes Grab?
Von den insgesamt 336 Pfarrfriedhöfen in unserer Diözese sind bereits über 300 im Stillen Begleiter. Dazu kommen noch einige Friedhöfe der Gemeinden, sodass aktuell 320 Friedhöfe in der App sind, und: Weitere Friedhöfe haben angefragt und wollen mitmachen.
Ersetzt die App Menschen?
Auf keinen Fall – den Trost eines Menschen kann die App nicht ersetzen. Neben Hauptamtlichen sind Ehrenamtliche unverzichtbar. Die Plattform Stiller Begleiter macht Hilfe sichtbar und leichter zugänglich. Was brauchen Trauernde und welche Unterstützung gibt es in der Diözese? Hier hat die App eine Brückenfunktion.
- 336 Pfarrfriedhöfe gibt es in der Steiermark. Jene Friedhöfe, deren Gräber man in der App zu finden kann, sind mit einer Tafel gekennzeichnet, wie dieser in St. Anna am Aigen.
- Foto: privat
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Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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