Gedenken an Prälat Willinger und Prälat Eichinger
Franz Willinger – ein visionärer Publizist

Prälat Franz Willinger in seinem Büro im NÖ Pressehaus | Foto: Archiv Kirche bunt
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Das Jahr 2022 soll nicht vorübergehen, ohne dass „Kirche bunt“ der beiden langjährigen Herausgeber und Chefredakteure Prl. Franz Willinger und Prl. Josef Eichinger gedenkt. Für beide jährte sich im vergangenen November ein „halbrunder“ Geburtstag. Dkfm. Herbert Binder, langjähriger Geschäftsführer des NÖ Pressehauses und heutiger Mitherausgeber der NÖN, blickt zurück.

Am 12. November waren es 110 Jahre, seit Franz Willinger, Prälat und Pressvereinsdirektor in St. Pölten, einer der markantesten priesterlichen Publizisten Österreichs im vergangenen Jahrhundert, als eines von acht Kindern einer Bauernfamilie in Altpölla zur Welt kam.

Mir war es gegönnt, ihn rund drei Jahrzehnte beruflich zu begleiten und so darf ich im Folgenden ein paar Randglossen zur kirchlichen Zeitgeschichte vermerken, um die wahre Dimension des Wirkens einer so herausragenden Persönlichkeit erahnbar zu machen.

Warum etwa übersiedelte Willinger schon nach ein paar Kaplansjahren 1940 ins Ordinariat? Bischof Memelauer hatte ein behütendes Auge auf seine auffallend tapferen Kämpfer an der pastoralen Front. Ihnen und der Kirche sollten Konsequenzen im üblichen Crescendo Predigtverbot – Gauverweis – KZ erspart bleiben. Auch der spätere Abt von Stift Zwettl, Ferdinand Gießauf, musste ja in die unmittelbare Obhut seines Hirten. Nicht zuletzt wohl auch Franz König als von Gestapo-Spitzeln belauerter vierter (!) Kaplan der Dompfarre.
1946 bis 1954 war Franz Willinger dann Pfarrer von Strengberg. Dies allerdings mit der Zusatzaufgabe, sich um den Aufbau eines „Kirchenblattes für die Diözese St. Pölten“ zu bemühen. In erster Linie war das in den Nachkriegsjahren allerdings kein publizistisches Problem, sondern ein solches der „Wodka-reichen“ Papierbeschaffung über die Offiziere der Sowjets im heutigen Hotel Imperial. Eine Herausforderung für den Antialkoholiker Willinger …

Kampf um Papier und politische Unabhängigkeit

Länger dauerte des inzwischen schon Monsignore Gewordenen Kampf um die Rückgabe der „Viertelszeitungen“, Vorgängerinnen einiger heutiger NÖN-Ausgaben. In der Zwischenkriegszeit den Christlichsozialen nahestehend, von den Nazis ab 1938 als NS-Zeitung „für das Landvolk“ geführt, waren diese 1945 lizenzmäßig der NEWAG (heute EVN) und damit dem ÖAAB zugefallen – und welche Partei gibt schon gern eine Zeitung her? Mitte der Fünfzigerjahre war’s aber so weit und Msgr. Willinger begann, im damals schier unerschöpflichen personellen Fischteich von Katholischer Jugend und Hochschuljugend kräftig auf Fang zu gehen. Hans Ströbitzer kam damals ins Haus und auch ich, zunächst als studentisch-journalistischer Praktikant und ab 1960 als „Pressvereinssekretär“.

Für das neue Team Willinger stand jedenfalls ein Paradigmenwechsel an: Nach Jahrzehnten nicht hinterfragter oder hinterfragbarer Partei-Nähe war inzwischen für die „freie Kirche im freien Staat“ auch eine neue herausgeberische Positionierung ihrer Medien in Richtung Unabhängigkeit unverzichtbar geworden. Auch kirchenintern war nicht alles einfach: Ich erinnere mich noch der Probleme, die unser väterlicher Chef mit sich selbst hatte, als wir Jungen darum baten, über den Bischof zu veranlassen, dass sonntags nicht mehr von den Kanzeln für die Viertelsblätter (die NÖN gab’s erst ein paar Jahre später) geworben würde …

Flugzettel für Wojtylas Kirchenbau

Geradezu phänomenal war tatsächlich Franz Willingers internationale Reputation in der katholischen Publizistik. Nicht zuletzt in Rom, vor allem aber in der damaligen „Kirche hinter dem Eisernen Vorhang“. Zu meinen eindrucksvollsten Erinnerungen gehören hier die wiederholten Besuche des Krakauer Kardinals Karol Wojtyla, des späteren Papstes Johannes Paul II., bei Prälat Willinger in der St. Pöltner Linzer Straße, wo wir (von uns finanziert) über Jahre hin Drucksorten wie Plakate, Broschüren, Flugzettel u. ä. für Wojtylas Prestige-Projekt, die Kirche von Nowa Huta am Rande Krakaus, nicht nur druckten, sondern mit subtiler Kreativität auch über oder unter dem Eisernen Vorhang nach Polen vor Ort brachten …

Die Skizze der Vielschichtigkeit einer bedeutenden Persönlichkeit wäre unvollständig, würde man nicht die eine oder andere „Schwäche für“ erwähnen – meist ist so etwas ja letztlich eine Stärke, hier Willingers geradezu ansteckende Faszination für alles Technische. Als (noch am Standort Linzer Straße) die erste große Farbdruck-Rotation für „Kirche bunt“ im Dreischichtbetrieb aufgestellt wurde, übernachtete der Herr Prälat mit den Kollegen Monteuren mehrmals gleich auf Feldbetten im Maschinensaal.

Franz Willinger war Visionär, disziplinierter Realist und zutiefst bescheidener, warmherziger Mitmensch. Auf seinem Sterbebildchen lesen wir: „Ich lege alles in Gottes Hände, seiner Barmherzigkeit übergebe ich mein Tun und Leben.“ Von Dkfm. Herbert Binder



Prälat Eichinger zum 95. Geburtstag

Sein 95. Lebensjahr hätte vor wenigen Wochen Prälat OStR Prof. Mag. Josef Eichinger vollendet. Er wurde am 13. November 1927 in Filipovo in Jugoslawien als Angehöriger der deutschsprachigen Minderheit der Donauschwaben geboren, entging nur knapp einem Hinrichtungskommando und kam nach Internierung und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs 1946 nach Österreich, wo er 1949 in Seitenstetten die Matura ablegte. 1954 wurde er zum Priester geweiht, wirkte als Kaplan, Seelsorger der Kath. Arbeiter- und Schülerjugend, Religionsprofessor an der HTL für Hoch- und Tiefbau in Krems und ab 1983 schließlich als Fachinspektor für den Religionsunterricht.
1974 begann mit der Bestellung zum Geistlichen Assistenten der Katholischen Hörfunk- und Fernsehkommission der Diözese St. Pölten und Österreichs sein Wirken im Medienbereich. Ab 1978 war er Obmann des Pressvereins und Herausgeber der NÖN. Nach dem Tod von Prälat Franz Willinger am 1. April 1985 wurde er auch mit der Herausgeberfunktion von „Kirche bunt“ betraut. Als „Medien-Prälat“ führte er die in seiner Verantwortung stehenden Zeitungsunternehmen durch in vieler Hinsicht turbulente Zeiten. Bis kurz vor seinem Tod am 16. Dezember 2015 war er inhaltlich wie wirtschaftlich für „Kirche bunt“ verantwortlich und trug wesentlich zum guten Ruf der „St. Pöltner Kirchenzeitung“ weit über die Diözesangrenzen hinaus bei. red-

Prälat Franz Willinger in seinem Büro im NÖ Pressehaus | Foto: Archiv Kirche bunt
Prälat Mag. Josef Eichinger leitete Kirche bunt von 2004 bis Dezember 2015. Er starb am 15. Dezember 2015. | Foto: Redaktion Kirche bunt
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Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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