Interview mit Prof. P. Dr. Ewald Volgger
Pfarren sind gefordert zu neuen Angeboten

Prof. Pater Dr. Ewald Volgger | Foto: zVg

Welche Trends gibt es in der Friedhofskultur?

Prof. Pater Dr. Ewald Volgger: Es hat sich in den letzten Jahrzehnten ein intensiver Trend zur Feuerbestattung herausgebildet. Dieser Trend ist unter anderem durch mangelnden Platz auf vielen Friedhöfen in Ballungsräumen verursacht. Hinzu kommt als weiterer wichtiger Grund die Mobilität, also dass viele Menschen nicht mehr ihre Angehörigen in der Nähe haben und daher stellen sich viele die Frage: Wer wird später mein Grab gestalten? Ein dritter Grund ist die finanzielle Frage: Die Kremation und die Bestattung einer Urne ist doch um einiges günstiger als die Erdbestattung. Als viertes kommt hinzu, dass Menschen zusehends Abstand nehmen von den traditionellen Formen. Sie fühlen sich nicht mehr so gebunden an die konventionellen Abläufe, die von der Kirche vorgegeben werden – auch wenn die Kirche die Möglichkeit der Urnenbestattung mittlerweile längst zugelassen hat.

Was bedeuten diese Trends für die christlichen Fried­höfe?

Volgger: Pfarren sind gefordert zu neuen Angeboten: Einerseits, dass es auf den Pfarrfriedhöfen Möglichkeiten zur Urnenbestattung geben soll, die auch ästhetisch gestaltet wird, was eine Herausforderung für die Friedhofsgestaltung ist. Und es braucht ein neues Ritengefüge, denn durch die Abläufe, die im Zusammenhang mit Kremation möglich sind, sind wir gefordert unterschiedliche Verabschiedungsmöglichkeiten anzubieten. Wenn es der Pfarrgemeinde ein Anliegen ist, für die Hinterbliebenen eine Trostgemeinschaft zu sein und einen Ort zu bilden, wo Trauer Platz findet und gemeinsames Verabschieden möglich ist, dann wird die Pfarrgemeinde darauf achten, dass die Verabschiedung in Anwesenheit des Sarges stattfindet, wo die Gemeinde sich versammelt und der Sarg dann anschließend zur Kremation gebracht wird.

Wie bewerten Sie als Theologe die Feuerbestattung?

Volgger: Auch wenn schon Karl der Große (747/748–814) die Erdbestattung vorgeschrieben hatte, so war die Feuerbestattung deswegen theologisch nicht unmöglich, weil wir ja auch immer wieder Märtyrer hatten, die verbrannt wurden oder Menschen, die bei Katastrophen im Feuer umgekommen sind. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gilt, dass die Art der Bestattung theologisch keine Auswirkung auf den Auferstehungsglauben hat. Die Menschen sollen die Freiheit haben, die Bestattungsform zu wählen. Die von der Kirche bevorzugte Bestattungsform ist, so zu bestatten, wie Christus bestattet wurde – nämlich in einem Erdgrab. Aber Bevorzugen heißt nicht Verurteilung von etwas anderem. Wir haben so viele Urnenbestattungen, dass man sagen kann, dass das inzwischen schon als normal angesehen wird.

Ewald Volgger OT ist römisch-katholischer Ordensgeistlicher sowie Theologe und Liturgiewissenschaftler. Er war Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz (2010–2014).

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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