Biblische Gestalten - Maria, die Mutter Jesu
Der Superstar im Himmel

Sixtinische Madonna. Raffael (Raffaelo Santi) zeigt die strahlende Maria, als die sie verehrt und geliebt wird. | Foto: Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Elke Estel/ Hans-Peter Klut
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  • Sixtinische Madonna. Raffael (Raffaelo Santi) zeigt die strahlende Maria, als die sie verehrt und geliebt wird.
  • Foto: Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Foto: Elke Estel/ Hans-Peter Klut
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Maria, die Mutter Jesu, ist die Gottesgebärerin, unsere Mutter, die Fürsprecherin aller bei Gott. Sie steht über allen Heiligen, ja, man kann sagen dass sie die populärste Heilige in der katholischen Kirche ist.

Manchmal geht die Marienverehrung soweit, dass sie als Himmelskönigin gleichsam als vierte Person der Trinität von Vater, Sohn und dem Heiligen Geist gleichgestellt wird. Das ist keineswegs so, wie der Neutestamentler Thomas Söding erklärt.

Mit Maria setzen wir in unserer Serie über biblische Figuren die Reihe der herausragenden Frauen in der Heiligen Schrift fort. Aber sie genießt darüber hinaus eine unangefochtene Popularität, sie ist der Superstar mit unglaublicher Strahlkraft.

Thomas Söding
ist Theologe und Professor für
Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum.

  • Was wissen wir gesichert über Maria?

THOMAS SÖDING: Maria kommt in allen Evangelien vor mit unterschiedlichen Rollen. Das Entscheidende ist, dass sie die Mutter Jeus ist, das ist zentral. Vieles andere ist aus den Apokryphen, also nicht gesichert. Diese Darstellungen dienen eher der Frömmigkeit.

Im Frauenbild der Antike entsprichen sie einem Ideal: Maria ist zur Schule gegangen. Sie ist gebildet und hat die beste Bildung genossen, die es damals gab. Maria liest in vielen Bildern, als Gabriel zu ihr kommt. Das soll uns zeigen, dass sie selbstbestimmt war, ja frei; sie wurde zu nichts gezwungen. An ihrem Gottesglauben hat sie immer festgehalten.

  • Wieso berührt die Geschichte der Maria seit 2000 Jahren die Menschen?

Ja, sie ist die Mutter Jesu, die Jesusgeschichte geht zu Herzen gehen: Leiden, Erlösung, Trauer Hoffnung. Die Mutter ist wohl am engsten mit ihrem Kind verbunden, so ist da auch bei Jesu. Maria hat bei der Geburt ihres Kindes keineswegs alles verstanden, aber sie war eine gläubige Person, die gelernt hat. Dann steht sie hinter dem Kreuz Jesu, in ihrer Mutterliebe bleibt sie bei ihrem Kind. Sie trauert, das ist erschütternd. Aber sie ist auch bei der Erlösung dabei.

Im Magnificat bei Lukas ist sie als Frau eine Prophetin, sie bezeugt den Sieg des Lebens über den Tod. Man darf Maria nicht abgrenzen. Sie teilt das Schicksal vieler Frauen - das ist gut, gerade wenn das Leben schwer ist.

  • Welche Inhalte über ihren Glauben zeigt uns Maria? Was hat sie geglaubt?

Maria ist eine Jüdin, durch und durch. Das Judentum ihrer Zeit ist vielfältig. Juden definieren sich über ihre gemeinsame Geschichte. Als Jüdin glaubt Maria an den einen Gott. Sie steht für ein gläubiges Judentum, das nicht an den Schaltheben der Macht ist, aber hoffnungsfroh. Da gibt es ihre Kusine Elisabet und deren Mann Zacharias, Hanna und Simeon und natürlich Josef, ihren Verlobten und Mann. Sie leben still im Land. Diese Leute bekommen jetzt eine Stimme und Sprache.

Lukas schildert uns Maria als Frau aus dem Volk, das mit einer Hoffnung unterwegs ist. Gewiss: Viele Juden waren desinteressiert. Das ist bei Maria entschieden nicht der Fall. Sie hofft auf den Messias – und diese Hoffnung wird in Jesus, ihrem Kind, erfüllt. Das musste Maria erst lernen.

Du bist nicht allein, Maria ist auf deiner Seite.

  • Wie ist es zur der Strahlkraft Mariens gekommen?

Maria strahlt. Denn sie glaubt. Aber ihre Ausstrahlung darf nicht den Glauben an Gott überstrahlen. In manchen Auswüchsen des Marienkultes passiert das: eine Katastrophe. Das neutestamentliche Bild ist anders. Aber wenn Gott nur als der Allmächtige im Himmel gesehen wird, ist vielen die Distanz zu groß. Maria ist näher: Sie ist Fürsprecherin.

Manche denken, dass sie in der christlichen Religion die Rolle weiblicher Gottheiten übernehmen solle. Das ist falsch. Dass ist auf dem Konzil von Ephesus als „Gottesgebärerin“ erklärt wird, sichert, dass Jesus, der Heiland, wahrer Mensch ist.

Es bedarf der weiblichen Gottheiten nicht mehr. Das Original ist die Mutter Jesu, die Gott nahe kommt. Sie ist eine Vorreiterin aller Menschen. Aber es nimmt einen Volksglauben auf, der biblisch inspiriert ist. „Leiblich“ heißt: Es geht um sie selbst, als Person, als Maria, nicht um einen Geist oder eine Idee. Aufnahme heißt: Gott hat sie angenommen – so wie er allen Menschen verspricht, dass sie bei ihm willkommen sind.

Die Theorie mag kompliziert sein. Die Bilder, die Lieder und Feste sind hinreißend. Also zusammengefasst: Maria ist Fürsprecherin. Im Gebet wird klar: Du bist nicht allein, sondern Maria ist auf deiner Seite.

  • Wieso wird Maria zur Namensgeberin von Orden und Gebetsgemeinschaften bis hin zu kirchlichen Reformbewegungen wie Maria 2.0?

Weil sie für die Kirche steht. Die Namensgebung Maria 2.0 finde ich klasse, das zeigt, Maria heute, Maria digital, Maria vernetzt, 1.0 ist eine Gegenformulierung. Hier sammeln sich traditionelle und traditionalistische Stimmen. Man muss aufpassen, dass sie nicht zum Zankapfel wird.

  • Wie ist es passiert, dass Maria auch im Islam eine Rolle spielt?

Weil Jesus im Koran sehr wichtig ist. Deshalb auch seine Mutter. Auch im Koran ist eine Jungfrau. Sie verbindet die drei monotheistischen Weltreligionen, als Frau aus dem Volk, die zu Gott „Ja“ gesagt hat.

Serie „Biblische Gestalten"

Autor:

Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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