Meinung
Gestufte Mitgliedschaft

Heinz Kasparovsky (66) war Jurist im Bundesdienst und ist ehrenamtlich im Bereich der Liturgie in der Erzdiözese Wien tätig. | Foto: Marek Kalisz CM
  • Heinz Kasparovsky (66) war Jurist im Bundesdienst und ist ehrenamtlich im Bereich der Liturgie in der Erzdiözese Wien tätig.
  • Foto: Marek Kalisz CM
  • hochgeladen von Carina Böckle

Das Editorial der Nummer 33 spricht ein sensibles Thema an, das auch mich beschäftigt. Schon bei der Entstehung der ersten christlichen Gemeinden war die Frage brisant, wer dazugehören darf – jüdische Gläubige, die sich durch die Beschneidung voll zugehörig fühlten, oder auch Heidenchristen, eine Art „Quereinsteiger/innen“. Das Apostelkonzil (Apg 15) entschied für ein Öffnen der Kirche für alle, die zu ihr gehören wollten, auch wenn sie nicht die klassische „Laufbahn“ durchlebt hatten.

Häufig werden wir mit dem scheinbaren Paradoxon konfrontiert, dass Menschen, die praktisch mit der Kirche nichts zu tun haben, sich an Wendepunkten ihres Lebens – bei persönlichen Ereignissen wie Begräbnis und Hochzeit oder Feiern aus dem christlichen Jahreslauf wie Segnung der Adventkränze und Aschenkreuz – einen Dienst der Kirche wünschen.

Das stellt uns vor die Entscheidung:
a) Wenn du etwas von der Kirche willst, musst du dazugehören (und deinen Beitrag zahlen) oder
b) Wenn du einen Dienst der Kirche möchtest, dann stehen dir ihre Türen offen.

Im zivilen Bereich (z.B. eine Leistung der Gewerkschaft) wäre wohl Ersteres üblich. Ich meine, wir als Kirche heute müssen auf die Realitäten des Lebens eingehen und – ich sage das als Jurist! – die Orientierung an Paragrafen zugunsten des Blicks auf Jesus zurückstellen, für den immer der Mensch entscheidend ist.

Ein Beispiel: Eine durchschnittliche städtische Begräbnisgesellschaft wird nicht unbedingt aus Kircheninsidern bestehen, aber trotzdem großen Wert auf den Dienst der Kirche in dieser Ausnahmesituation legen. Möglicherweise gelingt es dabei, in den Herzen der Menschen einen Funken zu entzünden und zur Heilung seelischer Wunden beizutragen. Wir wissen nicht, welche Mosaiksteinchen wir im Leben anderer gelegt haben; oft werden wir es nie erfahren.

Meine Folgerung: Die Vermittlung des Segens Gottes ist eine der großen Außenwirkungen von „Kirche“. Diesen Dienst dürfen wir nicht nur auf „Vollmitglieder“ beschränken.

Der Kommentar drückt die persönliche Meinung des Autors aus!

Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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