Kirche Österreich
Das Warten hat ein Ende
- Nach anfänglichem Zögern hat Josef Grünwidl nach neun Monaten als Apostolischer Administrator zugestimmt das Amt als Erzbischof von Wien zu übernehmen.
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Mit Josef Grünwidl hat die Erzdiözese Wien seit 17. Oktober einen neuen Erzbischof. Kardinal Schönborn zeigt sich erfreut.
Lang hat es gedauert, sehr lang, und ein bisschen bin ich mit schuld“, beginnt der neu ernannte Erzbischof von Wien, Josef Grünwidl, sein Statement bei der Pressekonferenz am Freitag, 17. Oktober. Knapp eine Stunde davor wurde der 62-jährige Niederösterreicher im „Bollettino della Sala Stampa della Santa Sede“ („Bericht des Presseamtes des Heiligen Stuhls“) offiziell als neuer Erzbischofs Wiens verkündet.
Als heuer im Jänner der langjährige Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn zum 80. Geburtstag sein Amt niederlegen durfte, begann das Warten auf den Nachfolger. Josef Grünwidl wurde für diese Zeit zum Apostolischen Administrator ernannt. „Ich rechnete damit, dass ich das zirka sechs bis acht Wochen lang sein werde“, erzählt Grünwidl nun. Doch von Rom kam keine neuer Name. Schnell baute sich eine Erwartungshaltung auf, dass er die Schönborn-Nachfolge antreten solle. Doch Grünwidl hatte andere Pläne: „Ich war in dieser Zeit von der Arbeit und der Vielfalt der Bereiche völlig erschlagen“, gibt er offen zu. So habe er dem Apostolischen Nuntius im März mitgeteilt, dass er sich nicht im Stande sehe, das Amt zu übernehmen. „Ich dachte, damit sei für mich alles erledigt, doch dem war nicht so“, schmunzelt er heute.
Nicht perfekt, sondern verfügbar. Warum er am 15. Oktober schließlich doch Ja gesagt habe? „In diesen neun Monaten hat sich viel verändert – für mich und in mir“, erklärt Grünwidl. Er sei vertrauter mit der Arbeit, den MitarbeiterInnen und der Erzdiözese geworden. Er war viel unterwegs, und wo er hinkam, hörte er: „Bitte sagen sie nicht Nein, wenn Sie gefragt werden!“ All das und eine persönliche Erkenntnis haben zum Sinneswandel beigetragen: „Ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe und hielt mich nicht dafür geeignet“, so Grünwidl. Aber er habe gelernt: „Gott will mich nicht perfekt, sondern verfügbar.“ Und er sei zu der Überzeugung gekommen: „Niemand ist für dieses Amt geeignet.“ Heute könne er „aus ganzem Herzen Ja“ sagen.
Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer.
Zwei Tage nach seiner Entscheidung könne er noch kein Programm vorlegen. Aber eines könne und wolle er: Erzählen, wer dieser Josef Grünwidl sei und wie er ticke. Seit 37 Jahren ist er Priester in der Erzdiözese Wien, davon 32 Jahre in der Seelsorge. Der Kontakt mit den Menschen ist ihm ein großes Anliegen. Daneben gibt es noch ein Herzensthema: die Kirchenmusik. Während des Theologiestudiums studierte er Orgel (Lebenslauf: Spalte links).
Daher füge es sich gut, dass der Tagesheilige vom 17. Oktober der heilige Ignatius von Antiochien ist. Sein Ausspruch „Nehmt Gottes Melodie in euch auf“ ist Programm für Grünwidl. Dabei soll Seelsorge helfen. Auch als Erzbischof wolle er nicht in Management und Verwaltung untergehen, sondern Seelsorger bleiben. Außerdem sehe er sich als Teamplayer. „Du bist der neue Chef – wo gehtʼs lang? So funktioniert Kirche nicht. So sehe ich mich nicht“, betont er. Den synodalen Weg, den Papst Franziskus der Kirche verordnet habe, gehe er gerne mit. Eine weitere Aufgabe als Erzbischof sei das Brückenbauen. Innerkirchlich, ökumenisch, interreligiös, innerhalb der Gesellschaft. Besonders vom „Schrei der Armen“ wolle er sich und sein Tun hinterfragen lassen.
Melodie der Hoffnung. Abschließend ist ihm wichtig zu betonen: „Die Kirche ist besser als ihr Ruf!“ Er wolle Kirche nicht nur durch die Problembrille sehen. „Meine Aufgabe ist es, als Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer Hoffnung zu machen – in dem Wissen, dass es um die Melodie des Evangeliums geht, eine Melodie der Zuversicht.“
Kardinal Christoph Schönborns Antwort auf die Frage, was für Grünwidl spreche, fällt sehr kurz aus: „Sie haben ihn gehört. Jetzt verstehen Sie, warum ich mir gewünscht habe, dass er mein Nachfolger wird.“ Ein besonderer Moment für Kardinal Schönborn wird es, wenn er Josef Grünwidl bei der Bischofsweihe den Stab überreichen darf. „Das ist für mich das Symbol der Kontinuität und der Hoffnung für die Zukunft, denn es geht weiter.“
Katharina Grager
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Zur Person
Der Kirchenmusiker und Seelsorger
Josef Grünwidl wurde am 31. Jänner 1963 in Hollabrunn in Niederösterreich geboren und wuchs im nahen Wullersdorf auf. Er besuchte das Erzbischöfliche Gymnasium Hollabrunn, wo er 1981 maturierte. Im Anschluss trat er in das Wiener Priesterseminar ein.
Neben dem Theologiestudium an der Universität Wien absolvierte er zugleich auch ein Orgel-Studium (Konzertfach) an der Musikuniversität Wien. Anfangs noch hin- und hergerissen zwischen beiden Studien bzw. den damit verbundenen Lebenskonzeptionen, war ab dem Studienjahr 1983/84, das er als Auslandsjahr in Würzburg verbrachte, für ihn klar: „Musik ist mein Hobby, Priester werden meine Berufung.“
Grünwidl war von 1988 bis 1991 Kaplan in St. Johann Nepomuk in Wien, von 1991 bis 1993 Kurat der Dompfarre Wr. Neustadt und schließlich von 1993 bis 1995 Wiener Diözesanjugendseelsorger. 1995 bis 1998 war Grünwidl erster Sekretär des neu ernannten Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn.
Von 1998 bis 2014 war Grünwidl Pfarrer in Kirchberg am Wechsel, Feistritz, St. Corona und Trattenbach im südlichen Niederösterreich. Ab 2007 war er zugleich Dechant des Dekanats Kirchberg am Wechsel. 2014 wechselte er nach Perchtoldsdorf. Von 2016 bis März 2023 war er zudem geschäftsführender Vorsitzender des Wiener Priesterrats. Dieses Amt legte er zurück, nachdem er im Jänner 2023 von Kardinal Schönborn zum Bischofsvikar für das Vikariat Süd ernannt worden war.
Am 22. Jänner 2025 ernannte Papst Franziskus Josef Grünwidl schließlich zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien. Am 17. Oktober 2025 wurde er von Papst Leo XIV. zum Erzbischof von Wien ernannt. Josef Grünwidl wird voraussichtlich am 24. Jänner 2026 von Kardinal Christoph Schönborn im Stephansdom zum Bischof geweiht.
◉ Mehr Infos: www.erzbischof.wien
Hirte mit Herz
Stimmen zur Ernennung des neuen Erzbischofs von Wien
„Mit Josef Grünwidl wurde ein Wiener Diözesanpriester mit reichlich Erfahrung in der Pfarrseelsorge wie auch in der Verwaltung der Erzdiözese ernannt. Ich gratuliere Josef herzlich und sage ihm Dank, dass er diesen Dienst für die Menschen in der Erzdiözese mit ihren vielfältigen Herausforderungen angenommen hat. Ich bin überzeugt, er wird, getragen vom Heiligen Geist, mit dem Licht des Evangeliums gute Entscheidungen treffen.“ Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl
„Seine geerdete und menschenfreundliche Art, seine ernsthafte Freude, sein Humor und seine Gelassenheit, aber auch sein Blick auf Menschen am Rand der Gesellschaft habe ich in unseren ersten Begegnungen sehr zu schätzen gelernt. Vor allem bin ich dankbar, für die Menschen in Wien und weit darüber hinaus, dass der neue Erzbischof Kirche weit denkt und gleichzeitig aus einer Tiefe lebt.“
Weihbischof Johannes Freitag
„Wien bekommt mit Josef Grünwidl einen wirklichen Hirten, einen Seelsorger, der mit weitem Herz und wachem Geist wirkt, und der die Nähe Gottes wie auch der Menschen zulässt.“Erzbischof Franz Lackner
„Seine Dialogbereitschaft und sein hörendes Herz lassen hoffen, dass er die Wiener Erzdiözese in einer Zeit des Umbruchs mit Zuversicht und geistlicher Tiefe führen wird.“
Bischof Tiran Petrosyan,
Vorsitzender des Ökumenischen Rates
der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ)
„Für Wien und für dieses Land ist es von großer Bedeutung, dass hier ein Seelsorger in ein so wichtiges Amt kommt, der das Ohr und das Herz bei den Problemen der Menschen hat.“
Bischof Michael Chalpuka,Evangelische Kirchen in Österreich
„Wir freuen uns auf die Fortführung der Zusammenarbeit wie mit den sehr geschätzten Vorgängern Kardinal Christoph Schönborn und Kardinal Franz König.“
Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde
„Wir wünschen ihm Weisheit, Kraft und Gottes Segen für seine neue Aufgabe und Verantwortung. Möge sein Wirken dazu beitragen, dass Verständnis, Respekt und Zusammenhalt in unserem Land wachsen und der interreligiöse Dialog in Österreich weiter gestärkt wird.“
Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubengemeinschaft in Österreich (IGGÖ)
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Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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