Oscar Romero war bei Familie in Amstetten
Der Besuch eines Heiligen

Friedrich Brandstetter, Pfarrmitarbeiter Franz Wininger, Grete Brandstetter und Kaplan Pater Franz Kniewasser sichten Fotos, die an den Amstettner Salesianer-Missionar P. Anton Zarl und Erzbischof Oscar Romero erinnern. Vor über 50 Jahren besuchte der später heiliggesprochene Bischof Romero aus El Salvador die Angehörigen des „Toni-Onkel“.  | Foto: Wolfgang Zarl
  • Friedrich Brandstetter, Pfarrmitarbeiter Franz Wininger, Grete Brandstetter und Kaplan Pater Franz Kniewasser sichten Fotos, die an den Amstettner Salesianer-Missionar P. Anton Zarl und Erzbischof Oscar Romero erinnern. Vor über 50 Jahren besuchte der später heiliggesprochene Bischof Romero aus El Salvador die Angehörigen des „Toni-Onkel“.
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Es war ein beeindruckender Besuch, wir waren sehr ergriffen!“, erzählen die Brandstetters. Es gibt wohl kaum eine Familie in der Diözese St. Pölten, die vom Besuch eines später Heiliggesprochenen berichten kann – möglicherweise trifft dies noch auf Begegnungen mit Papst Johannes Paul II. zu. Mit Bischof Oscar Romero aus El Salvador kam eine der großen Lichtgestalten der Kirche in die Salesianer-Pfarre Amstetten-Herz Jesu, um Verwandte seines Freundes P. Anton Zarl zu besuchen. Romero gilt als einer der prominentesten Verfechter der Befreiungstheologie, im Religionsunterricht im Diözesangebiet wird sein Leben oftmals vorgestellt. Mehrmals vergab in der Diözese St. Pölten die Katholische Männerbewegung auch den Oscar Romero-Preis.

Erinnerung an „Toni-Onkel“

Die Zeitzeugin Grete Brandstetter (80) aus dem Amstettner Ortsteil Eisenreichdornach fand damals gemachte Fotos und informierte Franz Wininger, langjähriger Pfarrmitarbeiter und pensionierter Religionslehrer, und Kaplan P. Franz Kniewasser von diesem Treffen rund um das Jahr 1970, wobei das Datum nicht mehr ganz klar ist. Pater Kniewasser und Wininger sowie der künftige Pfarrer von Amstetten-Herz Jesu, P. Hermann Sandberger, erforschten das Leben des Pater Anton.

P. Antons Nichte Grete Brandstetter erzählt: „Mein Onkel war Salesianerpater und ging nach El Salvador (Zentralamerika) in die Mission. Dort kümmerte er sich um Waisen- und Straßenkinder und um Jugendliche, die aus sehr armen Familien stammen.“ 1962 traute P. Anton Grete Brandstetter und ihren Mann Friedrich, es war der letzte Besuch des Salesianer-Missionars in Amstetten, der nur alle zehn Jahre heimkam.

Pater Anton kam 1900 zur Welt, 1930 trat er in den Salesianer-Orden ein und 1968 starb er im 37. Jahr seiner Ordensprofess. In der Parte heißt es: „Er wirkte mit großem Erfolg als Lehrer und Direktor an salesianischen Volksschulen. Sein unermüdlicher Arbeitseifer führte ihn auch nach Panama, wo er sich besonders der ärmeren Kinder annahm.“ Begraben wurde „der Toni-Onkel“, wie ihn Grete Brandstetter liebevoll nennt, in der Maria-Hilf-Kirche von San Salvador.

Einzeln gesegnet

Bei einem Europa-Besuch wollte Bischof Romero unbedingt auch einen Abstecher in die Amstettner Pfarre und zur Familie von P. Anton machen, die beiden waren zu Freunden geworden. Kurzfristig kündigte ein Salesianerpater den Besuch bei den Brandstetters an. Das Treffen war im kleinen Rahmen, nur die benachbarte Familie Bierwipfel wurde informiert und kam. Die Begegnung blieb als „sehr herzlich“ in Erinnerung. Damals war Oscar Romero bereits Bischof, er erhielt eine Mostviertler Bauernjause. Gut in Erinnerung ist allen noch, wie alle in der Stube knieten und einzeln gesegnet wurden.

„Wir spürten, dass das eine besondere Persönlichkeit war“, erinnert sich Friedrich Brandstetter. Aber auch Oscar Romero zeigte sich erfreut über den Empfang. Bald darauf kam eine Postkarte mit dem Motiv des Petersdoms, mit der er sich für die herzliche Aufnahme und die gute Bewirtung bedankte.

Für viele ist Oscar Romero eine prägende Gestalt in der Kirche. Er kam 1917 zur Welt und wurde 1970 zum Bischof geweiht. Zunächst galt Romero als konservativ und hatte gute Kontakte zu den Militärs. Die Politik in El Salvador war geprägt von der Unterdrückung der Bauern und der Arbeiter. Mit der Ermordung eines Freundes, des Jesuitenpaters Rutilio Grande García, durch Todesschwadronen kam die „Bekehrung“ des Bischofs. Aufgrund weiterer Morde sagte er: Die Kirche kann nicht neutral bleiben. Zunehmend wurde er zur Stimme der Armen und Entrechteten seines Heimatlandes. Zu Lebzeiten gab Romero den Menschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft, er setzte sich ein für Menschenwürde und Gerechtigkeit.

Eine Million Menschen bei Begräbnis

Mehrfach wurde der Erzbischof von San Salvador wegen seines Engagements für Arme und Entrechtete bedroht. Am 24. März 1980 erschossen ihn Auftragsmörder des Regimes bei einer Messe. Der Mord entzündete in El Salvador einen Bürgerkrieg, der in zwölf Jahren 75.000 Menschenleben forderte. Bereits beim Begräbnis, an dem eine Million Menschen teilgenommen haben sollen, gab es ein Massaker mit 40 Todesopfern. 2015 sprach ihn Papst Franziskus selig. Drei Jahre später, am 14. Oktober 2018, folgte die Heiligsprechung.
Romero zählt heute zu den populärsten Gestalten der Kirche Lateinamerikas und gilt als Heiliger des Volkes und Schutzpatron Amerikas. Mit der Heiligsprechung Romeros kam die Erinnerung an den Besuch wieder besonders auf, erzählen Friedrich und Grete Brandstetter.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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