Mit Pater Karl Wallner durch die Fastenzeit zum Fest der Auferstehung
„Gib mir ein dankbares Herz“

positiven Denken. Wir Christen dürfen Realisten bleiben. Es ist uns erlaubt schwarz schwarz zu nennen und weiß weiß. Doch wenn wir bei anderen auf etwas Falsches stoßen, sollen wir zugleich nachdenken, ob es nicht auch etwas Gutes und Gelungenes gibt.  | Foto: Pixabay
  • positiven Denken. Wir Christen dürfen Realisten bleiben. Es ist uns erlaubt schwarz schwarz zu nennen und weiß weiß. Doch wenn wir bei anderen auf etwas Falsches stoßen, sollen wir zugleich nachdenken, ob es nicht auch etwas Gutes und Gelungenes gibt.
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Die Fastenzeit ist eine Chance, die wir nützen sollen, um neue Perspektiven zu gewinnen. Wir sind leider so veranlagt, dass wir an unserem Mitmenschen oft nur das Negative sehen. Wir sind wie fixiert darauf, bei unseren Nachbarn und Kollegen, ja selbst bei den Menschen, die wir lieben, immer nur das Dunkle und Verkehrte zu bemerken. Die Fastenzeit soll uns helfen, das Schöne und Positive ins Auge zu fassen.

So wie die Sonne an Kraft zulegt, so wollen auch wir uns von unserer eingedunkelten Sicht unserer Mitmenschen verabschieden. Dazu brauchen wir ein Herz, das dankbar ist. Der Apostel Paulus schreibt: „In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar!“ (Kolosser 3,15). Es ist schön, wenn man positiv denken kann. Wir leiden unter uns selbst, wenn wir immer nur das Negative an anderen sehen.

„Professionalität“ im Jammern

An unserer Hochschule in Heiligenkreuz studierte vor einigen Jahren ein Priesterstudent aus Bayern, der eine originelle Vorgeschichte hatte: Vor seiner Berufung war er Fleischhauer. Aus seinem früheren Beruf hatte er eine beeindruckende Rundlichkeit mitgebracht, nicht nur in seinen Körperformen, sondern auch im Bezug auf seine stets heitere Seele. So gut wie nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Wenn Kirchenleute zusammensitzen, geht es oft sehr schnell um „die anderen“. Da gibt es soviel zu kritisieren, soviel zu bejammern und nicht nur in den Seminaren ist das so: In der Kirche haben wir eine Art „Professionalität“ für das Jammern entwickelt.

Man hat fast den Eindruck, als würde es uns Lust bereiten, über das „Schreckliche“ in der Pfarre, in der Kirche, in der Welt und gleich im Kosmos insgesamt zu klagen. Wenn also in Gesprächen eine solche Situation des Jammertals entstanden war, hatte der Student, der mittlerweile ein gestandener Pfarrer ist, den interessanten Spruch parat: „Tuats euch net owa!“ Wörtlich heißt das: „Tut euch nicht hinunter“, also: Macht euch nicht fertig.

Bei uns im Österreichischen sagt man: „Tu dir nix an!“ Aber das Bayrische „Tua di net owa“ gefällt mir besser. Es entlarvt nämlich das Wesen des Kritisierens und Lamentierens: Man zerstört dadurch seine eigene Lebensfreude, man „tut sich selbst hinunter“, indem man das Niveau des eigenen Lebensglücks absenkt.
Wer positiv denkt, wird dann auch positiv reden. Die Betrachtung über die „böse Zunge“ im 3. Kapitel des Jakobusbriefes ist eine gute Gewissenserforschung. Dort heißt es: „Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die als Abbild Gottes erschaffen sind. Aus ein und dem selben Mund kommen Segen und Fluch“ (Jakobusbrief 3,9f)

Das Schlecht-Sprechen über andere ist ein zweischneidigen Schwert: Wir schneiden dadurch nicht nur dem anderen etwas an Ehre ab, sondern wir schneiden uns selbst ins Fleisch. Menschen, die negativ reden und denken, sind nicht beliebt.

Uns Christen ist es natürlich nicht aufgetragen, nur mit einer rosaroten Brille durchs Leben zu laufen. Eine humorvolle Erzählung weiß von einem frommen Klosterbruder, der in seinem Klosterleben sosehr darin gereift war, in allem immer nur das Gute zu sehen, dass nie mehr ein hartes verurteilendes Wort über seine Lippen kam. Wenn andere jammerten, dann lobte er. Wenn andere kritisieren, dann pries er das Gute. Das war den Mitbrüdern dieses Klosterbruders schon unheimlich, sodass sie ihm eine Falle stellen wollten. Sie fragten ihn: Und was sagst du über den Teufel? Nur kurz überlegte der gütige Bruder, um dann zu antworten: „Eines muss man dem Teufel lassen: Eifrig ist schon!“

Auf der Suche nach den schönen Seiten

So übertreiben müssen wir es natürlich nicht mit dem positiven Denken. Wir Christen dürfen Realisten bleiben. Es ist uns erlaubt schwarz schwarz zu nennen und weiß weiß. Ich möchte Sie keineswegs dazu einladen, naiv und blauäugig das Negative zu übersehen. Doch wenn wir bei anderen auf etwas Falsches stoßen, sollen wir zugleich nachdenken, ob es nicht auch etwas Gutes und Gelungenes gibt. Suchen wir nach der schönen Seiten im Mitmenschen.

Fragen wir uns: Wofür kann ich Gott selbst an diesem Menschen danken?! Eine Ordensschwester litt einmal sehr unter den Eifersüchteleien und Sticheleien einer Mitschwester. Sie gestand mir verschmitzt: Es ist oft zum Davonlaufen, aber ich habe etwas gefunden, wie ich es aushalten kann. Immer, wenn sie wieder ärgert, sage ich einfach still im Herzen zu ihr: „Sei hochgelobt in Ewigkeit, du Schleifstein meiner Heiligkeit.“

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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