Selig in der Politik: Hildegard Burjan
Die Brückenbauerin

Hildegard Burjan lebte zwischen Familie, Politik und Sozialmanagement. | Foto: Archiv der Caritas Socialis
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Viele erinnern sich an die Seligsprechung Hildegard Burjans vor zehn Jahren im Wiener Stephansdom. Es war die weltweit erste Seligsprechung einer demokratisch gewählten Politikerin.
Ein Porträt der sensiblen Brückenbauerin und Vorkämpferin für soziale Gerechtigkeit.
von Sr. Karin Weiler CS

Hildegard Burjan stammte aus Görlitz in Deutschland, war Jüdin und studierte als eine der ersten Frauen in Zürich und Berlin Germanistik, Anglistik, Philosophie und Sozialökonomie.

Nach einem Krankenhausaufenthalt in Berlin mit lebensbedrohlicher Erkrankung fand sie zum Glauben und ließ sich taufen. Sie übersiedelte mit ihrem Mann nach Wien, wo sie u. a. den Verein der Heimarbeiterinnen Wiens gründete, um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Frauen zu verbessern und gerechte Löhne mit den Arbeitgebern zu vereinbaren.

Wohlhabende Frauen rief sie dazu auf, beim Kauf darauf zu achten, ob die Ware aus gerecht bezahlter Arbeit komme.

Gewissen des Parlaments
1919 zog sie als eine der ersten acht Frauen ins Parlament ein. Das „Gewissen des Parlaments“ wurde sie genannt. Über Parteigrenzen hinweg gelang es ihr, mit den sozialdemokratischen Mandatarinnen gemeinsame Anliegen voranzubringen.

1920 wurde das erste Gesetz von Frauen für Frauen, das Hausgehilfinnengesetz, auf gemeinsame Initiative durchgesetzt. „Je fester ein Mensch von seiner Weltanschauung überzeugt und durchdrungen ist, desto ruhiger erträgt er andere Meinungen, desto mehr sucht er überall das Versöhnende, Verbindende heraus und ignoriert bei gemeinsamer Arbeit das Trennende“, sagte Hildegard Burjan.

Eine Selige und Brückenbauerin, der es gelungen ist, auf Menschen mit ganz anderer Weltanschauung zuzugehen, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen, im Dialog zu stehen und zusammenzuarbeiten.

Wie nötig wir gerade jetzt solche Menschen als Brückenbauer brauchen könnten.

Hildegard Burjan war es ein Anliegen, Menschen, die sich an den Rand gedrängt, verwundet und übersehen fühlten, Mut zu machen und ihre Würde zu stärken. „Mit Geld und Kleinigkeiten ist einem Menschen nicht geholfen, man muss ihn von vornherein wieder auf die Füße stellen und die Überzeugung geben: Ich bin jemand und kann etwas leisten.“

Sie, die mit vielen Spannungen im eigenen Leben lebte: als Familienmutter und berufstätige Frau, als Frau in männerdominierten Bereichen, als wohlhabende Frau, die sich für Armutsgefährdete einsetzte, als verheiratete Frau, die Vorsteherin der von ihr gegründeten Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis wurde – war in der Lage, Kluften, die in der Gesellschaft entstehen, zu überwinden und Brücken zu bauen.

Hildegard Burjan ist eine moderne, zugängliche und liebenswerte Selige, weil sie auch das Scheitern kannte. Ihr war bewusst, dass sie der Spannung zwischen Muttersein und den Aufgaben als Politikerin und Sozialmanagerin nicht ganz gerecht wurde. „Da bin ich gescheitert“, gestand sie ein.

Ein Vorbild zu haben, das auch das Scheitern kennt und eingestehen kann, macht Mut, sich als Christ und Christin in die heutige Zeit zu stellen und den Fragen von heute sozial sensibel zu begegnen.

Am 30. Jänner um 18.00 Uhr feiert die Caritas Socialis in Erinnerung an das zehnjährige Jubiläum der Seligsprechung von Hildegard Burjan einen Dankgottesdienst im Stephansdom.

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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