Die Sonntagsspaziergänge
Alles barfuß – spazieren geht auch ohne Schuhe

In Schrattenberg angekommen ist der Barfußweg gut beschildert. | Foto: Andrea Harringer
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  • In Schrattenberg angekommen ist der Barfußweg gut beschildert.
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Ein Erlebnis für – nahezu – alle Sinne erwartet meinen Sohn Tobias und mich bei unserem SONNTAGS-Spaziergang auf dem Barfußweg in Schrattenberg im Weinviertel.

Sebastian Kneipp war ein großer Freund des Barfußgehens – hätten Sie das gewusst? Ich muss gestehen, mir ist das erst bei meinen Recherchen für den Kneipp-Themenschwerpunkt des SONNTAG im Mai bewusst geworden. Sogar eigene Anwendungen wurden dazu entwickelt – das Tautreten, bei dem zwei bis drei Minuten nach dem Aufstehen mit nackten Füßen durch das noch feuchte Gras gegangen wird. Manch ein Kneipp-Fan beziehungsweise geübter Kneipp-Anwender soll sogar schon im Winter das Gehen im frischen Schnee als Alternative zum dann wohl fehlenden morgendlichen Tau genutzt haben. Barfußgehen – das kurble, unter anderem, den Kreislauf an und kräftige die Muskulatur der Füße, der Bänder und Sehnen. Ganz nebenbei trage es auch zur Stärkung des Immunsystems bei und diene dem Stressabbau, so Kneipp.

Mal ganz etwas anderes
Das alles hatte ich wohl noch im Kopf, als ich mich auf die Suche nach Spazierrouten in Wien und Niederösterreich gemacht habe und über eine Info zum „Barfußweg Schrattenberg-Valtice“ gestolpert bin. Ganz schnell wusste ich: Dort will ich hin. Das klingt nach etwas Außergewöhnlichem und Lustigem – und mit den angegebenen 5 Kilometern auch durchwegs nach einem machbaren Spazierweg.
Um von uns daheim nach Schrattenberg zu kommen, nehmen wir dieses Mal das Auto. All jenen, die lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Schrattenberg fahren wollen, sei die Schnellbahn S2 bis Mistelbach und weiterführend die Buslinie 560 ans Herz gelegt. In Schrattenberg angekommen, ist der Barfußweg gut beschildert und leicht zu finden.

Nicht nur die Füße werden trainiert
12 Stationen soll es hier laut Ankündigung geben, die spezielle Reize für die bloßen Füße bieten, aber auch alle anderen Sinne ansprechen. Tobias und ich sind aber vor allem gespannt, was unsere Füße hier erwartet.
Gleich am Beginn ziehen wir unsere Schuhe aus. Der Boden ist sandig und steinig. Ehrlicherweise muss ich sagen: Wäre ich hier einfach so zu einem Spaziergang, käme ich wahrscheinlich niemals auf die Idee, mich meiner Schuhe zu entledigen. Aber so zögere ich nicht lange, auch wenn ich insgeheim Sorge habe, dass meine schuhverwöhnten Füße den unruhigen Untergrund nicht goutieren werden.

Doch meine Sorge erweist sich schnell als völlig unbegründet. Keiner der Steine bohrt sich unangenehm in meine Fußsohle. Der Sand ist sogar ausgesprochen angenehm – warm und weich fühlt es sich für mich an, fast wie am Strand.

Bald sind wir bei der ersten Station angekommen: dem Pilz Parcours. Über insgesamt 10 Pilze aus Holz in unterschiedlicher Größe gilt es hier zu balancieren. Nicht nur die Füße, sondern auch Augen, Ohren, Nase, Zähne, Stirn- und Kieferhöhlen sollen durch die Reizung der Zehen und Fußballen angesprochen werden, so heißt es in der Beschreibung. Bestimmt hat das seine Richtigkeit – dass das Ganze auch noch ausgesprochen lustig ist, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Wir haben in jedem Fall danach Lust auf mehr und spazieren weiter. Immer bergauf, stehen wir wenige Minuten später vor der nächsten Station: dem Gedächtnisweg. Hier sollen nicht nur unsere Füße, sondern auch unser Kurzzeitgedächtnis trainiert und angeregt werden, indem wir den Parcours zweimal durchschreiten und dabei nur auf die am Boden befestigten Holzplatten treten. Das zweimalige Gehen soll helfen, uns die Positionen der Platten einzuprägen und danach den Parcours mit geschlossenen Augen gehen zu können. Was soll ich Ihnen sagen? Ich scheitere gnadenlos. Tobias bekommt es wesentlich besser hin. Spaß aber haben wir beide.

Sonnig, sonniger, Weinviertel
Bei der nächsten Station laden Holzliegen zum Ausstrecken ein. Einen wunderbaren Blick über das Weinviertel hat man hier. Felder und Weingärten liegen vor uns, der Himmel ist strahlend blau – das sonnige Weinviertel macht seinem Ruf alle Ehre. Wir gehen weiter – auch auf der Suche nach Schatten und finden ihn auf dem Weg zum tschechischen Teil des Barfußweges. Die Raisten Kolonnade, die der Gloriette in Schönbrunn nachempfunden wurde und das Museum des Eisernen Vorhangs liegen hier – vor allem letzteres bietet zwar weniger Erlebnis für den „Barfuß“, dafür aber einen Einblick in die jüngere Zeitgeschichte. Weiter geht es danach zum Dreiländerblick und dem Druidentor – wieder in Österreich gelegen.
Unsere Füße stecken zu diesem Zeitpunkt, um ehrlich zu sein, in unseren Schuhen – die Sonne wärmt den Weg enorm auf, so sehr, dass irgendwann die Hitze des Bodens eine größere Herausforderung ist als die Steine oder der unebene Untergrund.

An der Wackelbrücke werden die Schuhe aber wieder ausgezogen und unsere Füße, unser Gleichgewichtssinn und unsere motorische Koordination gefordert, als wir über die an Ketten befestigten schwingenden Holzbalken balancieren. Bei der danach folgenden Station spazieren wir über Rindenstücke, Blätter und Zapfen. Zusätzlichen Spaß – vor allem für die jüngeren Barfußgeher – bringt hier eine überlange gelbe Rutsche. Am Ende des Barfußweges Schrattenberg-Valtice angekommen, erwartet uns noch ein besonderes Highlight: Die Schlammstrecke am „Platz der Sinne“, wo man tief im Matsch versinkt. Aber keine Sorge – es gibt eine Möglichkeit, sich die Füße danach zu waschen. Und wer dann immer noch nicht genug vom Barfußgehen hat, der kann im mit Schotter ausgelegten Bodenlabyrinth noch seine Runden ziehen. Unseren Füßen geht es nach dem Spaziergang geradezu besonders gut. Sie fühlen sich ganz entspannt an – so wie etwa nach einer intensiven und langen Fußmassage. Vielleicht sollte man viel öfter eine Barfußstrecke in den Alltag einplanen – im Park etwa oder – wo möglich – im eigenen Garten.

Ein kleiner Tipp: Die Jausenstation bietet allerlei regionale Köstlichkeiten und einen großen Spielplatz, den Berti Park, den es sich lohnt noch in den Ausflug mit einzuplanen. Hier gibt es nicht nur eine Kletterburg und eine Sandkiste in Form einer Schlange, sondern auch einige bekannte Spiele in einer übergroßen Variante – darunter „Vier gewinnt“, „Schiffe versenken“ und Schach.

Serie „Sonntagsspaziergänge"

Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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