Gedanken zum Evangelium: 19. Sonntag im Jahreskreis
Wie im Schlaraffenland

Haben Sie als Kind auch über das Schlaraffenland fantasiert? Ich stellte mir das Schlaraffenland bunt und zuckersüß vor. | Foto: iStock
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Als Brot des Lebens, als Brot, das vom Himmel herabkommt, stellt sich Jesus den Menschen vor. Sie verstehen ihn nicht und denken an die alte Geschichte vom Manna in der Wüste, das vom Himmel  fiel. Ich denke ans Schlaraffenland und an mein Patenkind, das zum ersten Mal das „Brot des Lebens“ bekommen hat. Hab’ ich Jesus verstanden?

Haben Sie als Kind auch über das Schlaraffenland fantasiert? Ich stellte mir das Schlaraffenland bunt und zuckersüß vor: Von den Bäumen hingen Schokoschirmchen und Gummibärchen, Zuckerln gefüllt mit Brausepulver und  rosa Kaugummis, mit denen  man riesige Blasen machen konnte. Meine Schwester und ich übertrafen uns in unseren Vorstellungen.

Ich weiß nicht mehr, wie alt wir waren, aber irgendwann musste das picksüße Fantasieren seinen Reiz verloren haben. Manchmal denke ich noch daran, wenn ich die wundersame Geschichte vom Manna in der Wüste lese, das Brot, das für die „Kinder Israels“ vom Himmel fiel und am Morgen wie der Tau auf der Erde lag. Es war fein und knusprig und schmeckte wie Honigkuchen. Dazu heißt es, Gott hatte die „Kinder Israels“ in der Wüste murren gehört, sie sehnten sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens, was nützte ihnen ihre Freiheit, wenn sie in der Wüste verhungerten.

Gott gibt, was wir zum Leben brauchen. Alles. Und noch viel mehr. Als Jesus aber im Johannesevangelium sagt: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabkommt – da sind die Menschen skeptisch. Für sie ist Jesus der Sohn von Maria und Josef. Auch für die Zeitgenossen, die das Johannesevangelium gelesen haben, musste es befremdlich gewesen sein, dass dieser Jesus himmlisches Brot sein sollte. Ich kann das gut nachvollziehen. Vor kurzem ist es mir wieder aufgefallen – bei der Erstkommunion meiner Nichte Anna Rosa. Sie ist als Baby nicht getauft worden, also musste jetzt geklärt werden, ob sie getauft werden soll. Anna Rosa wollte getauft werden, die Eltern und ich als Patin wollten das unterstützen. Trotzdem kamen aus der Familie auch Einwände: Kann ein siebenjähriges Mädchen überhaupt fassen, was es heißt getauft zu werden? (Ein Mädchen, das man mit Eislutschern und Schokoladekuchen begeistert kann.)

Ich dachte mir: Können wir Erwachsenen es fassen? Ist Jesus für uns nicht eher nur der selbstlose Mann aus Nazareth, der einen tragischen Tod gestorben ist? Wie um Himmels Willen soll dieser Jesus das „Brot des Lebens“ sein? Aber Glaube ist keine Leistung, weder eines Kindes noch von uns Erwachsenen. Glauben bedeutet sich einlassen auf die Vorstellung, dass unsere Sehnsucht Erfüllung finden wird. Und zwar, geht es nach dem Johannesevangelium, nicht irgendwann, sondern jetzt. Vielleicht nicht in Schokoladeeis und Brausezuckerln, in Prosecco und Rotwein – oder vielleicht doch ein wenig schon? Oft ist es ein Lächeln, ein gutes Wort, ein Augenblick der Stille, in dem uns die Ewigkeit aufgeht. Oder eine Blume, eine Himbeere oder eine süße Melone... Ich muss meine Nichte demnächst fragen, wie sie sich das Schlaraffenland vorstellt.

Autor:

Stefanie Jeller aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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