Meinung
Zum Reformationstag

Ines Charlotte Knoll (63) leitete bis 2019 die Lutherische Stadtpfarrkirche in Wien. Die promovierte Theologin ist in der Krankenhausseelsorge tätig. | Foto: privat
  • Ines Charlotte Knoll (63) leitete bis 2019 die Lutherische Stadtpfarrkirche in Wien. Die promovierte Theologin ist in der Krankenhausseelsorge tätig.
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  • hochgeladen von Carina Böckle

Ein feste Burg ist unser Gott, Ein gute Wehr und Waffen; Er hilft uns frei aus aller Not, Die uns jetzt hat betroffen. Der alte böse Feind, Mit Ernst er‘s jetzt meint, Groß Macht und viel List, Sein grausam Rüstung ist, Auf Erd ist nicht seinsgleichen.“

Das berühmte Reformationslied von Martin Luther legt Zeugnis von jenem tiefen Glauben ab, der die Reformation begründete; und der uns bis heute, weit über die Kirchen der Reformation hinaus, ein Bild in die fragende Seele legen könnte und es kann. Es ist ein Glaube mit einem Lösungsangebot für zutiefst irritierte Zeiten und ihre Menschen. Es ist ein Glaube, welcher der Zerrissenheit alles Menschlichen Antwort geben kann. Antwort auf die Frage, die der Mensch sich selber ist und werden kann.

Es ist das „Allein durch den Glauben“, das mich tief bewegt. Es ist das Finden der Seele zu sich, weil sie sich einzig und allein der Liebe Gottes anvertraut, inmitten all dessen, das uns geschieht. Es ist dieses Ankommen im Ende aller menschlichen Möglichkeit und plötzlich aufgefangen zu werden von einer Energie, die ein Mensch aus dem bislang Vorfindlichen nie erwartet hätte. Es ist, dass Gott Dich findet: im Nichts alles Vernichtenden.

Immer bewegt mich der wunderbare Gedanke über das Entstehen der Reformation, den ich bei dem Theologen Thorsten Dietz entdecken habe dürfen: „Am Anfang stand nicht die Spaltung der Kirche, sondern eine seelsorgerliche Frage: die Tröstung des geängstigten Gewissens. Es ging um den Umgang mit Angst.“

„Aus nichts alles“ – „ex nihilo omnia“, sagt Luther. Was für eine Hoffnung! Und was kann ich Mensch machen? Luther rät aus dem an sich Erfahrenen: Fasse das „tiefe heimliche Ja unter und über dem Nein“, das sich in deinem Leben zeigt, das vernichten will durch Krieg und jedwedes diese Welt und ihr ganzes Leben Zerstörende.

Das Urvertrauen wird in einem solchen Glauben wiederhergestellt. Nichts brauchen wir so sehr, denke ich von Herzen in dieser Zeit, wie diesen Glauben: Ein feste Burg ist unser Gott!

Der Kommentar drückt die persönliche Meinung der Autorin aus.

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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