Von der Disco ins Kloster
Mein Thema war immer die Neuevangelisierung

P. Anton Lässer CP ist auch als Ordensmann ein überaus aktiver Manager geblieben.  | Foto: W. Linhart
4Bilder
  • P. Anton Lässer CP ist auch als Ordensmann ein überaus aktiver Manager geblieben.
  • Foto: W. Linhart
  • hochgeladen von Der SONNTAG Redaktion

Anton Lässer war erfolgreicher Unternehmensberater und betrieb auch schon einmal eine Diskothek. Später erkannte er seine Berufung zum Geistlichen, nach einer Zeit als Priester in der Diözese Feldkirch wurde er Ordensmann. Heute ist der Passionistenpater Rektor des Wallfahrtsortes Maria Schutz am Semmering.

Pater Anton Lässer war im jüngsten Talk der Reihe „Prominente Ordensleute im Gespräch“ im „quo vadis“, dem Begegnungs- und Berufungszentrum der 192 heimischen Ordensgemeinschaften am Wiener Stephansplatz 6, zu Gast. DER SONNTAG bringt Auszüge des Gesprächs, das sie auch im Podcast auf „radio klassik Stephansdom“ nachhören können.

  • Sie sind in Vorarlberg aufgewachsen, aber als kleiner Bub in Bayern in die Schule gegangen. Wie war das für Sie?

Pater Anton Lässer: Ich hatte noch das Vergnügen, in einer Schule zu sein, in der ein Lehrer acht Jahrgänge in einem Raum unterrichtet hat. Wir waren so zwischen 25 und 30 Schüler und er hat wirklich acht Jahrgänge allein unterrichtet. Damals war es auch noch üblich, die Schüler zu züchtigen. Wir hatten großen Respekt vor unserem Lehrer.

  • Sie stammen aus einer Gastgewerbefamilie und haben auch fünf Geschwister. Sie sollten aber später den Betrieb übernehmen?

Ursprünglich war es eine Pension und ist dann später zu einem Gasthof gewachsen. Wir mussten immer zu Hause auch als Kinder arbeiten. Das war eine Selbstverständlichkeit. Wenn wir von der Schule heimkamen, dann haben wir mitgearbeitet. Arbeit war für uns nie etwas Belastendes.

  • Sie haben auch eine Gastgewerbeschule absolviert, aber es kam anders?

Und bin dann nach Australien gegangen. Das war immer schon ein Kindheitstraum. Danach habe ich mit einem Wirtschaftsstudium begonnen, sehr spontan und ohne viel darüber nachzudenken. Und dann hat sich – für mich Gott sei Dank – damals mein Bruder entschieden, zu Hause den Betrieb zu übernehmen. Er war damals noch recht jung, ich glaube 23. Ich bin dann in Innsbruck geblieben, habe den nächsten Sommer genützt und ein Volontariat im Außenhandel in New York gemacht. Habe dort auch schon meinen späteren Arbeitgeber kennengelernt und bin in die Unternehmensberatung gegangen. Dort hat mich dann ein Berufungserlebnis tief getroffen.

  • Was bedeutet Berufung für Sie?

Ich glaube, wenn man über Berufung spricht, dann bleibt das ein Stück weit immer auch ein Geheimnis. Und es gibt viele Elemente, die so etwas zutage treten lassen. Ich bin in eine gläubige Familie hineingeboren worden. Es war selbstverständlich, dass man am Sonntag in die Heilige Messe ging. Es war auch bei meinen Eltern selbstverständlich, wenn es Notlagen gab oder Schwierigkeiten, dass man großes Vertrauen ins Gebet hatte. Es war also ein sehr in den Alltag integriertes Glaubensleben. Ich glaube, da ist ganz viel Grund gelegt worden.

  • Das haben Sie trotz der wirtschaftlichen Berufsausrichtung nie verloren?

Nein, ich kann sagen, ich war immer gläubig und hatte ein sehr starkes Grundvertrauen. Aber es gab doch Zeiten, in der die kirchliche Praxis etwas ausgeblieben ist, würde ich sagen. Als ich Skilehrer war und auch in einer Diskothek gearbeitet habe.

  • In eine Diskothek gehen viele attraktive Frauen. Wie war das für Sie?

Ich war ein junger Mann, der diese Wirklichkeit gelebt hat. Ich war ein leidenschaftlicher Tänzer. Man konnte jede Frau zum Tanzen einladen, es konnten alle tanzen. Das war zu einem großen Teil unsere Freizeitgestaltung.

  • Kommen wir zurück auf ihre Berufung?

Ich war damals 30, man hatte mir einen Vorstandsposten im Unternehmungsberatungsbereich angeboten. Ich hatte aber irgendwie einfach mal das Bedürfnis, ein bisschen mehr zur Ruhe zu kommen. Und es gab damals so eine neu aufkeimende Mode: „Manager gehen ins Kloster“. Also man zieht sich mal zurück.

Ich hatte einen Klienten, der war Priester und seine Eltern hatten eine Maschinenbaufirma mit Werken in Deutschland und der Schweiz. Er war Priester geworden, man überlegte diese Firma zu verkaufen und ich sollte sie bewerten. Ich habe ihm geraten, er möge das Zweieinhalbfache von dem verlangen, was an Bewertung rauskam – das fand er unmoralisch. Es ging so ein bisschen hin und her und mit ihm hatte ich dann auch nette Gespräche über die katholische Kirche und den Glauben. Die Folge war, dass ich ihn bat, er möge mir ein Kloster aussuchen, in das ich mich für drei Wochen zurückziehen kann.

  • Wo sind Sie hingegangen?

In den Osten Deutschlands, der 1992 noch vom Ende der DDR geprägt war. Ich reiste mit dem Mercedes im Nadelstreifanzug an. Ich war ein luxuriöses Leben gewöhnt, dort war aber alles einfach, es gab ein Klappbett. Ich habe aber das Angebot der Exerzitien angenommen, auch wenn ich einmal nach Berlin ins Kaufhaus des Westens gefahren bin und mir dort Leckereien gekauft habe.

  • Die Folge war die Reifung Ihrer Berufung?

Ja, ich ging in das Unternehmen zurück und sagte: „Die Würfel sind gefallen. Ihr könnt entscheiden, wann ich gehe.“ Mit 31 Jahren begann ich Theologie zu studieren, auch mit einer Zeit in Augsburg und Rom. Parallel arbeitete ich bei der Gründung von Radio Horeb in Bayern mit, wobei das erste Studio im Kuhstall meiner Familie entstand. Ab 1999 war ich Priester in der Diözese Feldkirch.

  • Ihr Berufungsziel entwickelte sich aber Richtung Ordensmann?

Ja, aber das dauerte. Erst unter Bischof Elmar Fischer bekam ich die Erlaubnis als Diözesanpriester wegzugehen und in den Orden der Passionisten einzutreten.

  • Was beschreibt diesen Orden?

Unsere Ordensgemeinschaft wurde 1720 vom heiligen Paul vom Kreuz gegründet und ist auf allen fünf Erdteilen verbreitet. Wir leben in kleinen Gemeinschaften und tragen ein schwarzes Ordenskleid mit dem Passionszeichen, das die gekreuzigte Liebe unseres Herrn Jesus Christus symbolisiert.

Unser Leben ist geprägt von Gebet und Verkündigung. Schwerpunkte unseres Apostolates sind die Betreuung unserer Klosterkirchen, Verkündigung des Evangeliums, Beichtseelsorge und geistliche Begleitung, Jugendpastoral und Exerzitien. Wir verkündigen den Menschen das Evangelium Christi, besonders das Evangelium der Passion. Dieser Orden ist für mich bestimmend und der richtige Ort, denn mein Thema war immer die Neuevangelisierung. 

  • Sie sind Rektor von Maria Schutz am Semmering. Was passiert an diesem Ort?

Also, man muss sagen, wir sind eine kleine Gemeinschaft, wir sind zu viert. Wir haben den Marienhof, der von Schulschwestern betreut wird. Das ist jetzt unser Gästehaus. Wir bieten Exerzitien, die sehr gut angenommen werden.

  • Wenn Sie noch in der Privatwirtschaft tätig wären, könnten Sie in fünf Jahren in Pension gehen. Als Ordensmann nicht, wie geht es Ihnen damit?

Ich habe mir nie so viele Gedanken gemacht  oder geplant, wo ich was als nächstes tun will. Das war schon zu Zeiten so, als ich mit 30 diese Jobangebote hatte. Da haben mich viele meiner Studentenkollegen beneidet und mir unterstellt, ich hätte eine ganz klare Karriere verfolgt, also mit Außenhandel und Vernetzung und so. Doch das habe ich nicht. Das hat sich für mich ergeben. Ich habe mich nicht in Heiligenkreuz beworben, als es um die Leitung des Priesterseminars ging.

Der Mensch denkt, Gott lenkt. Wir werden sehen, was er vorhat. Wir wissen, was nächstes Jahr ansteht. Also da muss ich mir auch keine Sorgen machen, das ist das Privileg eines Ordensmannes.

  • Und es gab in den vergangenen Jahrzehnten in Ihrem Leben nie einen Punkt, wo Sie darüber nachgedacht haben: War meine Berufung die richtige?

Nein, an der Berufung grundsätzlich gab es keinen Zweifel. Natürlich, wenn man seinen Weg geht, gibt es Wege, Biegungen, es gibt Herausforderungen, es gibt echte Kreuze und man fragt sich dann: Sind die eine Folge meiner Fehlentscheidungen, die ich auch innerhalb meiner Berufung treffen kann?

Man kämpft mit eigenen und fremden Schwächen. Das ist schon ein Ringen und manchmal auch ein Leiden. Aber wenn der Herr seine Werke tut, dann bedarf es einfach auch der Hingabe. Und das ist nicht nur ein Wort. Ich sage: Hingabe und auch Gehorsam, wenn man so will gegenüber Gott, hat etwas mit Verfügbarkeit zu tun. Es sind gute Sachen um des Höchsten Gutes willen.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ