Im Gedenken
Bischof Johann Weber verstorben

Johann Weber war von 1969 bis 2001 Bischof der Diözese Graz-Seckau. | Foto: kathbild.at/Rupprecht
  • Johann Weber war von 1969 bis 2001 Bischof der Diözese Graz-Seckau.
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Die Diözese Graz-Seckau und mit ihr die österreichische Kirche trauert um Bischof Johann Weber. Der langjährige Grazer Diözesanbischof und frühere Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz ist in der Nacht auf den 23. Mai 2020 im 94. Lebensjahr in Graz verstorben. Er war von 1969 bis 2001 Bischof der Diözese Graz-Seckau.

Tief betroffen vom Tod Webers zeigte sich Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl in einer ersten Reaktion: "Das hat mich schwer getroffen, auch wenn wir uns ob seines hohen Alters und seines eigenen, offenen Umganges mit dem Tod seelisch vorbereiten konnten. Seine Herzlichkeit, seine Offenheit und sein tiefer Glaube waren über Jahrzehnte das Rückgrat unserer Diözese. Er hat Generationen von Menschen und unsere Steiermark geprägt. Ich bin dankbar für dieses Gottesgeschenk an geistlichem Leben", so Krautwaschl.

Auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zeigte sich betroffen vom Tod des Altbischofs: "Bischof Johann hat in den Herzen der Steirerinnen und Steirer einen ganz besonderen Platz. Er war über Jahrzehnte das geistliche Herz einer aufblühenden Steiermark. Sein aufbrechender offener Geist verpflichtet dem 2. Vatikanischen Konzil prägte als Bischof der kleinen Leut' Generationen von SteirerInnen. Ich konnte ihm im April noch zu seinem Geburtstag gratulieren und war sehr berührt von seiner Antwort."

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Bedeutung des verstorbenen Grazer Bischofs Johann Weber für die Kirche in ganz Österreich gewürdigt: "Mit dem Tod des Altbischofs der Diözese Graz-Seckau, Johann Weber, verliert die Katholische Kirche in der Steiermark einen weit über die Diözesangrenze hinaus geschätzten Oberhirten. Seine Volksnähe und Bescheidenheit werden vielen Menschen, die dem Bischof begegnet sind, in Erinnerung bleiben. Höhepunkt seiner Amtszeit war zweifellos der Besuch von Papst Johannes Paul II. im steirischen Wallfahrtsort Mariazell im Jahr 1983 sowie die Übernahme des Vorsitzes in der österreichischen Bischofskonferenz", hielt der Bundespräsident in einer Aussendung fest.

Kondolenzadressen kommen auch von anderen Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft: Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl würdigte Weber als "selbstbewussten Religionsverbinder, der in Demut seine Glaubensbotschaft mit allen in der Bevölkerung teilte." Caritas-Direktor Herbert Beiglböck unterstrich die karitative Dimension des Wirkens Webers: Mit dem Wahlspruch "den Armen die frohe Botschaft zu bringen" habe sich Bischof Weber von Anfang das Handeln der Caritas zu einer wesentlichen Dimension seines seelsorgerischen Wirkens gemacht: "Ganz nahe bei den Menschen und bei Gott, aufmerksam und interessiert für unsere Arbeit war er der Caritas bis zuletzt verbunden. Persönlich war er mir Weggefährte, ein Wort, das er gerne gebrauchte, der mich entscheidend geprägt und behutsam begleitet hat."

Als "liebenswürdigen Kirchenbotschafter" würdigte die Präsidentin der Katholischen Aktion in der Steiermark, Andrea Ederer, den Verstorbenen. "Im Geiste des II. Vatikanums forderte und förderte er die Mitgestaltung der Laien in Kirche und Welt. Das Prinzip von Joseph Kardinal Cardajn 'Sehen - urteilen - handeln' leitete das Wirken von Bischof Johann", der zeitlebens der Katholischen Aktion verbunden gewesen sei.

Biografische Notizen

Am 26. April 1927 in Graz als Sohn eines Gendarmerie-Beamten geboren, wuchs Johann Weber gemeinsam mit fünf Geschwistern auf. Bis zur Schließung des Bischöflichen Seminars nach Einmarsch der Nazis 1938 war er dort Schüler, anschließend im Akademischen Gymnasium. Nach dem Militärdienst im Zweiten Weltkrieg begann Weber mit dem Theologiestudium an der Grazer Universität. Am 2. Juli 1950 wurde er in Graz zum Priester geweiht. Nach Kaplans-Jahren in den Industrieorten Kapfenberg und Köflach wurde er 1956 Diözesanjugendseelsorger der Katholischen Arbeiterjugend. In dieser Funktion wirkte Weber sechs Jahre lang, bis er 1962 zum Stadtpfarrer von Graz-St. Andrä wurde. Er setzte hier viele Initiativen im Sozialbereich, wie etwa eine Unterkunft für Schwangere in Not. Am 10. Juni 1969 ernannte Papst Paul VI. Weber zum Bischof der Diözese Graz-Seckau. Die Bischofsweihe empfing er am 28. September 1969 im Grazer Dom.

Bischof Weber übernahm die Diözese in einer schwierigen Situation, geprägt durch den plötzlichen Rücktritt von Bischof Josef Schoiswohl und die starke nachkonziliare Polarisierung im Klerus. Als Bischof stellte Weber in vielen Bereichen neue Weichen im Sinne der Konzilsreformen und wurde durch seine herzliche, umgängliche Art zum beliebten "Leutebischof": In seiner Amtszeit wurden die Pfarrgemeinderäte und der Diözesanrat eingerichtet, er vergab erstmals an einen Laientheologen die Stelle eines Pastoralassistenten und er setzte zum ersten Mal Ordensfrauen zur "geschäftsführenden" Leitung einer priesterlosen Pfarre ein. Weber rief die Telefonseelsorge ins Leben, später wurden in Graz das Kulturzentrum bei den Minoriten und das Welthaus errichtet.

Bezeichnend für den damals neuen Bischof waren seine Worte am 5. Oktober 1969 an die Leser des "Sonntagsblattes", indem er sagte: "... wie ein ordentlicher Pfarrer will ich für alle da sein. Für mich gibt es keine Progressiven und Konservativen, keine Fernstehenden und keine Elite oder welche Bezeichnungen man sonst noch verwenden will, sondern nur ein Volk Gottes auf seiner Pilgerfahrt in der Nachfolge Christi." Weber rief bereits damals zur "Erneuerung der Kirche" auf, die er gemäß seinem bischöflichen Wahlspruch "Evangelizare pauperibus" ("Frohe Botschaft den Armen") mit klaren sozialen Anliegen verband: Es gelte "immer deutlicher die Armut inmitten des Wohlstands (zu) erkennen: die Kranken und Verdrossenen, die Verzweifelten und Übersättigten, die Ratlosen und Lebensuntüchtigen, die vor Gott Fliehenden und die Enttäuschten. Für sie legen wir die Hand an den Pflug."

Ganz im Sinne des Konzils war Bischof Weber vom Dialog als Wesenszug des christlichen Glaubens überzeugt und versuchte dieses kirchliche Lebensprinzip konkret umzusetzen. Viele große Ereignisse der folgenden Jahrzehnte - von der Österreich-Synode 1973/74 über den Katholikentag 1981 in Graz, den "Tag der Steiermark" 1993, die "Wallfahrt der Vielfalt" 1996, die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz bis zum "Dialog für Österreich" 1998 - wurden von Bischof Weber initiiert oder entscheidend mitgeprägt. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählte auch der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983 in Mariazell.

Ab 1995 Vorsitz der Bischofskonferenz

In der Österreichischen Bischofskonferenz war Bischof Weber zunächst Referent für Jugendfragen, später zuständig für den Bereich "Kirche in der Gesellschaft". Lange Zeit war er auch für die Gefangenenseelsorge, für die Ordensgemeinschaften und für pastorale Angelegenheiten zuständig.

Im Mai 1995 wurde Weber zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt, nachdem Kardinal Hans Hermann Groer dieses Amt zur Verfügung gestellt hatte; Weber übte diese Aufgabe bis Juni 1998 aus. Mit seiner Wahl unmittelbar nach Bekanntwerden der Causa Groer und der damit verbundenen schwersten Krise der katholischen Kirche in Österreich seit Ende des Krieges übernahm Bischof Weber eine schwere Bürde und versuchte die Kirche wieder in ruhigere Gewässer zu steuern. Als Antwort auf das 1995 von über 500.000 Personen unterzeichnete "Kirchenvolks-Begehren" setzte sich Weber für einen breit angelegten "Dialog für Österreich" ein, dessen Höhepunkt eine Delegiertenversammlung im Oktober 1998 in Salzburg war. Dies alles konnte rückblickend die tieferliegenden Konflikte zwar nicht lösen, aber zumindest deutlich entschärfen. Zu einem Gutteil war das der seelsorglichen und kommunikativen Begabung Webers als Gesicht und Stimme des österreichischen Episkopats zu verdanken.

Damals wurde Weber auch "Medien-Bischof" und war für die Theologischen Fakultäten und Hochschulen sowie für die österreichische Theologische Kommission zuständig. In seiner Zeit als Medien-Bischof wurde die Kathpress auf eine neue rechtliche Basis gestellt.

Als langjähriger Referent für die Priesterseminare und Präsident des Zentrums für geistliche Berufe ("Canisiuswerk") war Bischof Weber die Sorge um den Priesternachwuchs ein großes Anliegen. Er wies wiederholt darauf hin, dass Priesterberufungen nur dort entstehen können, wo ein lebendiges Glaubensleben den nötigen "Nährboden" für solche Berufungen schafft.

Im Frühjahr 2001 legte Bischof Weber die Leitung seiner Diözese aus gesundheitlichen Gründen nieder, engagierte sich als Seelsorger aber weiterhin für die Kirche. So arbeitete Weber bis zuletzt im Grazer Pfarrverband St. Leonhard-Kroisbach-Ragnitz mit und hielt Vorträge in ganz Österreich. Dass Altbischof Weber zuletzt sein 50-jähriges Bischofsjubiläum feiern konnte, war laut der Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler zuvor erst einmal in der österreichischen Kirchengeschichte vorgekommen - beim früheren Gurker Bischof Adam Hefter, der 1970 fast 100-jährig starb.

Kirche auf Augenhöhe

In mehreren Interviews aus Anlass seines 85. Geburtstags erinnerte Weber im April 2012, dass die Kirche "im Heutigen sein" und den Menschen auf "Augenhöhe" und mit "Hörbereitschaft" begegnen müsse. "Ich glaube, die Menschen erwarten weniger, was sagt jetzt die Kirche. Die Menschen erwarten, dass man da ist und mit ihnen lebt", sagte der Bischof etwa gegenüber dem ORF.

Kardinal Schönborn würdigt Bischof Weber

Kondolenzbuch für Bischof Johann Weber

Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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