Dompfarrer und Skiseelsorger
Auf zwei Brettl’n in der Kathedrale der Natur

Im Schnee seine Spur zu ziehen, den blauen Himmel über sich zu haben und 3.000 Meter hohe Berge, fasziniert Toni Faber, den Dompfarrer von St. Stephan, wenn er in St. Christoph am Arlberg als Skiseelsorger im Einsatz ist. | Foto: Privat
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  • Im Schnee seine Spur zu ziehen, den blauen Himmel über sich zu haben und 3.000 Meter hohe Berge, fasziniert Toni Faber, den Dompfarrer von St. Stephan, wenn er in St. Christoph am Arlberg als Skiseelsorger im Einsatz ist.
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Toni Faber, der Dompfarrer von St. Stephan, gehört zu den bekanntesten Seelsorgern Österreichs. Wenige aber wissen, dass er auch seit seiner Zeit als Theologiestudent und Priesterseminarist geprüfter Skilehrer ist. Am Arlberg ist Faber jährlich als Skiseelsorger im Einsatz.

Obwohl Marcel Hirscher seine Skier an den Nagel gehängt hat, ist Österreich nach wie vor das Skiland Nummer 1. Mit Kitzbühel und Schladming stehen die Highlights der Weltcupsaison bevor. Zehntausende Menschen vor Ort, ein Millionenpublikum vor dem Fernseher, ein Kampf der „Skihelden der Gegenwart“ um Hundertstelsekunden. Das mitanzusehen begeistert die Massen, viele mehr aber noch selber Ski zu fahren.

Kurzer Ortswechsel: Änlich wie der Skisport – fasziniert auch der Stephansdom Millionen Menschen jährlich, Gläubige wie Touristen. Toni Faber, der Dompfarrer von St. Stephan, wuchs am Stadtrand Wiens in den 1960-er und 1970-er Jahren auf. Er frönt seit jungen Jahren dem Skisport. „Ich bin mit Schwester und Bruder am Maurerberg im Schnee herumgerutscht. Bald hat es für uns Kinder in Rodaun aber nicht nur dazugehört, mit einem Schlitten über die Hügel zu fahren, sondern auch Ski.“

Nachahmen der Stars und gebrochener Fuß

"Wir haben unsere Vorbilder nachgeahmt, die lauteten: Toni Sailer, Karl Schranz und Franz Klammer“, erinnert sich Toni Faber. „Es war natürlich eine Riesenhetz, dann auch Skispringen zu machen, über eine kleine Schanze zu springen und einen ‚Stern’ nach dem anderen zu reißen. Es war damals genügend Schnee auf dem Maurerberg. Da lag mehr Schnee als in der Innenstadt. Dort bin ich Skirennen gefahren und habe mir meinen ersten Wadenbeinbruch zugezogen, weil ich unbedingt meinen Skistars nacheifern wollte, schnell sein wollte. Es hat mich beim Runterfahren einmal zerrissen. Ich habe gesagt: ‚Jetzt funktioniert es, jetzt halte ich die tiefe Hocke.‘ Da hat es mich so zerrissen, dass ich mir den Fuß gebrochen habe.“ Das hält den jungen Toni aber nicht davon ab, mit den Freunden aus dem Gemeindebau und der Pfarrjugend auf Skikurse auf die Rax zu fahren und weiterhin viel Spass beim Skifahren zu haben.

Ausbildung beim „Ski-Papst”

Auch als Student der Theologie und als Priesterseminarist reißt bei Toni die Leidenschaft zum Skifahren nicht ab. Und da Studiosi trotz vielen Lernens noch Ferien haben, nützt Toni Faber diese, um die Ausbildung zum Begleitlehrer für Schulskikurse zu machen. Dazu führt ihn sein erster Ausbildungskurs auf den Arlberg. Im Bundessportheim St. Christoph lehrt in kein Geringerer als „Ski-Papst” Franz Hoppichler die Skitechnik. Dieser ist zu dieser Zeit einer der großen Skipioniere des Landes, der in Österreich den Grundstein für die weiteren Erfolge des rot-weiß-roten Skiteams legt. „Wir haben Vorlesungen von ihm bekommen und dann die Übungen hinter dem Haus gemacht“, erinnert sich Toni Faber. Auf über 1.800 Metern Seehöhe im Bergpanorama St. Christophs fasziniert ihn der Skisport.

Skilehrer-Sein als Art Zölibatstest

Priesterseminarist Toni Faber erfährt dann, dass Hupert Neuper, Skispringer und Olympiasilbermedaillengewinner von 1980 in Lake Placid aus dem steirischen Bad Mitterndorf, Skilehrer für die Ferien sucht. Toni Faber meldet sich und ist zwei Jahre lang im Team Neuper dabei. Er kümmert sich um die Skikünste „relativ unsportlicher Touristinnen und Touristen“, schildert Ski-Toni und erzählt weiter, dass diese Wochen auch eine Art „Zölibatstest“ für einen Priesterseminaristen darstellten. „Ja, es war natürlich dieses Image, das ein Skilehrer gehabt hat, der mit dem zukünftigen Berufswunsch, Priester zu werden, nicht ganz hundertprozentig kompatibel war. Dann war fast so eine Art Ausrede, na ja, wenn ich die richtige Frau noch finde, dann überlege ich es mir vielleicht noch. Das war aber für mich nie der Fall, sondern ich habe gewusst, ich möchte Priester werden. Ich bin kein perfekter Mensch. Ich bin natürlich in diesem Leben in dieser Welt. Aber das Skilehrerdasein hat mich nur erfreut, in der Natur, herrliche Stunden zu verbringen. Und es war eine der besten Erholungsmöglichkeiten.”

Gottesdienste in der Hospizkapelle

Die Kontakte aus der früheren Zeit in St. Christoph bekommen für Toni Faber dann als Dompfarrer in St. Stephan Bedeutung. Denn das Hotel vom Hospiz und die Liftbetreiber laden ihn seit Jahren in der Zeit nach den Weihnachtsfeierlichkeiten im Stephansdom – bis knapp vor dem Fest der Epiphanie am 6. Jänner – ein, als Skiseelsorger im Einsatz zu sein. Jedes Jahr ist Toni Faber daher eine knappe Woche nicht nur in St. Christoph auf den Pisten unterwegs, sondern am Abend bietet er in der Kapelle des Hospizes den Gottesdienst an, der von den Gästen sehr gut angenommen wird. Die Kapelle ist direkt an das Hospiz-Hotel angebaut und integriert. „Der Ursprung des Hospizes in St. Christoph liegt darin, das Reisende, die über den Arlbergpass zogen und in Unwetter oder Bedrängnis kamen, hier eine Herberge vorfanden“, berichtet Faber. Die Bruderschaft von St. Christoph, die das Hospiz gründete, blickt auf eine über 600-jährige Geschichte zurück. Sie hat sich mit ihren Mitgliedern bis heute der Unterstützung von in Not geratenen Familien verschrieben. Selbstverständlich ist auch Toni Faber hier Mitglied. Die Verbindung von Skifahren und Seelsorge begeistert alljährlich den Dompfarrer von St. Stephan: „Das ist fantastisch, wenn man nach sechs, sieben Skistunden kurz innehält und sich dann auf den Gottesdienst vorbereitet, in der Heiligen Messe für den Skitag dankt und bittet, das sich niemand beim Skifahren schwer verletzt.“

Armbruch bei Skiunfall

Apropos: Vor zwei Jahren brach sich Dompfarrer Toni Faber beim Aufenthalt am Arlberg bei einem Sturz, bei dem er unglücklich auf einen Skistock fiel, den Oberarm. „Kritische und ironische Stimmen meinten danach“, so bekennt Faber, „ob ich nicht schon zu alt für das Skifahren bin“. Faber weiß aber, dass er noch einige Jahre viele schöne Skistunden, wie er sagt, „unter der Kathedrale, die uns der liebe Gott besonders in der Natur, in den Bergen, geschenkt hat“, verbringen möchte.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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