Unbekannte Säkularinstitute
„Ich gehöre Gott und ich gehöre in die Welt“

Maria Lukas: Gott lieben und dahin wirken, dass Gott geliebt wird. | Foto: Stefan Kronthaler
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  • Maria Lukas: Gott lieben und dahin wirken, dass Gott geliebt wird.
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Vor 75 Jahren hat Papst Pius XII. den sogenannten „Säkularinstituten“ einen offiziellen Platz in der Kirche gegeben. Doch diese Form der Nachfolge Jesu ist, nicht nur bedingt durch den etwas sperrigen Namen, kirchlich gewissermaßen bis heute fast unbekannt geblieben. Im Gespräch mit dem SONNTAG erläutern zwei Frauen von Säkularinstituten ihre Lebensform und die Herausforderungen.

Am 2. Februar 1947 hat Papst Pius XII. mit der Apostolischen Konstitution „Provida Mater Ecclesia“ die kanonische, rechtliche Form der Säkularinstitute geschaffen, konkretisiert mit dem Motu proprio „Primo feliciter“ vom 12. März 1948. Im Wort „Säkularinstitut“ stecken die Worte „säkular“ („weltlich“) und „Institut“. Was ist damit gemeint? „Weltlichkeit, Weihe und Apostolat bilden eine Dreiheit, ohne die keine Vereinigung sich als Säkularinstitut bezeichnen darf“, erklärt Maria Christine Hochleitner, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Säkularinstitute. Das Besondere liegt darin, dass das Apostolat nicht vom Institut getragen wird, sondern von den einzelnen Mitgliedern in eigener Verantwortung. „Jedes Mitglied übernimmt als spezifisches Ziel seiner Lebensweihe die eigene persönliche Berufsarbeit, um in diesem je eigenen Umfeld in der Welt wirken zu können“, sagt Hochleitner: „Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist eine Bedingung für die Aufnahme in ein Säkularinstitut.“

Wie Sauerteig: Gering, aber wirksam
Was der Kern der Berufung als Säkularinstitute ist? „Das Besondere der Berufung zu einem Säkularinstitut sehen die Mitglieder darin, dass sie als Laien den spezifischen Platz für ihre Sendung in der Welt haben“, sagt Hochleitner. Dort sollen sie nach den Worten von Pius XII. Salz und Licht sein, so wie „Sauerteig, gering zwar, aber immer und überall wirksam“. Die Berufung in ein Säkularinstitut unterscheide sich grundsätzlich von einer Berufung in den Ordensstand, obwohl das Ziel beider ist, auf die erfahrene Liebe Gottes Antwort zu geben und eine engere Bindung zu Gott – durch drei Gelübde, durch Hingabeversprechen und Engagement – einzugehen. „Wer in einen Orden eintritt, verlässt die Welt, wer in ein Säkularinstitut eintritt, tritt wieder in die Welt ein, bleibt im Beruf und teilt mit Kolleginnen und Kollegen die gleichen Arbeitsbedingungen, um auf diese Weise aus dem Inneren dieser Umgebung heraus – wie Salz und Sauerteig – zu wirken, ohne dass die Zugehörigkeit zu einem Institut bekannt ist“, unterstreicht Hochleitner.

Im Säkularinstitut ist meist das der Regelfall, was im Orden eine Ausnahme darstellt, betont sie: „Das Leben in der Welt – in den eigenen vier Wänden oder im Familienverband, ein eigener Beruf mit eigenem Einkommen, von dem der Lebensaufwand zu bestreiten ist und auch die Gemeinschaft einen Anteil bekommt, die eigene Altersvorsorge, das eigene Apostolat, die eigene Verantwortung und das eigene Risiko.“

Was tun gegen „Hoffnungsmüdigkeit“?
Die kleinen Gemeinschaften sind in Mitteleuropa oft in die Jahre gekommen, es gibt hierzulande wenig Neuzugänge. Was diese Gemeinschaften gegen die „Hoffnungsmüdigkeit“ machen, wie Papst Franziskus sagt? „Nachdem Säkularinstitute keine Opposition zu anderen Formen des geweihten Lebens, sondern im Sinne der Kirche eine Ergänzung darstellen, dürfen wir als Mitglieder darauf vertrauen, dass gerade zur Zeit der großen Umbrüche in der Kirche und dem Aufruf des Papstes, bis an die Ränder zu gehen, das Wirken dieser im Verborgenen wirkenden Minderheit wahrgenommen und neu geschätzt wird“, ist Hochleitner überzeugt.

Ihre Hoffnung: „Wenn wir auch in Europa schon in die Jahre gekommen sind und hier die Zugänge vielleicht mangels Information durch Vertreter der Kirche, nötig wegen der oft auferlegten Diskretion der Mitglieder, oder der Bindungsangst in unserer Gesellschaft sehr gering sind, so hilft der Blick in die große Weltkirche, um zu sehen, dass der Herr nicht aufgehört hat, Menschen in diese Form der Nachfolge zu berufen.“ So wurde ihr Säkularinstitut „Madonna della Strada“ gerade zum Rosenkranzfest mit sechs Neuaufnahmen in Südkorea beschenkt. In Indien meldeten sich diesen Sommer drei Interessentinnen und in Jamaika legte ein Mitglied die Erste Hingabe ab. Der Festtag der „Unbefleckten Empfängnis“ ist heuer gekrönt durch zwei Versprechen der Ewigen Hingabe in der Slowakei und eine Erste Hingabe in Südkorea.

Offen für die Überraschungen Gottes
„Wir verstehen uns als geweihte Laien, die in der Welt leben. Ein Satz aus unserer Lebensregel lautet: Unsere Aufgabe, unsere Berufung, ist es, Gott zu lieben und dahin zu wirken, dass Gott geliebt wird. Wenn Menschen einander lieben und liebevoll miteinander umgehen, dann ist die Gegenwart Gottes da, ob bewusst oder nicht“, sagt Maria Lukas, die das Säkularinstitut „Caritas Christi“ in Österreich leitet, zum SONNTAG: „Unsere Gründerin hat gesagt, dass sie nur ein kleiner Widerschein der Liebe Christi sein wollte.“ Die Gemeinschaft wurde 1938 vom Dominikanerpater Joseph-Marie Perrin (1905–2002) und der Laiin Julietta Molland (1902–1979) in Frankreich gegründet. Das Charisma von Caritas Christi beschreibt Lukas so: „Verwurzelt in Gott, verwurzelt im Milieu, offen für die Welt, aufmerksam für die Menschen und die Zeichen der Zeit, für die Überraschungen Gottes und dankbar für das, was mir gegeben ist.“

Eine kirchliche Form, die eindeutig ist
Wie das Leben der Nachfolge Jesu nach den evangelischen Räten (Ehelosigkeit, Gehorsam, Armut) in ihrem Institut konkret aussieht? „Die Ehelosigkeit ist meine Antwort darauf, dass ich den Ruf Gottes so gehört habe, wie ich ihn vernommen habe. Hier gilt der Satz aus dem Evangelium: Ich habe einen Schatz gefunden, und da konnte alles andere einfach nicht mithalten“, unterstreicht Lukas. „Gehorsam meint, ein hörendes Herz zu haben, den Willen Gottes für mich zu suchen, hinzuhören und hinzuschauen.“ Und die Armut „ist einfach diese Haltung des Teilens und der Solidarität. Ich habe alles empfangen. Gott hat mir viel gegeben, daher kann ich auch abgeben und teilen.“ Maria Lukas war diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und Pflege-Pädagogin, sie hat mehr als 30 Jahre in der Pflegeausbildung gearbeitet, zuletzt in der Schulleitung.

Das Säkularinstitut „Caritas Christi“ hat sie 1993 kennengelernt, 1994 ist sie eingetreten und 2004 hat sie ihre endgültigen Gelübde abgelegt, intern genannt „Donation“, Geschenk. Warum sie in ein Säkularinstitut eingetreten ist? „Ich habe gewusst, ich gehöre Gott und ich gehöre in die Welt. Die Welt ist mir gegeben als der Ort meines Lebens und meiner Berufung“, erzählt sie: „Und ich habe immer große Freude an dieser Welt gehabt, auch wenn sie mir manchmal auf die Nerven geht und manchmal Sorgen macht. Diese Spannung hat mich damals fast zerrissen, weil ich meinte, diese ehelose Lebensform müsste ein Orden sein.“ Lukas: „Dann habe ich Caritas Christi kennengelernt, das war wie eine Punktlandung. Ich hatte das Gefühl, die singen das Lied, das ich in mir spüre. Und das ist so geblieben bis zum heutigen Tag. Mir war immer wichtig, in einer Form zu leben, die eindeutig zur Kirche gehört, die ihren Platz in der Kirche hat.“ Seit mehr als 40 Jahren weiß sich die gebürtige Waldviertlerin in der Wiener Pfarre Neuottakring beheimatet.

Wie die Mitglieder leben
Wie man sich das Leben als Mitglied eines Säkularinstituts vorstellen kann? „Jedes Mitglied lebt allein. Wir treffen uns in kleinen Gruppen einmal im Monat zum Austausch des Lebens. Als Grundlage dafür verwenden wir Bildungsbriefe, die der Generalrat zur Verfügung stellt. Oder wir teilen eine Stelle aus der Heiligen Schrift. Jedes Mitglied hat eine Begleiterin aus der Gemeinschaft, mit der ich mich zum Beispiel einmal im Monat treffe. Sie hilft mir, mein konkretes Leben im Lichte meiner Berufung zu reflektieren“, zählt Lukas auf. „Wir haben gemeinsame Besinnungstage und auch jährliche Exerzitien. In Wien sind wir zurzeit 14, in Österreich 25, weltweit sind wir an die 700 Frauen.“ Wie Lukas damit umgeht, dass es hierzulande wenig Neuzugänge gibt? „Ich habe viele Jahre gehadert, ich habe viel gebetet. Ich kann jetzt leichter loslassen, damit sich unser Charisma vielleicht auf eine andere Weise verbreiten kann“, ist sie überzeugt. „Natürlich freuen wir uns, wenn Frauen ihren Weg zu uns finden. Ich denke, dass es in der Kirche einfach Berufungen für eine bestimmte Zeit gibt. In Wirklichkeit geht es immer darum, das Jetzt und Heute unserer Berufung zu leben.“

Säkularinstitute in unserer Erzdiözese

Maria Lukas: Gott lieben und dahin wirken, dass Gott geliebt wird. | Foto: Stefan Kronthaler
„Der Blick in die Weltkirche zeigt, dass der Herr nicht aufhört, Menschen zu berufen.“ Maria C. Hochleitner | Foto: privat
Autor:

Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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