Lernen durch die Heilige Schrift
Das Vorbild der biblischen Väter

Die Vorstellung vom Vater-Sein hat sich in den vergangenen Jahrtausenden oft gewandelt. Ein unbefangener Blick in die ganze Bibel des Alten und Neuen Testaments zeigt diese Entwicklung im Laufe der biblischen Jahrhunderte auf. | Foto: Pixabay
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  • Die Vorstellung vom Vater-Sein hat sich in den vergangenen Jahrtausenden oft gewandelt. Ein unbefangener Blick in die ganze Bibel des Alten und Neuen Testaments zeigt diese Entwicklung im Laufe der biblischen Jahrhunderte auf.
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Es mag jetzt so manche Christen verblüffen, aber die wichtigste Aufgabe der Väter in der Bibel ist die Hinführung ihrer Kinder zu Gott. Vor allem durch das persönliche Zeugnis.
Eine biblische Spurensuche zum „Vater-Tag“ am 14. Juni.

Auf den ersten Blick hin ist das Thema „Väter in der Bibel“ zum Scheitern verurteilt. Gerade dann, wenn heutige (zeitbedingte) Vorstellungen vom Vater-Sein auf die Väter in der Bibel übertragen werden und die biblischen Väter an unseren gegenwärtigen Vater-Sein-Vorstellungen gemessen und beurteilt werden.

Dass sich das Vater-Sein in den vergangenen Jahrtausenden selbst oft gewandelt hat, wird dabei gar nicht mehr in Betracht gezogen. Dass das Thema „Väter in der Bibel“ oder „Gott als Vater und Mutter“ fast so etwas wie eine Revolution in der damaligen altorientalischen Umwelt darstellt, können sich wohl nur die wenigsten Zeitgenossen vorstellen. Haben doch lange Zeit landläufige Vorurteile wie auch die patriarchale Instrumentalisierung der Bibel den Blick auf die biblischen Texte oft verstellt.

Ein unbefangener Blick in die ganze Bibel des Alten und Neuen Testaments zeigt diese Entwicklung im Laufe der biblischen Jahrhunderte auf. Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Katholischen Bibelwerk Österreich, beleuchtet im Gespräch mit dem SONNTAG oft unbekannte Facetten der „Väter in der Bibel“ und was wir von ihnen noch heute lernen können.

  • Was zeichnet den guten Vater in der Heiligen Schrift aus?

Um Vater zu sein, muss ein Mann zunächst einmal Kinder haben. Und Vater möglichst vieler Kinder zu sein, ist in der Bibel – vielleicht anders als im heutigen Leben – ein Zeichen göttlichen Segens.

Die Verheißung Gottes an Abraham, Vater vieler Völker zu werden, gehört zu den schönsten Verheißungen Gottes in der Bibel. Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham, Vater der Menge, wird dein Name sein; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt.(Genesis 17,5) Ein guter Vater lehrt seine Kinder durch Worte, aber vor allem durch Taten den Weg zu Gott, er lebt ihnen die sogenannte „Gottesfurcht“ vor, die nichts mit Angst und viel mit Wertschätzung und Ehrerbietung zu tun hat.

Die pädagogischen Maßnahmen, die Väter dabei zu wählen haben, entsprechen zwar nicht in jedem Punkt unseren Ansichten von gewaltfreier Erziehung, doch das Prinzip ist zeitlos: Ein allzu strenges, willkürliches Vorgehen ist ebenso wenig angemessen wie ein Laissez-faire-Stil. Wer aus Bequemlichkeit oder Feigheit seinen Kindern alles durchgehen lässt, verfehlt sich an ihnen und an der ganzen Gesellschaft.

  • Welche Aufgaben haben die biblischen Väter, etwa bei der Erziehung?

Väter in der Bibel sind dafür zuständig, ihren Kindern die richtige Erziehung zukommen zu lassen. Inhaltlich sind Väter verantwortlich, ihre Kinder Gottesfurcht zu lernen. Die zahlreichen Regeln für ein gutes Leben, die etwa das Buch der Sprichwörter beinhaltet, sind alle auf dieses Ziel gerichtet. Väter müssen auch dafür sorgen, dass die Töchter gut verheiratet werden. Besonders das Jesus-Sirach-Buch macht sich darüber Gedanken.

Die wichtigste Aufgabe des Vaters besteht aber darin, dem Kind das richtige Verhalten vorzuleben. Die schönste Stelle dazu findet sich in Dtn 6,6–7: „Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Kindern wiederholen. Du sollst sie sprechen, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst.“

Entscheidend ist hier das selbstverständliche Vorbild des Elternteils, der diese Worte ständig auf den Lippen trägt. Wenn das Kind den Elternteil begleitet, ihm bei seiner Arbeit zur Seite steht, hört es unweigerlich die zentralen Weisungen Gottes und lernt sie dadurch auswendig. Auch bei religiösen Festen und Gebräuchen kommt zuerst das Tun.

Ebenso wichtig ist es aber, dass die Väter ihren Kindern auch erklären, warum sie etwas tun. Im Buch Exodus soll der Vater erklären, warum die Gemeinde Pessach feiert (Ex 12,26) und warum auf diese spezielle Weise (Ex 13,14). Das Buch Deuteronomium fordert nach dem zentralen Gebot der Gottesliebe dazu auf, dem Kind zu erklären, warum die Gebote gehalten werden (Dtn 6,20) und so weiter. Dieses Warum soll von Generation zu Generation weitererzählt und erinnert werden.

  • Was können wir von den biblischen Vätern für unser Leben als Väter lernen?

Die unbedingte Vorrangstellung der Gottesbeziehung. Bei allem, was Väter ihren Kindern Gutes tun können, ist die Hinführung zu Gott wohl das Wichtigste. Die Bibel zeigt aber, dass das nicht so sehr durch zwangsweisen Gottesdienstbesuch oder langwierigen Katechesen gelingt, sondern vor allem durch das persönliche Zeugnis. Jesus selbst führt uns zum Vater durch seine Persönlichkeit. Das können wir lernen.

  • Welche biblische Vater-Figur fasziniert Sie persönlich am meisten? Und warum?

Die faszinierendste Vater-Figur für mich ist Tobit, der Namensgeber des Buches Tobit im Alten Testament. Er macht im Lauf des Buches eine Entwicklung durch. Ist er zunächst der große Lehrmeister seines Sohns, der seinem Sohn wenig zutraut, wird er, der Erblindete, am Ende des Buches von seinem Sohn gestützt und geheilt.

Er lässt also zu, dass nun er der Schwächere, Unterstützungsbedürftige ist. Das ist eine Entwicklung, die jeder Vater durchmachen muss und die gerade sehr starken Persönlichkeiten nicht leicht fällt. Umso schöner ist es, dass im Tobitbuch daraus eine neue veränderte, positive Vater-Sohn-Beziehung entsteht.

  • Wie kann Gott als Vater in einer oft vaterlosen Gesellschaft verkündet werden?

Gott ist weder Mann noch Frau, er ist also Vater und Mutter zugleich. Insofern gelten seine Eigenschaften als Vorbild nicht nur für Väter. Gerade in Zeiten, wo bewusst wird, wie viele Kinder von ihren Vätern missbraucht werden, wäre die Reduzierung Gottes nur auf das Vater-Bild für solche Kinder problematisch. Umgekehrt sind Aufgaben wie Erziehen, Vorbild-Sein, Beschützen nicht Vätern allein vorbehalten. Die Vielfältigkeit des Gottesbildes sollte in der Verkündigung immer beibehalten werden.

  • Wie sieht das jesuanische Vater-Bild aus?

Jesus nimmt sein Vater-Bild aus dem Alten Testament. Die Barmherzigkeit des Vaters steht da wie dort im Vordergrund. Das Gleichnis vom Barmherzigen Vater (besser bekannt unter dem Namen „Vom verlorenen Sohn“) beweist das eindrucksvoll.

Seine unüberbietbare Nahebeziehung zu Gott soll allen Anreiz sein, sich diesem Gott zuzuwenden. Umgekehrt bietet Jesus einen Weg hin zu diesem Vater.

Autor:

Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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