Gedanken zum Evangelium: 20. Sonntag im Jahreskreis
Eine harte Nuss

Bibelstellen sind wie Nüsse manchmal nur schwer zu knacken. | Foto: Pixabay
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  • Bibelstellen sind wie Nüsse manchmal nur schwer zu knacken.
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Hin und wieder kaufe ich (MM) mir ein Säckchen Pistazien. Die meisten sind leicht zu essen, weil sie bei der Verarbeitung aufgesprungen sind, außer ein oder zwei. Damit ich bei diesen trotzdem an den begehrten Kern herankomme, braucht es einige Mühe. Manche Bibelstellen sind auch so: Sie enthalten einige Nüsse, die nur schwer zu knacken sind
(vgl. das heutige Evangelium: Matthäus 15,21-28)

Nuss 1: Jesus gibt der kanaanäischen Frau keine Antwort. Was ist los? Denkt er sich: „Ich wollte mich zurückziehen – und jetzt das.“? Dabei macht diese Frau alles richtig: Sie spricht ihn mit „Herr, du Sohn Davids“ an. Sie ist keine Jüdin, weiß aber, wer Jesus ist und was er kann: nämlich Dämonen austreiben.

Nuss 2: Die Jünger sind fürs Fortschicken, denn das Geschrei der Frau nervt sie. Empathie schaut anders aus.

Nuss 3: Jesus begründet die Ablehnung der Bitte mit einer generellen Nicht-Zuständigkeit für Heiden. Komisch, später sagt Jesus etwas anderes: „Geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern.“ (Mt 28,19)

Nuss 4: Er vergleicht Heiden mit kleinen Hunden, wobei nicht Schoßhündchen gemeint sind, sondern Hunde, die z.B. das Haus bewachen. Essenstechnisch laufen die einfach mit. Aber das hätte man auch schöner sagen können.

Wie auch immer: Es ist beein­druckend, dass sich diese schlagfertige Frau nicht einfach abspeisen lässt. Schon der erste Satz zeigt ihren Glauben: „Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.“ Dieser hartnäckige Glaube ist es dann auch, der Jesus zur Erfüllung der Bitte bewegt. Der Glaube hat alle Widerstände gebrochen.

An anderer Stelle (Lk 18,1-8) fordert Jesus regelrecht dazu auf, im Gebet lästig zu sein. Er erzählt von einer Witwe, die ein Anliegen an einen Richter heranträgt. Weil der aber nicht aktiv wird, sekkiert sie ihn solange, bis er sich sagt: „Weil mich diese Witwe nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen.“ Jesus folgert dann daraus: „Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen […]? […] Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen.“

Ich (PhG) denke mir, dass wir Jesus manchmal zu softie-mäßig sehen. Er kratzt uns nicht. Mit Evangelienstellen wie der heutigen entzieht er sich aber unseren Einkastelungen.

Und übrigens: Wie steht es denn mit unserem Glauben? Könnten wir der kanaanäischen Frau das Wasser reichen? Vielleicht versucht Gott ja schon lange, die Nuss unseres Unglaubens zu knacken.

Impuls

Inspiriert vom Evangelium

  • Mit welchen Bibelstellen „kämpfe“ ich?
  • Welche Fragen hätte ich diesbezüglich an Gott?
  • Erinnere ich mich an Predigten, bei denen mir ein Licht aufgegangen ist?
Evangeliumskommentar als PDF
Autor:

Markus Muth aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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